Die Stadt Chemnitz und der Verband der Verfolgten des Naziregimes (VVN) in Sachsen trauern um den verstorbenen Justin Sonder, einen der letzten Überlebenden des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz.
»Begreifbar machen, wohin Nationalsozialismus und Rassismus führen - das war Justins Anliegen bis zum Schluss«, erklärte der Verband am Mittwoch in Dresden. »Nach seinem Tod sind wir tieftraurig über den Verlust«, hieß es. Sonder war am Dienstag - wenige Wochen nach seinem 95. Geburtstag - in seiner Heimatstadt Chemnitz gestorben.
Zeitzeuge Bis ins hohe Alter ging der NS-Zeitzeuge laut VVN regelmäßig in Schulen und sprach dort mit Jugendlichen über sein Leben und den Holocaust. »Es gibt kaum eine wirksamere Prävention gegen rechte Ideologie, als aus erster Hand zu erfahren, was Nationalsozialismus und Faschismus Menschen angetan haben«, erklärte VVN-Sprecher Silvio Lang.
Bürgermeister Miko Runkel (parteilos) erklärte: »Mit Justin Sonder verlieren wir einen der letzten Überlebenden des Holocaust und wichtigen Zeitzeugen. Er hielt wie kaum ein anderer unermüdlich die Erinnerung wach.« Sonder habe einen »unbezahlbaren Beitrag zur Mahn- und Erinnerungskultur« geleistet, so Runkel weiter.
Der 1925 geborene Sonder wurde als Kind jüdischer Eltern 1938 von den Nazis aus Chemnitz zunächst nach Hellerberge, später nach Auschwitz deportiert. Er überlebte das Vernichtungslager, mehrere Todesmärsche und das Konzentrationslager Flossenbürg, bevor er von US-Soldaten im April 1945 befreit wurde.
Gründer 1990 gehörte Sonder zu den Mitbegründern der VVN und zum ersten sächsischen Landesvorstand. Der Verband würdigte den Zeitzeugen und Chemnitzer Ehrenbürger als »stets wachen Geist, sympathischen Menschen und einen mitreißenden Erzähler«.
»Justin Sonder war ein großer Zeuge seiner Zeit und seiner entsetzlichen Erfahrungen: Seine Entscheidung, nach allen antisemitischen Demütigungen und dem Horror von Auschwitz trotzdem in seine Heimatstadt zurückzukehren, war ein großes Glück nicht nur für die Menschen in Chemnitz, sondern in ganz Deutschland«, hieß es in einer Erklärung des Internationalen Auschwitz Komitees.
Unermüdlich habe Justin Sonder in seinen letzten Lebensjahrzehnten das Gespräch mit jungen Menschen gesucht, um sie über die Ursachen von Auschwitz und über die Bedrohung der Demokratie durch antisemitischen und rechtsextremen Haß zu informieren, schrieb Christoph Heubner, der Exekutiv Vizepräsident des Komitees. epd/kna/ja