München

Tradition und Innovation

Viel Interesse gab es bei den Führungen von Ellen Presser und Marian Offman (r.) durch die Ohel-Jakob-Synagoge. Foto: Marina Maisel

Seit dem Einzug in das Gemeindezentrum im Jahr 2007 beteiligt sich auch die Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern mit einem abwechslungsreichen Programm am Europäischen Tag der jüdischen Kultur. Ihn gibt es seit 20 Jahren.

Albert Einstein, der berühmteste Wissenschaftler der Welt, ist am Jakobsplatz ein Dauergast. Im koscheren Restaurant der Gemeinde, das auch seinen Namen trägt und den Tag der offenen Tür am vergangenen Sonntag mit kulinarischen Genüssen bereicherte, blickt er von einem Foto auf die Gäste herab.

grusswort Die Präsidentin der IKG, Charlotte Knob­loch, wählte in Zusammenhang mit dem europaweiten Aktionstag in ihrem Grußwort nicht zufällig ein Zitat des wissenschaftlichen Genies. In roter Schrift ist ein mahnender Satz von ihm abgedruckt. »Eine neue Art von Denken ist notwendig, wenn die Menschheit weiterleben will«, lautet er.

Neue Ideen sind mit dem Begriff »Innovation«, der das Leitthema des Europäischen Tags der jüdischen Kultur in diesem Jahr war, untrennbar verbunden. »Über diesen Begriff lohnt es sich nachzudenken«, schrieb Charlotte Knobloch und wies auf die vielen damit verbundenen Faktoren hin: Veränderung, Fortschritt, Erfindergeist, Kreativität, Fantasie.

Neue Ideen sind mit dem Begriff »Innovation«, der das Leitthema des Europäischen Tags der jüdischen Kultur in diesem Jahr war, untrennbar verbunden.

»Zugleich«, so Knobloch, »setzt Erneuerung Altes voraus, Vergangenheit, Geschichte, Tradition.« Beides klug miteinander zu verbinden und dabei Besonnenheit, Verantwortungsbewusstsein, aber auch Mut walten zu lassen, stelle Innovation dar. »In diesem Sinne war Innovation in der jüdischen Geschichte immer überlebenswichtig«, ist sie überzeugt.

tradition Viel Sinn für Tradition einerseits und Neues auf der anderen Seite attestiert die IKG-Präsidentin auch Ellen Presser, der Leiterin der Kulturabteilung, bei der Zusammenstellung des Programms für den Europäischen Tag der jüdischen Kultur und der sich nahtlos anschließenden Jüdischen Kulturtage 2019.

Neben einem Bücher- und CD-Flohmarkt im Gemeindezentrum standen am Sonntag vor allem zwei Führungen in der Ohel-Jakob-Synagoge mit Vorträgen von Ellen Presser und IKG-Vorstandsmitglied Marian Offman sowie der Stadtrundgang »Auf den Spuren jüdischen Lebens« mit Chaim Frank im Mittelpunkt des Besucherinteresses. Der zweite Stadtrundgang konnte wegen des Regens nicht stattfinden. Den Vortrag dazu hielt Frank aber kurzerhand im Gemeindezentrum.

Einen innovativen Beitrag auf musikalischer Ebene lieferte am späten Sonntagnachmittag das Leon Gurvitch Ensemble mit dem Konzert »Wo nimmt man (a bissele) Glück?«. Dabei arbeitete das Ensemble mit Elementen aus Klassik, Jazz, Avantgarde und Balkanfolklore bis hin zu südamerikanischen Rhythmen. Besonders großen Beifall erntete dabei die in München lebende Sängerin Thalia Or.

Innovative Persönlichkeiten und Werke prägen auch die Jüdischen Kulturtage der IKG, die bis in den November reichen und diesmal von ganz besonderer Vielfalt geprägt sind. Der Journalist, Drehbuchautor, Jahrhundertmensch und Lebenskünstler Georg Stefan Troller, der zu einer Buchpräsentation und einem Gespräch am 6. Oktober (17 Uhr) ins Gemeindezentrum kommt, ist eine dieser Persönlichkeiten.

Innovative Persönlichkeiten und Werke prägen auch die Jüdischen Kulturtage der IKG, die bis in den November reichen und diesmal von ganz besonderer Vielfalt geprägt sind.

bandbreite Die Bandbreite des Programms lässt sich leicht festmachen. Ein Vortrag der ehemaligen Leiterin der Jüdischen Volkshochschule Berlin, Sigalit Meidler-Waks, über das Leben des russisch-jüdischen Malers Issachar Ber Ryback (1897–1935) markiert eine »Spielfläche« der Kulturtage, eine biografische Würdigung des »Aspirin«-Erfinders Arthur Eichengrün (17. September) eine völlig andere.

Der Kunstkenner Konrad O. Bernheimer, der am 7. November sein Buch Gebrauchsanweisung fürs Museum im Gemeindezentrum präsentiert und einen neuen Blick auf alte Meister wirft, bereichert die Kulturtage ebenso wie beispielsweise Alt-Oberbürgermeister Christian Ude und Schriftsteller Rafael Seligmann (Lauf, Ludwig, lauf!) im Gespräch.

Auch Charlotte Knobloch spricht bei einer öffentlichen Abendveranstaltung (5. November, 19 Uhr) im Rahmen der Konferenz »Lessons and Legacies« als Zeitzeugin. In ihrem Beitrag »Ein Wort zur Erinnerung« berichtet sie über ihre Kindheit in München und geht dabei besonders auf die Ereignisse des 9. November 1938 ein. An diesem Abend wird auch der selten gezeigte historische Film Abbruch der Synagoge 1938 zu sehen sein.

Auswirkungen auf das Programm hat die 9. Konferenz der International Feuchtwanger Society in München. Am 17. Oktober hält Heike Specht dazu um 19 Uhr einen Vortrag im Gemeindezentrum und stellt unter dem Titel »Lion und die Feuchtwangers – eine historische Familienaufstellung« die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse über den Schriftsteller vor.

Interview

»Wir reden mehr als früher«

Rabbiner Yechiel Brukner lebt in Köln, seine Frau Sarah ist im Herbst nach Israel gezogen. Ein Gespräch über ihre Fernbeziehung

von Christine Schmitt  13.03.2025

Bundeswehr

»Jede Soldatin oder jeder Soldat kann zu mir kommen«

Nils Ederberg wurde als Militärrabbiner für Norddeutschland in sein Amt eingeführt

von Heike Linde-Lembke  13.03.2025

Hamburg

Hauptsache kontrovers?

Mit der Verleihung der Buber-Rosenzweig-Medaille wurde die »Christlich-Jüdische Zusammenarbeit 2025 – 5785/5786« eröffnet. Die Preisträger sind in der jüdischen Gemeinschaft umstritten

von Heike Linde-Lembke  13.03.2025

Purim

Schrank auf, Kostüm an

Und was tragen Sie zum fröhlichsten Fest im jüdischen Kalender? Wir haben uns in der Community umgehört, was in diesem Jahr im Trend liegt: gekauft, selbst gemacht oder beides?

von Katrin Richter  13.03.2025

Feiertag

»Das Festessen hilft gegen den Kater«

Eine jüdische Ärztin über Alkoholkonsum an Purim und die Frage, wann zu viel wirklich zu viel ist

von Mascha Malburg  13.03.2025

Berlin

Persien als Projekt

Eigens zu Purim hat das Kunstatelier Omanut ein Wandbild für die Synagoge Pestalozzistraße angefertigt

von Christine Schmitt  13.03.2025

Wilmersdorf

Chabad Berlin lädt zu Purim-Feier ein

Freude sei die beste Antwort auf die aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen, sagt Rabbiner Yehuda Teichtal

 12.03.2025

Purim

An Purim wird »We will dance again« wahr

Das Fest zeigt, dass der jüdische Lebenswille ungebrochen ist – trotz der Massaker vom 7. Oktober

von Ruben Gerczikow  12.03.2025

In eigener Sache

Zachor!

Warum es uns besonders wichtig ist, mit einer Sonderausgabe an Kfir, Ariel und Shiri Bibas zu erinnern

von Philipp Peyman Engel  11.03.2025 Aktualisiert