High Noon auf dem Frankfurter Börsenplatz: Mit Hummus satt, einer Hüpfburg, etlichen Infoständen und jeder Menge Give-aways begann in Frankfurt am vergangenen Mittwoch der Reigen der Feiern rund um Israels 66. Jahrestag seiner Unabhängigkeit. Zahlreiche Israel-Spezialisten nutzen die Open-Air-Party, um für ihre Anliegen oder ihr Unternehmen zu werben.
Mit von der Partie waren unter anderem Reiseveranstalter, der Sportverein Makkabi, die zionistischen Frauen des weltweiten WIZO-Verbandes und der Wohltätigkeitsverein Meir Panim sowie die Deutsch-Israelische Gesellschaft. Dass mit 66 Jahren das Leben bekanntlich erst anfängt und daher der Spaß nicht zu kurz kommen darf, betonte der Hauptorganisator des Israeltages, Sacha Stawski von »I Like Israel«, in seiner Eröffnungsansprache. Klezmer-Klarinettist Roman Kuperschmidt animierte das Publikum bereits zu Beginn der Veranstaltung zum Tanzen.
schirmherren Die Schirmherren der Veranstaltung, Zentralratspräsident Dieter Graumann und Israels Botschafter Yakov Hadas-Handelsman, wiesen in ihren Grußworten darauf hin, wie wichtig die Solidarität der deutschen Juden mit Israel und die Freundschaft zwischen beiden Ländern sei. Israel sei der »einzige Staat im Nahen Osten«, mit dem Deutschland eine wirkliche Wertegemeinschaft teile, erklärte Graumann: »Uns verbinden gemeinsame Auffassungen von Freiheit, Demokratie und Ethik.«
Botschafter Hadas-Handelsman richtete seinen Blick bereits auf das nächste Jahr, in dem die diplomatischen Beziehungen zwischen Israel und Deutschland 50 Jahre alt werden. Das Logo, eine aus den Flaggen beider Staaten geformte Schleife, zeige »das unendliche Potenzial der Beziehung«. Diese politische und gesellschaftliche Basis müsse nun dazu genutzt werden, um gemeinsam die Zukunft zu gestalten. Zum Abschluss des Festes stiegen unter den Klängen der Hatikwa 66 Luftballons in den Himmel auf.
Stuttgart »Israel steht für Lebenslust, Lebenskraft, Temperament, Freude und Vielfalt. Bleiben Sie doch ein Weilchen stehen und feiern Sie mit uns«, warb Michael Kashi auf dem Stuttgarter Schlossplatz anlässlich der Gründung des Staates Israel vor 66 Jahren. Das brauchte das Vorstandsmitglied der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württembergs (IRGW) den beiden Israel-Begeisterten Claudia (25) und Tina (21) nicht zweimal zu sagen. »Wir kennen Israel, wir sind begeistert von der Landschaft, den Leuten, dem Essen«, schwärmten die beiden. Die jungen Stuttgarterinnen hatten sich mit Bekenner-T-Shirt, Magen-David-Schmuck und Israelflagge ausstaffiert.
Auch Ministerialdirektor Wolf-Dietrich Hammann vom Integrationsministerium bekannte im Beisein von Israels Generalkonsul Dan Shaham und weiteren Repräsentanten: »Das hätte sich mein Vater vor 66 Jahren nicht vorstellen können, dass sein Sohn in einem israelischen Kibbuz übernachten und sein Enkel Olivenbäume in Israel pflanzen wird.« Die Gründung des Staates Israel sei auch »die Geburtsstunde eines neuen Verhältnisses zwischen Juden und Deutschen« geworden. Hammann zitierte den verstorbenen Bundespräsidenten Johannes Rau: »Den Umgang miteinander müssen wir täglich üben. Der Israeltag ist eine gute Gelegenheit dazu.«
Ein fröhliches Fest mit Gesang, Tanz und Begegnungen hatten sich die Veranstalter IRGW, Deutsch-Israelische Gesellschaft, Forum jüdische Bildung und Kultur, TSV Makkabi und die WIZO-Frauen gewünscht. Das Anti-Konflikt-Team der Polizei musste dennoch ein waches Auge haben. Unter die mehreren Hundert Feiernden hatten sich Frauen und Männer in roten T-Shirts mit der Aufschrift »Boykott Apartheid Made in Israel« gemischt. Sie verwickelten Passanten in Gespräche über ihre Sichtweise der »historischen Wahrheit«. Ein nichtjüdischer Israelfreund kommentierte: »Die halten wir aus. Das ist Demokratie.«
Erfurt Auch die Thüringer Landeshauptstadt Erfurt wusste den Israeltag zu feiern. Beim 66. Geburtstag, den die Deutsch-Israelische Gesellschaft, Arbeitsgemeinschaft Erfurt, am Mittwoch in der Begegnungsstätte Kleine Synagoge Erfurt feierte, wurde statt langer Reden das Tanzbein geschwungen. Franziska Schmidtke eröffnete als Vorsitzende der DIG Erfurt den Abend. Ein Vortrag über die Geschichte der Kibbuzim folgte.
Doch danach wurde es lebendiger: Die Frauentanzgruppe der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen bot in selbst genähter Tracht russisch-israelische Volkstänze dar. Gemeindevorsitzender Reinhard Schramm schnitt gemeinsam mit Birgit Pelke, SPD-Abgeordnete des Thüringer Landtags, eine große Geburtstagstorte an. Die Gäste konnten jedoch nicht nur die leckere Schoko-Kirsch-Marzipan-Torte genießen, sondern auch orientalische Köstlichkeiten wie Falafel, Salat, Thymianbrot und Hummus.
Dann betraten die Musiker von Skytrain die kleine Bühne neben dem Toraschrein. Andres Böhmer an der Gitarre, Clemens Appenroth am Kontrabass, Kai Schmidt am Schlagzeug und Steven Tailor, der geschickt zwischen Saxofon, Querflöte und Trompete variierte, brachten nicht nur den ein oder anderen Fuß zum Wippen, sondern animierten zu späterer Stunde zum Tanz. Die Stimmung gipfelte im feierlichen Lob einer über 90-jährigen Dame aus der ersten Reihe an das junge Quartett. Erstmals in ihrem Leben habe sie sich an nichtklassischer Musik erfreut.
Als die Sonne langsam hinter dem Haus unterging, warme Frühlingsluft durch die offenen Fenster hereinwehte und im Hintergrund Gläser mit koscherem Rotwein klirrten, Stimmengemurmel aus vielen Sprachen und jazzige Klänge von Skytrain miteinander verschmolzen, konnte man sich bei geschlossenen Augen fast wie in einer Tel Aviver Strandbar fühlen.
köln »Wir lassen Israel nicht im Regen stehen«, fasste Rabbiner Jaron Engelmayer den Israeltag in Köln zusammen. Denn trotz der teilweise widrigen Wetterverhältnisse gelang es der veranstaltenden Synagogen-Gemeinde und den teilnehmenden Organisationen, mit einem unterhaltsamen Programm und zahlreichen Ständen ihre Solidarität zu Israel auszudrücken und dabei die Passanten zu begeistern.
Unter der Schirmherrschaft von Oberbürgermeister Jürgen Roters wurde im Herzen von Köln mehrere Stunden lang unter dem Motto »Köln, loss mer fiere!«, 66 Jahre Israel – 66 Jahre Demokratie, gefeiert. »Mit dem neuen Veranstaltungsort sind wir noch mehr ins Zentrum der Stadt gerückt«, freute sich Alexander Sperling, Geschäftsführer der Gemeinde, darüber, dass das Fest auf dem Heumarkt stattfand. Dieses Areal, das nur wenige Schritte vom einstigen mittelalterlichen Judenviertel entfernt liegt, ist das ganze Jahr über als Veranstaltungsort sehr beliebt. »Hier wollen wir ein Freudenfest feiern«, so Sperling.
Neben den Tanz- und Gesangsdarbietungen sowie verschiedenen Reden ließ sich an den einzelnen Ständen wie bei einem Parcours auch die bunte Palette des Gemeindelebens entdecken – etwa die Angebote von Jugendzentrum oder von Makkabi Köln. Aber auch der Verein zur Förderung der Städtepartnerschaft Köln–Tel Aviv-Jaffa und die Kölnische Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit waren vertreten. Für kulinarische Leckerbissen und Spezialitäten sorgten unter anderem die Kölner Damen von WIZO Deutschland. »Viele Kuchen wurden nach alten jüdischen Rezepten gebacken«, erklärte Golda Nasta. Alle Angebote spiegelten etwas von der Natur, Einzigartigkeit und Geschichte des Landes wider. »Es lohnt sich, Israel zu lieben«, betonte Michael Rado vom Gemeindevorstand in seiner Rede und lud dazu ein, sich selbst bei einer Reise davon ein Bild zu machen.
Mainz Die Mainzer Gemeinde lädt erst am 28. Mai zum Israeltag in die neue Synagoge ein. Wie im Vorjahr organisierte sie die Feier gemeinsam mit der Deutsch-Israelischen Gesellschaft. Ein Schwerpunkt des Programms wird die Bewerbung der SCHUM-Städte Mainz, Worms und Speyer um den UNESCO-Titel »Weltkulturerbe« sein. Der rheinland-pfälzische Kulturstaatssekretär Walter Schumacher wird über den Stand der Bewerbung informieren. Danach ist die Dokumentation Jerusalem am Rhein zu sehen. Der Film macht die Rolle der SCHUM-Städte als geistliches Zentrum des mitteleuropäischen Judentums im Mittelalter deutlich. Die UNESCO wird sich frühestens 2017 mit dem Antrag befassen.
Beiträge von Ulrike von Hoensbroech, Brigitte Jähnigen, Rivka Kibel und Barbara Roos