Online, auf Abstand oder Open Air – Berliner Synagogen lassen sich an Schawuot einiges einfallen, um die traditionelle Lernnacht Tikkun Leil Schawuot trotz Corona-Einschränkungen so beternah wie möglich zu gestalten. »Wir werden am Donnerstag im Anschluss an den Abendgottesdienst an den Landwehrkanal gehen und dort mit Abstand in Zweier-Chevrutot zusammen lernen«, sagt Nina Peretz vom Freundeskreis der Synagoge Fraenkelufer.
Der Vorteil: Es gibt keine Platzbeschränkung, da man sich entlang des Wassers weit verteilen kann. Und natürlich ist das Ansteckungsrisiko unter freiem Himmel geringer. Aber auch online wird es gemeinsames Lernen geben.
CHEVRUTA Der Gedanke dahinter: »Alle sollen am Tikkun teilnehmen können, auch Menschen, die sich unsicher oder unwohl mit dem persönlichen Zusammentreffen fühlen.« Für sie koordiniert das Team von Base Berlin das Chevruta-Lernen zusammen mit dem Fraenkelufer-Team.
Auf festliches Essen wie den traditionellen Käsekuchen oder Eis muss noch verzichtet werden, jeder ist angehalten, sich selbst etwas mitzubringen. Außerdem wird das Team Snacks an die Lernenden verteilen.
»Tatsächlich vermissen wir das Zusammensitzen und das gemeinsame Essen sehr, da es ein wichtiger Aspekt der Gemeinschaft am Fraenkelufer ist. Es gibt momentan nicht genügend Zeit und Raum, um sich auszutauschen«, sagt Nina Peretz. Natürlich passiere viel online, aber das reiche nicht.
Vorrangig setzen die Synagogen weiterhin auf virtuelle Schiurim, Vorträge und Gottesdienst-Streaming.
In den Synagogen Rykestraße, Pestalozzistraße und Oranienburger Straße setzen die Rabbiner und die Rabbinerin hingegen weiterhin auf virtuelle Schiurim, Vorträge und Gottesdienst-Streaming. Damit habe man in den zurückliegenden Wochen gute Erfahrungen gemacht, sagt Rabbiner Jonah Sievers.
»Kidduschim sind nach wie vor nicht möglich, daher treffen wir uns auch an Schawuot virtuell zum gemeinsamen Lernen – drinnen und online.« Nach dem Gottesdienst können die Beter mehr über die Leitlinien des liberalen Judentums vor der Schoa erfahren.
VORSCHRIFTEN Für die Beter der Synagoge Rykestraße wird Rabbiner Boris Ronis per »Zoom« etwas über die Fünf Bücher Mose erzählen, und mit Rabbinerin Gesa Ederberg wird es um einen Midrasch zum Buch Ruth, das Akdamut-Gebet und Minhagim gehen.
In der Synagoge Joachimsthaler Straße fällt die Lernnacht in diesem Jahr aus. Aber die Gottesdienste finden wie vorgesehen statt – natürlich unter Einhaltung sämtlicher Vorschriften.
Am Fraenkelufer ist man optimistisch, auch Schiurim bald wieder draußen stattfinden zu lassen: im Synagogengarten. Das machen die Beter bei gutem Wetter ohnehin. Größere Veranstaltungen oder Gottesdienste sieht Nina Peretz momentan »nicht draußen passieren«.
Aber wer weiß? »Momentan gehen wir noch davon aus, dass vieles bald wieder möglich sein wird, auch innerhalb der Synagoge.« Sollte sich aber zeigen, dass das nicht der Fall ist, werde man noch einmal neu überlegen müssen.