Mit einem Festgottesdienst hat die Synagogengemeinde Saar der Neugründung vor 75 Jahren gedacht. Die Vorsitzende der Gemeinde, Ricarda Kunger, erinnerte an die schwierige Lage der Juden nach der NS-Zeit.
»Man war vorsichtig im Umgang mit der Nachbarschaft, steckten doch die grauenvollen Erlebnisse tief in den Menschen«, sagte Kunger am Sonntag. Erst mit der Zeit hätten Juden Zuversicht gewonnen und stärker am öffentlichen Leben teilgenommen. »Heute, 76 Jahre nach der Schoa, können wir mit Recht sagen, wir sind ein Teil dieser Gesellschaft.«
Zugleich beobachteten Juden zunehmenden Antisemitismus mit Sorge. Kunger sprach von aufziehenden dunklen Wolken. »Der wiederaufkeimende Antisemitismus ist mitten in unserer Gesellschaft angekommen.«
WERTE Offen gezeigter Antisemitismus, Beleidigungen und Übergriffe auf Jüdinnen und Juden sowie Synagogen machten ihr Angst. Vor allem im Internet werde Antisemitismus als »strategisch organisierte Indoktrination« betrieben. »Wir sind als Gesellschaft gefordert, dem entgegen zu wirken«, betonte Kunger und rief dazu auf, freiheitliche Werte zu verteidigen.
Vor der Schoa gab es 23 Synagogen und ein blühendes jüdisches Leben im Saarland.
Die Synagogengemeinde Saar wurde nach der Schoa am 2. Juni 1946 im Rathaus Saarbrücken gegründet. Fünf Jahre später wurde die neue Synagoge der Stadt eröffnet. Es handele sich um die erste neu erbaute Synagoge in der heutigen Bundesrepublik, so Kunger.
Sie betonte, dass es vor dem Nationalsozialismus im Saarland 23 Synagogen und ein »blühendes jüdisches Leben« gegeben habe. Heute sei die Synagogengemeinde Saar die einzige Jüdische Gemeinde im Saarland.
Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) sagte, er sei »unendlich dankbar« für das jüdische Leben im Saarland und in Deutschland. Er sprach von einem Vertrauensbeweis für die Demokratie. Zunehmende antisemitische Vorfälle, Übergriffe und offen zur Schau gestellter Antisemitismus seien »unerträglich«.
ZENTRALRAT Für diese antisemitischen Vorgänge sei in der Gesellschaft kein Platz.« Hans versicherte der Synagogengemeinde »größtmöglichen Schutz«. »Die Selbstverständlichkeit des jüdischen Lebens im Saarland und in Deutschland, sie darf nie wieder auf’s Spiel gesetzt werden.«
An dem Festgottesdienst in der Saarbrücker Synagoge nahmen unter anderen auch der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Mark Dainow, sowie der Beauftragte für jüdisches Leben im Saarland, Roland Rixecker, teil. Wegen der Corona-Pandemie waren nur wenige Gäste zugelassen. Die Feier wurde im Saarländischen Rundfunk live übertragen. kna
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