Brachland im Düsseldorfer Stadtteil Benrath, hier sollen ein Mehrfamilienhaus sowie drei Einfamilienhäuser samt Tiefgarage entstehen. Doch bevor es überhaupt mit den Bauarbeiten so richtig losgehen konnte, ruhte erst einmal alles. Denn bei der obligatorischen archäologischen Sachverhaltsermittlung, die dem Bauvorhaben ordnungsgemäß vorausgeht, waren die Reste der alten Benrather Synagoge entdeckt worden.
»Um diese nicht zu zerstören, sind die historischen Bauteile nach Abschluss der Maßnahme mit einem Geotextil abgedeckt worden. Die Grube wurde wieder verfüllt«, hieß es vonseiten der Pressestelle der Stadt Düsseldorf. Eine Umplanung werde erforderlich, die mit dem Erhalt der Synagogenreste im Boden vereinbar sei.
Nicht die Eröffnung, nur das Ende der Benrather Synagoge in der Pogromnacht 1938 ist bekannt, sagt Archivleiter Wolfgang Sauer.
Die gefundenen Gebäudereste erinnern an die Umrisse des kleinen jüdischen Gotteshauses, das Mitte bis Ende des 19. Jahrhunderts fertiggestellt worden war. »Keiner kennt das genaue Datum«, erklärt Wolfgang Sauer, Leiter des Heimatarchivs Benrath. So gibt der Verein nur eine ungefähre Einschätzung: Wahrscheinlich wurde die Synagoge zwischen 1863 und 1892 erbaut. Der Betsaal habe Platz für etwa 35 Personen geboten.
Dokumente über die Bautätigkeit oder Fotos des Gebäudes existieren keine, sie wurden in den 30er-Jahren während des Nationalsozialismus zerstört. Dem Heimatarchiv Benrath liegt jedoch eine Rekonstruktionszeichnung vor, die nach Augenzeugenberichten erstellt worden war. Diese Zeichnung gibt einen Eindruck von einem schlichten Bau, gelegen im alten Ortskern des südlichen Düsseldorfer Stadtteils.
Pogromnacht Bekannter ist hingegen das Ende der Synagoge: »Die Brandstiftung der Nazis wurde jedoch nicht in der sogenannten Reichspogromnacht verübt, sondern erst am Morgen des 10. November«, heißt es dazu in einer Veröffentlichung des Heimatarchivs Benrath. Die Feuerwehr war zur Stelle, hatte aber nur die Aufgabe, die benachbarten Häuser zu schützen. So blieb ein Trümmerfeld. Die jüdische Gemeinde sollte auch noch für die Beseitigung der Trümmer bezahlen, konnte sich dies jedoch nicht leisten und musste das Grundstück somit gezwungenermaßen verkaufen.
Heimatarchivleiter Wolfgang Sauer erinnert jedes Jahr an die Geschichte des zerstörten Gotteshauses und die kleine jüdische Gemeinde. Dann organisiert er für Schüler einen thematischen Rundgang durch den Stadtteil und vermittelt Geschichte anhand von Stolpersteinen, die an einstige jüdische Benrather Bürger erinnern. Sobald die Baustelle wieder geöffnet wird und es weitergeht mit der Instandhaltung der Gebäudereste, will Wolfgang Sauer Fotos machen. »Wir warten gespannt darauf, was sich dann tun wird.« Die Fundstücke dürfen jedenfalls nicht beschädigt werden. Denkbar wäre zum Beispiel bei einem Kellerbau eine Einkapselung der historischen Substanz.
Zeitung Ganz in der Nähe des Synagogengrundes, etwa 30 Meter entfernt auf der Friedhofstraße, lassen sich auch die Anfänge dieser Zeitung finden. Hier in der Druckerei Tischler & Schäfer wurde 1946 erstmals das »Jüdische Gemeindeblatt für die Nord-Rheinprovinz und Westfalen« gedruckt. Herausgeber war Karl Marx, der im Jahr 1947 Lilli Marx heiratete.
Lilli Marx war nicht nur beim Jüdischen Gemeindeblatt aktiv, sie engagierte sich lange Jahre in der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf, baute die WIZO mit auf, war Vorsitzende der Jüdischen Frauengemeinschaft Deutschlands sowie Gründungsmitglied der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit. Nach der 2004 in Düsseldorf verstorbenen Lilli Marx soll bald schon eine Straße in einem Benrather Neubaugebiet benannt werden.