85 Jahre nach der Zerstörung des alten Gotteshauses wurde im Zentrum von Magdeburg die neu gebaute Synagoge eingeweiht. »Der Neubau der Synagoge steht für ein friedliches Miteinander und für Pluralismus«, sagte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) am Sonntag bei einem Festakt.
Jüdisches Leben werde wieder deutlich sichtbarer und erlebbar. »Wir werden als Landesregierung auch künftig jüdisches Leben in Sachsen-Anhalt sichtbar machen, es fördern und schützen.«
»Heute ist ein Tag der Freude und des Stolzes für uns alle, ein Tag, an dem wir die Früchte jahrelanger Anstrengung ernten dürfen. Die Neue Synagoge ist ein Wahrzeichen des jüdischen Lebens im Herzen dieser Stadt, ein Ort des Gebets, der Begegnung und des Zusammenhalts«, sagte Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland bei der Einweihung.
Langer Weg zur Synagoge
24 Jahre brauchte es, bis aus der Idee einer Synagoge ein fertiges Gotteshaus wurde. 1999, nachdem die ursprünglich kleine Gemeinde durch Zuwanderer aus der Sowjetunion gewachsen war, entstand ein Förderverein, der Gelder für den Bau einwerben sollte. Unter der Leitung der früheren Pastorin und Superintendentin im Evangelischen Kirchenkreis Magdeburg, Waltraut Zachhuber, hat er bis heute nach eigenen Angaben rund 500.000 Euro für den Bau gesammelt. Die Synagogen-Gemeinde selbst sammelte rund 300.000 Euro, während die Stadt Magdeburg das Grundstück zur Verfügung stellte.
Doch bis der erste Spatenstich vollzogen werden konnte, gestalteten sich die Neubaupläne schwieriger als gedacht. 2016 gründete sich ein 16-köpfiger Beirat. Vertreter etwa des Landtages und der Landesregierung sowie der jüdischen Gemeinde wollten die komplizierten Details lösen.
Zwist in der jüdischen Gemeinde
Eine Herausforderung war, dass die Liberale Jüdische Gemeinde zwei Gotteshäuser unter einem Dach haben wollte. Die Gemeinde hatte sich 2005 abgespalten und heute nach eigenen Angaben rund 120 Mitglieder. Sie gehört der »Union progressiver Juden in Deutschland« an, lässt unter anderem weibliche Rabbiner sowie ein gemeinsames Gebet von Frauen und Männern zu. Geleitet wird sie heute von der gebürtigen Ukrainerin Larisa Korshevnyuk. »Wir haben gleich gesagt, bauen Sie ein Haus mit zwei Gemeinden unter einem Dach«, sagte sie. Doch die Kosten liefen aus dem Ruder - und die Politik setzte auf die Synagogen-Gemeinde als Partner.
Die liberalen Juden blieben beim Neubau außen vor. Deren Gemeindemitglieder dürften zwar dort an den Gottesdiensten teilnehmen, aber nicht im eigenen Ritus feiern. »Inakzeptabel« nennt das Korshevnyuk: »Gerade in diesen Zeiten verstehe ich das nicht und bin bitter enttäuscht.«
Doch Waltraut Zachhuber verweist auf die historischen Zusammenhänge: So sei die heutige Gemeinde Rechtsnachfolgerin der früheren Synagogen-Gemeinde. Und das Land Sachsen-Anhalt habe Unterstützung für diese eine Synagoge zugesagt - als Wiedergutmachung für die NS-Zeit.
Spatenstich am israelischen Unabhängigkeitstag
2018 präsentierte ein Magdeburger Architekturbüro schließlich einen reduzierten Entwurf. Ende 2019 schenkte die Stadt Magdeburg der Gemeinde das Baugrundstück. Zwei Jahre später gab das Land grünes Licht, sodass am israelischen Unabhängigkeitstag, dem 5. Mai 2022, der erste Spatenstich vorgenommen werden konnte. Am 14. September 2022 wurde der Grundstein gelegt, jetzt im Dezember konnte die heute rund 400 Mitglieder zählende Gemeinde ihren Neubau beziehen.
Der am Ende 7,6 Millionen Euro teure Bau ist der zweite Neubau in Sachsen-Anhalt - am 22. Oktober war in Dessau-Roßlau eine neue Synagoge eröffnet worden. ja/dpa/epd