Im brandenburgischen Cottbus ist am Sonntag die evangelische Schlosskirche im Rahmen eines Gottesdienstes entwidmet worden. Sie soll künftig als Synagoge genutzt werden.
Der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Markus Dröge, erklärte bei der Feier, die Kirche werde nicht entweiht, säkularisiert oder kommerzialisiert. Die Umwandlung der Kirche in eine Synagoge sei für die Kirchenleitung vielmehr »Ausdruck der Nähe zwischen jüdischem und christlichem Glauben«. Zugleich sei es ein »Hoffnungszeichen nach der Unheilsgeschichte der Nazizeit, in der die christlichen Kirchen viel zu wenig Widerstand geleistet haben«, sagte Dröge.
Brandenburg bekommt damit erstmals nach der Schoa wieder eine Synagoge. Sie soll für die 1998 neu gegründete jüdische Gemeinde von Cottbus mit ihren mehr als 400 Mitgliedern voraussichtlich noch in diesem Jahr eingeweiht werden.
Nutzung Brandenburg ist heute das einzige Bundesland, in dem es noch immer keine Synagoge gibt. Pläne für den Bau eines vom Land finanzierten jüdischen Gotteshauses in Potsdam wurden bislang nicht umgesetzt, weil sich die drei orthodoxen Gemeinden der Stadt nicht auf eine gemeinsame Nutzung verständigen konnten.
Die historische Synagoge von Cottbus an der heutigen Karl-Liebknecht-Straße wurde 1938 bei den NS-Novemberpogromen zerstört. In der Mark gab es bis in die 30er-Jahre Synagogen in mehr als 50 Städten und Gemeinden.
Brandenburgs Kulturstaatssekretär Martin Gorholt (SPD) sprach anlässlich der Entwidmung der Kirche von einer »historischen Zäsur für das ganze Land«. Das Haus sei ein »Zeichen für die Offenheit der jüdischen Gemeinde in Cottbus und gleichermaßen Symbol für das gute Miteinander der Religionen«, sagte Gorholt im Vorfeld.
Kaufvertrag Das Land Brandenburg hat den rund 580.000 Euro teuren Ankauf der Cottbusser Schlosskirche finanziert. Der Kaufvertrag wurde am Donnerstag von Vertretern der Kirchengemeinde, des Landesverbandes der jüdischen Gemeinden und der Jüdischen Gemeinde Cottbus unterzeichnet. Weitere Kosten unter anderem für Umbaumaßnahmen werden vom Landesverband der jüdischen Gemeinden übernommen. Das Land will zudem jährlich 50.000 Euro Betriebskosten übernehmen.
Die 1714 eingeweihte Schlosskirche wurde für französisch-reformierte Glaubensflüchtlinge errichtet und durfte auch von der deutsch-reformierten Gemeinde genutzt werden. Sie gehörte bislang der evangelischen Nikolaigemeinde. Der Name der Kirche geht auf die Zeit um 1757 zurück, als der damalige deutsch-reformierte Geistliche der Kirche zugleich Hof- und Schlossprediger war.
Seit 1970 wurde die Kirche von der Stadtmission als ökumenisches Gemeindezentrum genutzt. Bischof Dröge betonte am Sonntag, die evangelischen Christen würden mit der Entwidmung der Schlosskirche nicht heimatlos. Es gebe »andere Orte, andere Kirchen«, in denen sie zu Gott beten können. epd