Sie werden spätestens jetzt wieder zum süßen Objekt der Begierde. Gefüllt mit Fruchtmarmelade oder manchmal auch Vanillepudding, mit Puderzucker bestreut oder Zuckerguss bestrichen, locken sie Schleckermäuler an jeder Bäckereiauslage. Kaum ein Gebäck ist unter so vielen unterschiedlichen Namen bekannt: Berliner Ballen, in Berlin selbst heißen sie Pfannkuchen, im hessischen Raum Kreppel oder hochdeutsch Krapfen.
In jüdischen Familien sind Sufganiot fester Bestandteil von Chanukka. Seitdem haben sich zum Gedenken an das Wunder des Tempelöls die nordafrikanischen »Isfenj« mit den osteuropäischen »Ponsches« zur heutigen Form der Sufganiot vermischt.
Bestellungen Klar, dass da auch in den deutschen Gemeinden die Bestellungen vor dem Lichterfest in die Höhe schnellen und in den koscheren Bäckereien mit Puderzucker und Marmeladentöpfen jongliert wird, um für ausreichenden Nachschub zu sorgen.
In Berlin folgt die Chanukka-Bäckerei einer langen Tradition. Denn in der Bäckerei Kädtler, die allerlei koscheres Backwerk herstellt, stammt das Rezept noch vom Gründer, Bäckermeister Johannes Kädtler, der im Frühjahr 1935 sein Geschäft am Falkplatz im Prenzlauer Berg eröffnete. Im Jahr 1954 folgte der Umzug in die Danziger Straße, wo der Laden sich auch heute noch befindet.
Seit 2001 führt der Enkel des Gründers, Stefan Kädtler, die Geschäfte. Aber die Sufganiot werden natürlich immer noch nach den überlieferten Rezepten des Opas gebacken. Auch bei den Füllungen bleibt Kädtler der Tradition eng verbunden, die Pfannkuchen werden klassisch mit Marillen- oder Erdbeermarmelade befüllt. Das frittierte Gebäck schmeckt natürlich am besten, wenn es duftend und warm gegessen wird. Deswegen wird bei Kädtler auch nicht vorproduziert, sondern die Pfannkuchen möglichst zeitnah zu den Familien gebracht, erklärt Kädtler. »Unsere Sufganiot werden jeden Tag frisch gebacken und dann ausgeliefert; das schmeckt man dann auch.«
Kaschrutaufsicht Auch Seniorenheime und Kitas in Berlin können sich zu Chanukka über die süßen Lieferungen aus der Danziger Straße freuen. Denn die Bäckerei kann bei der Zusammenarbeit mit der Berliner Gemeinde auf eine lange Geschichte zurückblicken. »Wir backen seit 14 Jahren koscher unter der Aufsicht von Rabbiner Ehrenberg mit zusätzlicher Aufsicht durch die Yeshiva, damit kann man wohl schon von Tradition sprechen«, erzählt Stefan Kädtler.
Für die koscheren Produkte werden nur natürliche Inhaltsstoffe verwendet, mit Ausnahme von Eiern kommen keine tierischen Produkte ins Backwerk. Das gilt selbstverständlich auch für die Sufganiot, von denen die Bäckerei zu dieser Jahreszeit wieder Unmengen herstellen wird.
Auch in der Hamburger Gemeinde hat man inzwischen mit dem Deli King einen verlässlichen Partner für alles Koschere gefunden, dazu gehören auch verschiedene Backwaren. Doch für die gerade im August fertiggestellte koschere Großküche kam die Chanukkazeit noch ein wenig zu früh. »Wir haben es uns dieses Jahr noch nicht zugetraut, solche Mengen herzustellen, das war etwas zu kurzfristig«, berichtet Guido Schilowsky. Immerhin verspeisen die Hamburger Juden 3500 Sufganiot. Deshalb hat das Deli King noch einmal Sufganiot aus Israel bestellt, mit viel zeitlichem Vorlauf. »Vor etwa ein bis zwei Monaten haben wir die Bestellung gemäß den Erfahrungen aus den vergangenen Jahren aufgegeben«, sagt Schilowsky.
Made in Israel Bisher sind sie noch nicht da, die weitgereisten Berliner können dann in Hamburg warm gemacht und frisch überpudert werden. Die Füllung bleibt eine Überraschung »wie immer, wenn man in Israel bestellt«, meint der Hamburger. Aber: »Das ist ein Superprodukt.« Nur ankommen müssten sie eben noch rechtzeitig, hofft Schilowsky, damit das Deli King sie dann auch an die Gemeinde, die Schule und Kindergärten ausliefern kann. »Im nächsten Jahr haben wir dann hoffentlich die Ausstattung, um hier selbst zu backen.«
Auch weiter südlich werden die Ärmel in den Bäckereien schon hochgekrempelt. In Frankfurt ist das einzige koschere Restaurant der Stadt, Sohar’s, zuständig dafür, die »Kreppel« zum Lichterfest zuzubereiten.
In Nordrhein-Westfalen sind die koscheren Bäckereien eher spärlich gesät. Doch in Düsseldorf hat die Jüdische Gemeinde mit der Bäckerei Hünemeyer schon seit langer Zeit einen Partner gefunden, der koschere Backwaren herstellt. Natürlich auch Sufganiot. »Als in den 80er-Jahren die Bäckerei im Jüdischen Altenheim geschlossen wurde, suchte die Gemeinde nach Ersatz«, erzählt Lars Hünemeyer, »und kam auf uns zu.« Seitdem, also seit fast 30 Jahren, werden die Backzutaten vom Rabbiner überprüft, dann wird das Okay gegeben. Ab und zu kommt auch Rabbiner Benzion Dov Kaplan vorbei, um sich selbst zu überzeugen. Doch weitestgehend läuft die koschere Produktion auf Vertrauensbasis. Kein Wunder, nach so langer Zeit.
Gefüllt sind die Sufganiot in Düsseldorf übrigens mit Vierfruchtmarmelade. »Für Chanukka bestellt das Rabbinat bei uns die Sufganiot, und wir liefern dann direkt zu den jeweiligen Feierlichkeiten, natürlich auch ins Nelly-Sachs-Haus«, das Seniorenheim, mit dem alles begann, erzählt Bäckermeister Hünemeyer.
Puderzucker Seit 2010 ist Rabbiner Netanel Teitelbaum zuständig für die Bremer Gemeinde. Auch hier gibt es eine koschere Bäckerei. Schon seit einer Weile kümmert sich Groths Backstube um die Herstellung der Sufganiot für die 1400 Gemeindemitglieder. Dieses Jahr jedoch zum ersten Mal in einer eigens überwachten Produktion, denn es gibt neben den Feiertagen auch eine Einweihung zu feiern, und so hat Rabbiner Teitelbaum 685 Sufganiot in Auftrag gegeben. Also wird in der Backstube von Holger Groth dieses Jahr eine Menge Puderzucker benötigt.
Wo auch immer dieses Jahr die Sufganiot gebacken werden, schmecken werden sie – egal wie sie heißen.