Gespräch

»Streit nutzt niemandem«

Abraham Lehrer über den Dialog mit Chabad Lubawitsch und Pluralismus in der jüdischen Gemeinschaft

von Detlef David Kauschke  03.05.2017 11:29 Uhr

Abraham Lehrer Foto: Jörn Neumann

Abraham Lehrer über den Dialog mit Chabad Lubawitsch und Pluralismus in der jüdischen Gemeinschaft

von Detlef David Kauschke  03.05.2017 11:29 Uhr

Herr Lehrer, vor wenigen Wochen hat die Jüdische Gemeinde Frankfurt mitgeteilt, dass die langjährige Zusammenarbeit mit Chabad Lubawitsch vorläufig gescheitert ist. Wie bewerten Sie diesen Vorgang?
Der Grundsatz ist, dass eine jüdische Gemeinde und ihr gewählter Vorstand die Regeln in einer Gemeinde definieren. In diesem Rahmen sind Kooperationen mit Chabad, aber auch mit anderen Organisationen möglich. Die Angebote sind ja mittlerweile mannigfaltig. Unter diesen Gegebenheiten sehe ich weiterhin die Möglichkeit einer Einigung als gegeben und würde nicht von einem Scheitern sprechen wollen. Ich schätze nicht, dass die Tür dort endgültig zugeschlagen ist.

Welche überregionale Bedeutung hat das?

Die Auseinandersetzung zwischen der Gemeinde und dem dortigen Chabad-Rabbiner ist primär eine lokale Angelegenheit und sollte nicht überbewertet werden. Es gibt einige Gemeinden, in denen es eine gute Kooperation zwischen der Gemeinde und Chabad gibt. Als Beispiel möchte ich München, Hamburg und Berlin nennen. Es ist auch kein Geheimnis, dass es in einigen Städten überhaupt nicht oder zumindest nicht konfliktfrei funktioniert.

Auch das Verhältnis des Zentralrats zu Chabad war nicht ungestört. Wie ist der Stand der Dinge?
Ich stehe in einem engen und vertrauensvollen Austausch mit dem Vorsitzenden von Chabad Deutschland, Rabbiner Israel Diskin. Wir sind uns darin einig, dass man das Verhältnis zwischen den Gemeinden und Chabad auf eine sachliche Ebene zurückführen sollte. Lokaler Streit nutzt letztlich niemandem. Vielmehr führt er dazu, dass sich Menschen vom Judentum abwenden. Das kann nicht in unserem Sinne oder im Sinne von Chabad sein.

Wie kann das gelingen?

Vertreter des Zentralrats und von Chabad Deutschland sollten in einen ehrlichen Dialog eintreten. Probleme dürfen dabei nicht kleingeredet werden. Ebenso ist es notwendig, dass das Verhältnis zwischen der Orthodoxen Rabbinerkonferenz und Chabad geklärt wird. Es kann nicht sein, dass die gegenseitige Anerkennung innerhalb der Orthodoxie versagt bleibt. Das können wir uns nicht mehr leisten. Perspektivisch könnten der Zentralrat und Chabad Deutschland bei lokalen Missverständnissen gemeinsam als Vermittler und Schlichter auftreten. Dies ist eine von vielen Ideen, über die wir nachdenken.

Das Modell »Alle unter einem Dach« galt stets als beispielhaft für die jüdische Gemeinschaft in Deutschland. In welche Richtung geht die Entwicklung nun?
Das Prinzip der Einheitsgemeinde hat sich über Jahrzehnte bewährt und bundesweit durchgesetzt. Immer mehr Gemeinden vereinen unter ihrem Dach eine Vielfalt an jüdischen Strömungen. Der Trend geht hin zu einer pluralen Gemeinschaft unter einem Synagogen-Dach. Nur so ist die Vielfalt langfristig tragfähig. Das wollen wir. Und das ist gut so!

Mit dem Vizepräsidenten und Kultusdezernenten des Zentralrats der Juden in Deutschland sprach Detlef David Kauschke.

Erfurt

Israelischer Botschafter besucht Thüringen

Botschafter Ron Prosor wird am Montag zu seinem Antrittsbesuch in Thüringen erwartet

 15.03.2025

Interview

»Wir reden mehr als früher«

Rabbiner Yechiel Brukner lebt in Köln, seine Frau Sarah ist im Herbst nach Israel gezogen. Ein Gespräch über ihre Fernbeziehung

von Christine Schmitt  13.03.2025

Bundeswehr

»Jede Soldatin oder jeder Soldat kann zu mir kommen«

Nils Ederberg wurde als Militärrabbiner für Norddeutschland in sein Amt eingeführt

von Heike Linde-Lembke  13.03.2025

Hamburg

Hauptsache kontrovers?

Mit der Verleihung der Buber-Rosenzweig-Medaille wurde die »Christlich-Jüdische Zusammenarbeit 2025 – 5785/5786« eröffnet. Die Preisträger sind in der jüdischen Gemeinschaft umstritten

von Heike Linde-Lembke  13.03.2025

Purim

Schrank auf, Kostüm an

Und was tragen Sie zum fröhlichsten Fest im jüdischen Kalender? Wir haben uns in der Community umgehört, was in diesem Jahr im Trend liegt: gekauft, selbst gemacht oder beides?

von Katrin Richter  13.03.2025

Feiertag

»Das Festessen hilft gegen den Kater«

Eine jüdische Ärztin über Alkoholkonsum an Purim und die Frage, wann zu viel wirklich zu viel ist

von Mascha Malburg  13.03.2025

Berlin

Persien als Projekt

Eigens zu Purim hat das Kunstatelier Omanut ein Wandbild für die Synagoge Pestalozzistraße angefertigt

von Christine Schmitt  13.03.2025

Wilmersdorf

Chabad Berlin lädt zu Purim-Feier ein

Freude sei die beste Antwort auf die aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen, sagt Rabbiner Yehuda Teichtal

 12.03.2025

Purim

An Purim wird »We will dance again« wahr

Das Fest zeigt, dass der jüdische Lebenswille ungebrochen ist – trotz der Massaker vom 7. Oktober

von Ruben Gerczikow  12.03.2025