Ein breites Bündnis politischer Gruppen und Organisationen hat am Sonntag auf dem Frankfurter Römerberg gegen den neu aufkeimenden Antisemitismus in Deutschland demonstriert. Die Veranstalter sprachen von 4000 Teilnehmern, die zum Teil mit Bussen aus dem gesamten Bundesgebiet angereist seien. Die Polizei ging hingegen von circa 1500 Demonstranten aus.
Unter den Teilnehmern war auch Dieter Graumann, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, ebenso wie viele Repräsentanten der Jüdischen Gemeinde Frankfurt, darunter Rabbiner Menachem Halevi Klein, Vorstandsmitglied Harry Schnabel, Rabbinerin Elisa Klapheck, Rabbiner Andrew Steiman, Dalia Moneta, Leiterin der Sozialabteilung, und die Journalistin Bärbel Schäfer.
hamas und IS Auf dem Römerberg, Frankfurts zentralem Platz mit Sitz der Stadtregierung, wogten Hunderte von kurdischen und israelischen Fahnen in der Nachmittagssonne. »Gemeinsam mit Kurden und Jesiden gegen Hamas und IS«, forderte Natasha Langmann, Sprecherin der »Freundschaft Deutschland – Israel«, die die Demonstranten von der Bühne aus begrüßte. »Nie wieder Judenhass«, skandierte die Menschenmenge. »Stimme erheben – gegen Judenhass« hatten die Organisatoren auch als Motto ihrer Veranstaltung gewählt.
Die zahlreichen Redner wandten sich vor allem gegen Angriffe und Beleidigungen von jüdischen Mitbürgern auf deutschen Straßen. So erklärte Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD), dass es die Bevölkerung seiner Stadt nicht »aushält und duldet, wenn unsere jüdischen Mitbürger bedroht werden. Das passt nicht hierher und das gehört nicht in unsere Straßen.« Feldmann versprach: »Sobald Kinder zum Ziel von Hass werden, sage ich als Stadtoberhaupt: ›Jetzt ist Schluss!‹«
Demografie Israels Botschafter Yakov Hadas-Handelsman dankte allen Anwesenden, »dass Sie gegen Antisemitismus demonstrieren und dass Sie friedlich an Israels Seite stehen. Jede Stimme zählt!« Wenn die Demokratie angegriffen werde, müsse die Gesellschaft eingreifen, egal, gegen wen sich der Hass richte, sagte er.
Volker Beck, Grünenpolitiker und Vorsitzender der Deutsch-Israelischen Parlamentariergruppe im Bundestag, erklärte, der Kampf gegen Antisemitismus sei eine »Aufgabe für alle, die hier leben«. Gleichzeitig forderte er »Programme für den Schulunterricht«, in denen Kindern von Migranten der Holocaust erklärt werde. Jeder in diesem Land müsse »Respekt vor unterschiedlichen Religionen« haben.
Deidre Berger, Direktorin des American Jewish Commitee in Berlin, warf der Politik vor, wertvolle Zeit verloren zu haben. So sei die bereits vor drei Jahren vom Parlament geforderte Expertenkommission zum Thema Antisemitismus bis heute nicht eingerichtet worden. Daher müsse von der Zivilgesellschaft jetzt »das Signal ausgehen, dass wir keinen Aufschub mehr dulden werden«.