Mit der Entspannungspolitik Willy Brandts und der friedlichen Wiedervereinigung Deutschlands in enger Abstimmung zwischen Helmut Kohl und Michail Gorbatschow glaubte man die Zeiten des Kalten Krieges auslaufend.
Während seit dem Putinschen Angriffskrieg auf die Ukraine eine Eiszeit zwischen West und Ost eingezogen ist, widmet sich das Münchner Stadtmuseum in einer kleinen Ausstellung mit einer zusätzlichen Station im Jüdischen Museum noch bis 5. März dem Thema »Radio Free Europe. Stimmen aus München im Kalten Krieg«.
eiserner vorhang Ab 1950 strahlten »Radio Liberty« für die Sowjetunion und »Radio Free Europe« (RFE) für alle anderen Länder hinter dem Eisernen Vorhang 22 Stunden täglich Nachrichten, Kulturprogramme und Sportnachrichten aus. In mehr als 20 osteuropäischen Sprachen recherchierten, schrieben und sandten in der Hochphase bis zu 1400 Mitarbeiter aus 40 Nationen Informationen aus der sogenannten freien Welt und schufen damit eine Gegenöffentlichkeit zu den zensierten Medien der kommunistisch indoktrinierten Ostblock-Staaten.
München, in der amerikanischen Zone gelegen, war nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs nicht nur zentrale Anlaufstelle für jüdische Schoa-Überlebende, sondern auch für Geflüchtete aus dem Einzugsbereich der neuen kommunistischen Machthaber. Etliche von ihnen fanden Arbeit in der bis in die 70er-Jahre von der CIA finanzierten Radiostation. Die antisowjetische Propaganda zog nicht nur Agenten nach München, die Stadt wurde zu einem ernsten Austragungsort des Ost-West-Konflikts.
Besonders schillernd ist die Geschichte der Doppelagentin Eta Tumanov.
Vier biografische Stationen thematisieren diese Geschichte in der ebenerdig gelegenen »Galerie Einwand« am Sebastiansplatz. Ein weiteres Modul ist im Foyer des Jüdischen Museums dem aus Prag stammenden Germanisten Peter Demetz gewidmet, dessen Mutter in Theresienstadt ermordet wurde und der, nachdem er die deutsche Besatzung überlebt hatte, wegen seines Protests 1948 gegen die kommunistische Machtübernahme ausgerechnet nach Bayern fliehen musste.
ostblock Von 1950 bis 1952 arbeitete er in der tschechischen RFE-Redaktion; seine Aufgabe war es, Nachrichten aus dem Ostblock abzuhören und diesen als »Gegentrompete« eigene Beiträge entgegenzusetzen. Später ging er in die USA, wo er im Oktober 2022 seinen 100. Geburtstag feiern konnte.
Besonders schillernd ist die Geschichte der Doppelagentin Eta Tumanov, geborene Katz, die Jiddisch, Russisch, Lettisch, Englisch und Deutsch beherrschte und deren Mann gleichzeitig Liberty-Chefredakteur und KGB-Agent war.
Wie gefährlich das Münchner Pflaster war, belegt die ausgestellte Münchner Boulevardzeitung »tz« vom 23. Februar 1981, wo unter der Überschrift »Stecken Geheimdienste hinter Bombenangriff« über einen Anschlag vom 21. Februar um 21.48 Uhr auf das Areal am Englischen Garten berichtet wird, bei dem acht Menschen zum Teil schwer verletzt wurden und auch der Sender weitläufig zerstört wurde. 1995 zog RFE nach Prag um und sendet inzwischen bis nach Afghanistan und Pakistan.
Die Ausstellung in der »Galerie Einwand« des Münchner Stadtmuseums präsentiert Video-Interviews, Fotos und Dokumente dienstags bis sonntags von 14–18 Uhr; das Jüdische Museum ist geöffnet von Dienstag bis Sonntag in der Zeit von 10–18 Uhr.