Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat erneut den Anschlag von Halle verurteilt.
»Mich erfüllt Trauer über die Toten des gestrigen Tages, und mich ergreift Zorn über die nicht enden wollende Dummheit, Feigheit und Brutalität der Angriffe auf die jüdische Gemeinschaft in unserem Land«, sagte das Staatsoberhaupt am Donnerstagabend beim Festakt zum zehnjährigen Bestehen des jüdischen Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerks (ELES).
Minderheiten »Ich bin die dumpfe Verachtung leid, die kaum verhohlene Bereitschaft zu Gewalt, das offene Schüren von Hass gegen Minderheiten, gegen Andersdenkende, gegen demokratische Institutionen in unserem Land«, so Steinmeier.
»Ich bin es leid, dass Rechtsextremismus offen das Wort geredet wird und diese Borniertheit klammheimliche Zustimmung findet. Wer dafür auch nur einen Funken Verständnis aufbringt, der macht sich schuldig.«
Seine Gedanken seien bei den Opfern und ihren Angehörigen sowie bei den Mitgliedern aller jüdischen Gemeinden in Deutschland.
ZENTRALRAT Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, erklärte, auch die Vorstände der jüdischen Gemeinden bräuchten zunehmend »Manager-Qualitäten«. Das Studienwerk befähige seine Stipendiaten auch dazu, die Gemeinden attraktiv zu gestalten und jüngere Mitglieder zu gewinnen.
Im Rahmen der Feier wurde die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, mit der Ernst Ludwig Ehrlich Medaille für die Wissenschaften und Künste ausgezeichnet.
Der Bundespräsident würdigte sie als »eine unüberhörbare Stimme, ein Orientierungslicht, ein unschätzbar wertvoller Mensch für uns alle«. Knobloch sei »eine Stimme gegen Vorurteile und Ausgrenzung und für ein aufgeklärtes Miteinander der Religionen«.
Steinmeier sagte, in den 30 Jahren, seit er Knobloch kenne, habe er in zahlreichen Begegnungen ihre persönliche Unabhängigkeit, Loyalität und Freundschaft erfahren und schätzen gelernt: »Charlotte Knobloch, wie ich sie kennenlernen durfte, war stets zu unabhängig und zu klug, sich für politische Interessen instrumentalisieren zu lassen. Ich erinnere mich an Gespräche, die niemals Einbahnstraßen waren, an ihre genauen Nachfragen, ihr aufmerksames Zuhören und ihre klugen Kommentare.«
Engagement Die 86-Jährige gehöre zu den jüdischen Deutschen, »die in diesem Land etwas wieder aufgebaut haben, das unrettbar verloren schien«. Ihr Engagement sei »von unschätzbarem Wert für die Entwicklung der Bundesrepublik« gewesen.
Das Studienwerk ELES wurde 2009 gegründet und ist nach dem Historiker und Religionswissenschaftler Ernst Ludwig Ehrlich (1921–2007) benannt. Seit der Gründung hat ELES rund 800 Studenten gefördert. kna/ja