Kinder wollen von ganzem Herzen her geimpft werden», sagt Livia Katz aus Offenbach. Vor einer Woche bekam das Impf- und Testzentrum, das die Allgemeinmedizinerin gemeinsam mit dem Zahnarzt Evgeniy Liebensohn und der Praxismanagerin Sabina Liebensohn initiiert hat, zum ersten Mal den originalen BioNTech-Junior-Impfstoff, der für die Kids im Alter von fünf bis elf Jahren seit Mittwoch vergangener Woche zugelassen ist.
Pflaster «Die Ersten, die wir damit geimpft haben, sind stolz mit einem Pflaster und einem Eintrag im Impfausweis nach Hause gegangen», sagt die Ärztin. Auch weil sie wussten, dass sie nun in ihrer Schule oder in ihrem Kindergarten zu den Ersten gehören werden. Es habe keine Tränen aus Angst vor der Spritze gegeben, vielleicht auch, da die jeweilige Familie überzeugt war, dass das genau das Richtige ist. Ferner hat jedes Kind zusätzlich einen Lutscher oder ein Bonbon bekommen.
Am vergangenen Sonntag hatten die Ärzte bei Makkabi Frankfurt im Tennis- und Squash-Park ein mobiles Impfzentrum aufgebaut, in dem 400 Menschen die Ärmel hochkrempelten. Freie Tage gibt es anscheinend erst nach der Pandemie. «Aber da wir es als unsere gesellschaftliche Verpflichtung ansehen zu impfen, nehmen wir das gerne auf uns», so Evgeniy Liebensohn.
Erleichtert wirken auch die Eltern, von denen manche vorerkrankt sind.
«Wir hatten nur dankbare Eltern und Kinder, die sich wirklich über den Piks gefreut haben», berichtet Livia Katz. Es habe sogar in der Warteschlange eine tolle Stimmung geherrscht. «Die Kinder wurden mit Süßigkeiten und Wasser versorgt, die Sonne schien, und alles lief wirklich reibungslos. Jedes Kind hatte am Ende ein Pflaster, etwas Süßes und ein kleines Geschenk.»
Erleichtert wirken auch die Eltern, von denen manche vorerkrankt sind oder gerade eine Chemotherapie durchmachen. «Wenn der Nachwuchs das Vakzin erhalten hat, müssen sie nicht mehr mit so einer großen Angst leben, dass ihre Kinder das Virus mit nach Hause bringen und die Erwachsenen anstecken», meint Katz. Die meisten Fragen werden zu etwaigen Nebenwirkungen gestellt. «Wir impfen die Kids zwar erst seit einer knappen Woche, haben in der Zeit aber festgestellt, dass es keine nennenswerten Beschwerden gibt – außer vielleicht einen Impfarm. Aber den hat man auch nach einer Tetanusspritze. Die Kinder vertragen den Impfstoff sehr gut», so das erste Fazit von Livia Katz. Und manche seien für einen Tag etwas müde.
NACHFRAGE Da es in den Berliner Impfzentren derzeit fast unmöglich ist, zeitnah noch einen Termin zu bekommen, gleichzeitig die Inzidenz unter den Schülern steigt, werden mobile Impfteams in jeweils eine Schule pro Bezirk geschickt, damit sie rascher den Piks in den Arm bekommen können. In der Berliner Heinz-Galinski-Schule ist bisher keine Aktion in diese Richtung geplant.
«Das Thema liegt gut in den Händen der Eltern und deren Ärzten», heißt es auch beim Düsseldorfer Albert-Einstein-Gymnasium. Das Angebot vom Hessischen Kultusministerium (HKM) werde nicht von den Eltern genutzt, da es nicht attraktiv sei, heißt es bei der Lichtigfeld-Schule in Frankfurt. Es sei nicht flexibel, und an dem einen Termin hätten die Eltern alle ihre Kinder begleiten müssen – zu Uhrzeiten, die den Eltern nicht passen.
Nach Abwägung aller bisher vorhandenen Daten empfiehlt die Ständige Impfkommission die COVID-19-Impfung für Kinder im Alter von fünf bis elf Jahren mit verschiedenen Vorerkrankungen. Ebenso für Kinder, in deren Umfeld sich Kontaktpersonen mit hohem Risiko für einen schweren Verlauf befinden, die selbst nicht oder nur unzureichend durch eine Impfung geschützt werden können. Darüber hinaus können die fünf- bis elfjährigen Kinder ohne Vorerkrankungen nach entsprechender ärztlicher Aufklärung geimpft werden, sofern ein individueller Wunsch der Kinder und Eltern besteht.
«Je mehr Leute sich den Piks geben lassen, umso mehr haben wir alle als Gesellschaft etwas davon, jeder Einzelne kann sich und seine Mitmenschen so schützen, und gemeinsam finden wir den Weg aus der Pandemie», findet Sabina Liebensohn. Die Praxen von Livia Katz und Sabina Liebensohn befinden sich an einer Adresse, nun haben sie sich auf weitere Räume im Erdgeschoss gemeinsam ausgeweitet und ebenso neues Personal eingestellt, sodass sie bis zu 450 Menschen am Tag immunisieren können. An sieben Tagen in der Woche hat das Impfzentrum von acht bis 20 Uhr offen, denn so können auch Leute nach ihrer Arbeit kommen.
«Unbürokratisch, ohne Terminvereinbarung und ohne Voranmeldung.» Der Grund, dieses Zentrum auf die Beine zu stellen, war die Verzweiflung von so vielen, die Schwierigkeiten hatten, kurzfristig eine Impfmöglichkeit zu finden. «Ich hörte bei den vielen verzweifelten Patienten meines Mannes, wie schwer es selbst Risiko-Patienten haben, an einem passenden Tag einen Impftermin zu bekommen.» Da habe sie gedacht, frei nach ihrem Lebensmotto: Einfach mal machen, es könnte ja super werden, meint Livia Katz. «Ich wollte nicht nur vereinzelt den Patienten Termine besorgen, sondern selbst Teil der Lösung sein.» Das war die Motivation, neben dem normalen Sprechstundenalltag noch das Zentrum aufzubauen. «Der Stress ist schon sehr hoch, erholen können wir uns derzeit gar nicht», sagt Katz.
DOSEN Allerdings ist die Infrastruktur eines Zentrums das eine, das andere sind die benötigten Ampullen. Kaum im Amt, hat der neue Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bei seiner Impfstoffinventur festgestellt, dass es zu wenig Phiolen gibt. «Wir haben bei der Bestellung von BioNTech Junior auch nur die Hälfte bekommen», sagt Katz. Da sei dann ein gutes Management gefragt, denn die Nachfrage gerade bei Kindern nach Terminen sei hoch, und kein Arzt möchte seine Patienten ungespritzt nach Hause schicken, weil es zu wenig Vakzin gibt.
Andererseits möchte auch kein Mediziner eine Ampulle anstechen, um dann einige Portionen wegwerfen zu müssen, weil alle Patienten bereits versorgt sind. In einer Phiole ist immer ein Konzentrat für sechs Impfungen bei den Erwachsenen, bei Kindern zehn.
Nach Öffnung muss es in den nächsten Stunden verimpft sein, da es nicht lange haltbar ist. «Es ist eine Schande, wenn man eine Spritze wegschmeißen muss», so Livia Katz. Da ist eine genaue Kalkulation gefragt. Was die gute Planung auch nicht gerade leichter macht, ist, dass es erst wieder in einem Monat möglich sein wird, BioNTech Junior nachzubestellen. Zusätzlich erschwerend kommt dazu, dass in diesen Tagen eine Reduzierung der Liefermenge angekündigt wurde.
Erst in einem Monat wird es wieder möglich sein, BioNTech Junior nachzubestellen.
Auch das Boostern sei derzeit sehr gefragt. Nach Johnson & Johnson kann man sich nach vier Wochen die nächste Spritze abholen, nach den anderen Impfstoffen sollten fünf Monate dazwischenliegen. Manche Leute mit Vorerkrankungen fragen auch nach einem Termin nach zwei bis drei Monaten. «Sie sind alle dankbar, wenn es reibungslos klappt.»
Auch einige Impfdurchbrüche habe es bereits gegeben. Sogar einen nach einer Booster-Impfung. «Erst dann, wenn wir wissen, dass der Verlauf eher unauffällig ist und die Intensivstationen nicht mehr am Limit sind, hätten wir es geschafft.»