»Ich hatte nicht mehr damit gerechnet, dass mir das noch passiert«, freut sich Albrecht Weinberg darüber, dass ihm die Ehrenbürgerwürde der Stadt Leer verliehen wurde. Mit dieser Auszeichnung sei er, der als Jugendlicher ins KZ deportiert wurde, Todesmärsche überlebte und seine Eltern in Auschwitz verlor, jetzt als »Mensch groß geworden«, wie es der 98-Jährige auf den Punkt bringt. Über seine Erlebnisse berichtet er – immer noch – vor Schülern.
Vor 13 Jahren ist Weinberg in seine alte Heimat zurückgekommen. »Er hat sich seitdem unermüdlich für die Erinnerungsarbeit eingesetzt. Durch sein großes Engagement, insbesondere in der Arbeit mit jungen Menschen in den Schulen, hat er einen nachhaltigen Beitrag gegen das Vergessen geleistet«, sagte Ratsvorsitzender Hauke Sattler vergangene Woche im Leerer Rathaus, wo der 98-Jährige die Auszeichnung erhielt.
geschwister In Westrhauderfehn wurde Weinberg geboren – auch in dieser Gemeinde ist er mittlerweile Ehrenbürger. Seine Geschwister Dieter und Friedel überlebten ebenfalls.
1947 emigrierte Weinberg gemeinsam mit seiner Schwester nach New York. Denn auch nach Kriegsende sei er in Deutschland »genauso wenig gewollt gewesen wie in der Nazizeit«. In Amerika arbeitete er zunächst als Laufbursche und führte später eine Fleischerei am Broadway. »Es war eine gute Zeit.«
Fast 40 Jahre lang habe er keinen Fuß mehr nach Deutschland setzen wollen, vor allem nicht in seine alte Heimat, so Weinberg. Doch 1985 nahmen die Geschwister eine Einladung der Stadt Leer an, »um jüdische Schicksalsgenossen wiederzusehen«. Es folgten weitere Besuche. Als ihnen der Religionslehrer der früheren jüdischen Schule dann ein Gruppenfoto von damals schickte, änderten sie ihre Meinung und kamen zurück.
seniorenresidenz Weinbergs Schwester starb in Leer. Weinberg lebte zwischenzeitlich in einer Seniorenresidenz, da seine Sehfähigkeit nachließ. Doch er konnte in eine Wohngemeinschaft mit Gerda Dänekas umziehen. »Mir ist es noch nie so gut gegangen.«
Und er freut sich schon auf die nächste Ehrung. Denn er soll auch die Hermann-Tempel-Medaille erhalten. Gern würde er einmal wieder eine Synagoge besuchen. »Aber in Leer gibt es keine. Und Oldenburg ist für mich weit weg.« Einer seiner großen Wünsche: Auf dem Grundstück der ehemaligen Synagoge sollte eine Gedenkstätte errichtet werden.