Das Jüdische Krankenhaus Berlin (JKB) könnte im nächsten Jahr in seiner Existenz bedroht sein. Grund seien die Inflation, gestiegene Energiekosten und die Ungleichbehandlung gegenüber Krankenhäusern, die in der Hand des Berliner Senats sind. Das sagte Brit Ismer, kaufmännische Direktorin des Jüdischen Krankenhauses Berlin, beim Neujahrsempfang am Donnerstag.
Die Einnahmen würden die Kosten nicht mehr decken. »Wir brauchen eine ordentliche Finanzspritze. Meine Bitte an die Politiker lautet, dass sie alles dafür tun müssen, dass wir weiter existieren können«, meinte auch Mitarbeiterin Zwetana Einhorn, Leiterin einer Station, in einem Podiumsgespräch.
neujahrsempfang Zum Neujahrsempfang des Jüdischen Krankenhauses waren neben Berlins Regierendem Bürgermeister Kai Wegner (CDU) weitere Politiker, Klinik-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter sowie Repräsentanten der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, unter ihnen auch der amtierende Gemeindechef Gideon Joffe, erschienen.
Die landeseigenen Krankenhäuser erhalten von der Stadt Zuschüsse, die den Kliniken, die in privater oder frei-gemeinnütziger Hand sind – wie das Jüdische Krankenhaus – nicht zur Verfügung stehen. »Die privilegierte Finanzierung von Vivantes mit zusätzlichen öffentlichen Mitteln verschlechtert die Situation aller anderen nicht-öffentlich getragenen Berliner Krankenhäuser«, so Ismer.
Es sei zwar verständlich, dass sich das Land Berlin seinen eigenen Einrichtungen gegenüber in einer besonderen Verantwortung sieht, dies dürfe aber nicht dazu führen, andere Klinikträger massiv zu benachteiligen.
trägervielfalt »Das Jüdische Krankenhaus gehört zu Berlin, es wurde noch vor dem Roten Rathaus und dem Reichstag gebaut und ist nach der Charité das zweitälteste der Stadt«, sagte der Regierende Bürgermeister. Es sei ihm ein Anliegen, sicherzustellen, dass die Trägervielfalt der Kliniken erhalten bleibe. »Wir werden alles dafür tun.«
In den nächsten Tagen werde es dazu Gespräche geben, kündigte Wegner an. Mitarbeiter aus 50 Nationen seien im Jüdischen Krankenhaus im Einsatz, so Ismer. Insgesamt arbeiten etwa 840 Angestellte in dem Haus, das über 400 Betten verfügt. Die Patienten werden unabhängig von ihrer Religion versorgt.
»Berlin ist offen für alle. In dieser Stadt sollen alle friedlich leben können. Keinen einzigen Zentimeter werden wir den Antisemiten geben«, sagte Wegner. Jüdinnen und Juden seien ein Geschenk für die Stadt und für Deutschland. Es gebe auch eine Verantwortung für alle, sich für ein tolerantes und weltoffenes Berlin einzusetzen.
chabad Am Mittwochabend vergangener Woche besuchte Wegner auch den Neujahrsempfang der Jüdischen Gemeinde Chabad Berlin – ebenso wie zahlreiche Repräsentanten aus Politik und Gesellschaft. Erstmals fand dieser Empfang im neuen »Pears Jüdischen Campus« statt. Unter den Gästen waren Bundesjustizminister Marco Buschmann und Bundesfamilienministerin Lisa Paus.
Buschmann sagte: »Rosch Haschana ist ein ernstes Fest, aber eben auch ein Fest der Zuversicht, dass man Fehler überwinden kann, dass man sich vergeben kann.« Niemand habe zu bestimmen, wie weit der Wille zur Vergebung reicht oder reichen müsse. »Die deutsche Politik und die Gesellschaft haben allerdings darauf hinzuwirken, dass Dinge, die nur schwer zu vergeben sind, sich nicht ereignen.«
Dabei verwies er auf den Anstieg der Zahl antisemitischer Straftaten in Deutschland: »Das ist eine Schande für unser Land, dass Jüdinnen und Juden sich hier nicht sicher fühlen können. Das dürfen wir niemals akzeptieren. Und deshalb bemühen wir uns darum, auch Maßnahmen zu ergreifen, dagegen klipp und klar vorzugehen.«
Rabbiner Yehuda Teichtal unterstrich, dass es trotz der Herausforderungen wichtig sei, nach vorn zu schauen und weiterzugehen. In diesem Sinne kündigte er weitere Projekte der Jüdischen Gemeinde Chabad Berlin an, unter anderem den Vergrößerungsbau der Synagoge an der Münsterschen Straße und die Eröffnung eines jüdischen Zentrums für Touristen am Kurfürstendamm. cs/ddk