München

Solidarität statt Gleichgültigkeit

Charlotte Knobloch, Konrad O. Bernheimer, Reiner Schübel und Andreas Renz (v.l.) Foto: GCJZ

Der Auftakt zur Woche der Brüderlichkeit in München dürfte bis auf Weiteres das letzte große Event im Saal des Alten Rathauses gewesen sein. Inzwischen haben Stadt und Freistaat wegen der Corona-Pandemie alle kulturellen Aktivitäten auf Null heruntergefahren.

Festredner Konrad O. Bernheimer sprach jedoch noch vor einem voll besetzten Saal, wie auch der Gästeliste zu entnehmen war. Erschienen waren Kardinal Reinhard Marx, die Rabbiner Shmuel A. Brodman und Steven E. Langnas, die Münchner Ehrenbürgerinnen, Alt-Bürgermeisterin Gertraud Burkert und IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch, sowie Ludwig Spaenle, Beauftragter für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus.

antisemitismus Bayern Justizminister Georg Eisenreich überbrachte nicht nur die Grüße der Staatsregierung, sondern fand auch deutliche Worte gegen um sich greifenden Hass, Vorurteile, Ausgrenzung und Antisemitismus: »Wenn sich 75 Jahre nach der Befreiung Antisemiten aus der Deckung wagen, müssen wir handeln, und zwar entschlossen.« Er bekräftigte auch einen Satz, den man inzwischen immer wieder hört: »Antisemitismus hat in Bayern keinen Platz.«

In der Zivilgesellschaft, so Eisenreich, könne jeder etwas tun. Meinungsfreiheit ende da, wo das Strafrecht beginne. Die Justiz in Bayern gehe gegen geistige Brandstifter vor. Es gebe inzwischen auch Beauftragte gegen »Hate Speech« an allen Gerichten Bayerns.

Der rechten Gewalt demokratische Kräfte entgegensetzen, fordert Kulturreferent Anton Biebl.

Unmissverständliche Worte fand in Vertretung des Oberbürgermeisters auch der Münchner Kulturreferent Anton Biebl. Ein zunehmendes Gefühl der Entsolidarisierung zeige, wie notwendig es sei, der rechten Gewalt alle demokratischen Kräfte entgegenzusetzen. Man dürfe das Feld nicht den Antidemokraten überlassen.

beispiele Biebl nannte mehrere Beispiele. Aus dem Gedenkakt für die Opfer des Brandanschlags auf das jüdische Gemeindehaus 1970 erwachse ein neues Forschungsprojekt über die Biografien der sieben Ermordeten. Sein Hinweis auf die Internationalen Wochen gegen Rassismus in München hat sich inzwischen allerdings erledigt – wegen der Absage aller Veranstaltungen.

Ein ergreifender Moment waren die Standing Ovations, die der Unternehmer, Kunsthändler und Autor Konrad O. Bernheimer, launig eingeführt von Reiner Schübel, dem evangelischen Vorsitzenden der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in München, am Ende seiner Ansprache erhielt. Bernheimer erläuterte, warum er sich sein Leben lang zwischen zwei Stühlen gefühlt habe – als Sohn eines assimilierten deutschen Juden, der im venezolanischen Exil Suizid beging, und einer tief katholischen Mutter.

Bernheimers Appell gegen »das Nicht-Hinschauen, die Gleichgültigkeit, das sich Nicht-Einsetzen für die anderen«, das seine Familie in den 30er-Jahren erlebte, hat tagesaktuelle Brisanz.

Porträt der Woche

Die Zuhörerin

Mariya Dyskin ist Psychologin und möchte sich auf Kriegstraumata spezialisieren

von Gerhard Haase-Hindenberg  16.03.2025

Berlin

Staatsanwaltschaft: Deutlich mehr antisemitische Straftaten

Im vergangenen Jahr wurden 756 Fälle registriert

 16.03.2025

Erfurt

Israelischer Botschafter besucht Thüringen

Botschafter Ron Prosor wird am Montag zu seinem Antrittsbesuch in Thüringen erwartet

 15.03.2025

Interview

»Wir reden mehr als früher«

Rabbiner Yechiel Brukner lebt in Köln, seine Frau Sarah ist im Herbst nach Israel gezogen. Ein Gespräch über ihre Fernbeziehung

von Christine Schmitt  13.03.2025

Bundeswehr

»Jede Soldatin oder jeder Soldat kann zu mir kommen«

Nils Ederberg wurde als Militärrabbiner für Norddeutschland in sein Amt eingeführt

von Heike Linde-Lembke  13.03.2025

Hamburg

Hauptsache kontrovers?

Mit der Verleihung der Buber-Rosenzweig-Medaille wurde die »Christlich-Jüdische Zusammenarbeit 2025 – 5785/5786« eröffnet. Die Preisträger sind in der jüdischen Gemeinschaft umstritten

von Heike Linde-Lembke  13.03.2025

Purim

Schrank auf, Kostüm an

Und was tragen Sie zum fröhlichsten Fest im jüdischen Kalender? Wir haben uns in der Community umgehört, was in diesem Jahr im Trend liegt: gekauft, selbst gemacht oder beides?

von Katrin Richter  13.03.2025

Feiertag

»Das Festessen hilft gegen den Kater«

Eine jüdische Ärztin über Alkoholkonsum an Purim und die Frage, wann zu viel wirklich zu viel ist

von Mascha Malburg  13.03.2025

Berlin

Persien als Projekt

Eigens zu Purim hat das Kunstatelier Omanut ein Wandbild für die Synagoge Pestalozzistraße angefertigt

von Christine Schmitt  13.03.2025