Potsdam

Sieben Segen

Die Synagoge zum Weißen Storch in Wroclaw (Breslau) wird Ort eines einmaligen Ereignisses sein. Am 2. September wird hier das Potsdamer Abraham Geiger Kolleg vier Rabbiner ordinieren und drei Kantoren in ihr Amt einführen. Das Kolleg setzt anlässlich des Kriegsausbruchs vor 75 Jahren ein besonderes Zeichen. Die Teilnahme von Außenminister Frank-Walter Steinmeier unterstreicht die Bedeutung dieser Feier.

In seinem Geleitschreiben für die Festschrift betont der deutsche Außenminister: »Wir werden Zeugen eines Ereignisses, das noch vor mehreren Jahren undenkbar gewesen wäre: Fast auf den Tag genau 75 Jahre nach dem verbrecherischen deutschen Überfall auf Polen feiern Deutsche und Polen gemeinsam die Renaissance jüdischen Lebens in Breslau.«

Gleichzeitig erinnert Steinmeier an Abraham Geiger: »Wenn wir in Breslau seines 140. Todestages gedenken und auf Initiative des Potsdamer Kollegs, das seit 1999 seinen Namen trägt, hier eine Rabbinerordination feiern, dann schließt sich in mehrerer Hinsicht ein Kreis.« Weitere Gäste der Ordination werden hochrangige Vertreter der jüdischen Gemeinschaft Polens sowie der polnischen Regierung sein.

Kantoren Zusammen mit Rabbinerin Gesa Ederberg stand Sofia Falkovitch häufig an der Bima der Synagoge Oranienburger Straße. Sie wurde in Moskau in eine Künstlerfamilie hineingeboren und wuchs in Berlin auf. Ihre Familie prägte auch ihre Interessen, und so studierte sie Musik, Kunst sowie Journalismus in Deutschland und Kanada. Außerdem trat sie immer wieder bei internationalen Festivals und Konzerten auf. Sie verfügt über eine klassische Gesangsausbildung und weist ein breit gefächertes musikalisches Interesse auf.

Während ihres Studiums am Abraham Geiger Kolleg verbrachte sie ein Jahr in Jerusalem und studierte dort an der School of Sacred Music am Hebrew Union College und am Steinsaltz Institute. Finanziell unterstützt wurde sie als Stipendiatin vom Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerk (ELES).

Luxemburg In ihrer Abschlussarbeit beschäftigte sich Sofia Falkovitch mit Samuel Naumburg, einem deutsch-französischen Kantor und Komponisten (1917–1880), und dessen Einfluss auf die Synagogalmusik. Die angehende Kantorin ist verheiratet und hat eine kleine Tochter. Nach ihrer Investitur wird sie in der liberalen Gemeinde von Luxemburg als erster weiblicher Kantor amtieren.

Aviv Weinberg hat am Kantorenseminar des Abraham Geiger Kollegs studiert und ist an der Universität Potsdam im Masterstudiengang »Jüdische Studien« immatrikuliert. Auch sie ist Stipendiatin des Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerks.

Vor ihrem Kantorenstudium hat sie einen Bachelorabschluss in Musik an der Rubin Academy for Music and Dance in Jerusalem erlangt. Sie hat im Laufe ihres Studiums Gelegenheit gehabt, mit einer Reihe namhafter Kantoren aus Israel und den USA wie Eliyahu Schleifer, Josee Wolf, Danny Maseng und Israel Goldstein zusammenzuarbeiten.

Prinzenhochzeit Während ihrer Praktika lernte Aviv Weinberg die liberalen jüdischen Gemeinden von Göttingen, München, Hannover und Hamburg sowie der Jüdischen Gemeinde zu Berlin kennen. In ihrer Freizeit bestritt sie bereits eine Vielzahl von öffentlichen Auftritten, darunter eine Gedenkfeier zur Erinnerung an Rabbiner Leo Trepp, aber auch die Hochzeit von Georg Friedrich Prinz von Preußen mit Prinzessin von Isenburg im August 2011 in Potsdam.

Alexander Zakharenko wurde in Russland geboren. Er schloss 1992 sein erstes Studium am Historischen Institut der Universität Tyumen ab und war 1993 Mitbegründer der liberalen jüdischen Gemeinde »Madregot«. 1997 wanderte er nach Israel ein und studierte an der Rubin Academy of Music in Jerusalem. Von 2001 bis 2003 arbeitete er für die Jewish Agency als Schaliach in Russland.

2008 nahm er sein Studium am Kantorenseminar des Abraham Geiger Kollegs in Potsdam auf. Das Thema seiner Magisterarbeit in Jüdischen Studien lautet: »Aron Friedmann – Kantor und Musikwissenschaftler«. Alexander Zakharenko ist Mitglied der European Cantors Conference und wird nach seiner Investitur in der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen in Erfurt als Kantor arbeiten.

Offizierin Unter den drei Rabbiner-Kandidaten, die ordiniert werden, ist Julia Margolis die einzige Frau. Margolis wurde in Moskau geboren. Als sie zwölf Jahre alt war, wanderte sie mit ihrer Familie nach Israel aus. Dort beendete sie ihre Schulausbildung und diente in der Armee als Lehrer-Offizierin. Nach Ableistung ihres Wehrdienstes 2000 erwarb sie an der Ben-Gurion-Universität Beer Sheva ihren Bachelor in Jüdischer Geschichte, Islam und Kunst. Ihren Master in Jüdischen Studien erlangte Margolis 2005.

Die Familie der angehenden Rabbinerin ist tief im liberalen Judentum verwurzelt. Margolis’ Mutter war die erste russischsprachige Rabbinerin in Israel. Sie selbst hat bereits für eine Reihe von liberalen jüdischen Organisationen gearbeitet, unter anderem bei Sommer- und Wintercamps auf der ganzen Welt. Seit 2009 arbeitet sie mit der liberalen jüdischen Gemeinschaft von Südafrika. Als Teil ihres Praktikums arbeitete sie als Assistenzrabbinerin in Beit Emanuel in Johannesburg. Seit drei Jahren ist sie für die South African Union for Progressive Judaism (SAUPJ) in verschiedenen Synagogengemeinden tätig.

Johannesburg Menachem Finkelsteins Buch Proselytism – Halakhah and Practice hat es ihr besonders angetan, und so beschäftigt sie sich in ihrer Abschlussarbeit mit seinen Thesen. Sie lebt mit ihrem Mann und zwei Töchtern in Johannesburg und wird nach ihrer Ordination als die erste Rabbinerin Südafrikas für die SAUPJ arbeiten.

Nils Ederberg wurde in Hannover geboren. Nach seinem Schulabschluss in Großbritannien studierte er in Tübingen, Jerusalem, Heidelberg und Berlin. Das Thema seiner Magisterarbeit in Judaistik war die Debatte über das Wesen des Judentums um 1900. In seiner rabbinischen Abschlussarbeit widmet er sich der Frage, wer bei künstlicher Befruchtung, In-Vitro-Fertilisation, Samenspende, Eizellspende und Leihmutterschaft nach jüdischem Recht die Eltern sind. Er ist mit Gesa Ederberg verheiratet und hat drei Kinder.

Jonas Jacquelin ist in Paris geboren und aufgewachsen. Er engagierte sich in der dortigen jüdischen Gemeinschaft. An der Sorbonne erwarb er einen Abschluss in Jüdischen Studien und begann anschließend am Abraham Geiger Kolleg seine Ausbildung zum Rabbiner, die ihn während des Studienjahres in Israel auch ans Hebrew Union College und das Steinsaltz Institute in Jerusalem führte.

Paris Seine Magisterarbeit trägt den Titel »The Defense of Maimonides by Yom Tov Ben Abraham from Seville in his Sefer ha-Zikkaron«. Darin beschäftigt sich Jacquelin mit philosophischen und mystischen Tora-Kommentaren und der Kontroverse um das Studium der Philosophie im Mittelalter. Nach seiner Ordination zum Rabbiner wird Jonas Jacquelin für die Union Libérale Israélite de France in der Synagoge Rue Copernic in Paris arbeiten. Er ist verheiratet und Vater einer kleinen Tochter.

Fabian Sborovsky wuchs in Paraguay und Israel auf und studierte in den USA und in Schweden. An der Vanderbilt University erhielt er seinen Magistertitel in Jewish Studies. Im Zuge seiner Rabbinerausbildung war er bereits in jüdischen Gemeinden in Spanien, in der Schweiz und in Schweden tätig. Sborovsky engagiert sich im interreligiösen Dialog und in der jüdischen Bildungsarbeit. Das Thema seiner Rabbinischen Abschlussarbeit lautet: »The Righteous among the Nations – A view of the Identity and Afterlife of Non-Jews in the Jewish Tradition«. hso/AGK

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