Diesmal stand der Bayerische Ministerpräsident vor allem als Preisträger auf der Bühne. Der Präsident der Europäischen Rabbinerkonferenz (CER), Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt, zahlreiche Politiker, Vertreter des konsularischen Corps sowie Mitglieder und Freunde der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern waren am vergangenen Dienstag in der Münchner Residenz zusammengekommen, um Markus Söder zu ehren.
Mit der Verleihung des diesjährigen Lord-Jakobovits-Preises zeichnete die Rabbinerkonferenz, die über 700 Gemeinde-rabbiner aus ganz Europa vertritt, den Ministerpräsidenten für seinen Beitrag »zum Schutz sowie zur Förderung jüdischen Lebens in Europa« aus. Auch Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, hob in ihrer Laudatio für Markus Söder dessen »langjährigen und unermüdlichen Einsatz« für die jüdische Gemeinschaft hervor: »In Ihnen haben jüdische Menschen in Bayern seit vielen Jahren einen guten, einen verlässlichen Freund, einen festen Partner und einen treuen Verbündeten. Das spüren wir im Umgang mit Ihnen«, sagte Knobloch im Kaisersaal.
Als Beispiel nannte die IKG-Präsidentin Söders Solidaritätsbesuch.
Der Namensgeber des seit 2011 vergebenen Preises, der ehemalige CER-Präsident und Oberrabbiner von Großbritannien, Lord Immanuel Jakobovits (1921 bis 1999), habe den Wert des Glaubens in einer sich immer rascher modernisierenden Welt betont. Er strebte eine gedeihliche Verbindung von Tradition und Moderne an. »Eine aus religiösen Grundwerten gespeiste Toleranz und ein fruchtbares Miteinander von Heimatoffenheit und Weltoffenheit: Das verkörpern Sie, sehr geehrter Herr Söder, seit jeher. Für unser ganzes Land und speziell für die jüdische Gemeinschaft«, begründete Charlotte Knobloch die hohe persönliche Ehrung für den Ministerpräsidenten.
Dieser verbinde das klare Bekenntnis zu einem Zusammenleben in Respekt mit der Bereitschaft, auch und besonders dann an der Seite der jüdischen Bayern zu stehen, wenn traurige Anlässe es erforderten. Als Beispiel nannte die IKG-Präsidentin Söders Solidaritätsbesuch in der Münchner Hauptsynagoge im September 2019, nachdem es zuvor in München zu mehreren antisemitischen Übergriffen gekommen war. »Wir waren damals fassungslos. Sie haben uns Sicherheit gegeben, Halt und Orientierung, mit Ihrem Satz ›Ihre Sorgen sind unsere Sorgen‹.« Söder habe die Worte gefunden, die die jüdischen Menschen hätten hören wollen und hören müssen, so Knobloch. »Es sind die Worte, die zeigen, dass wir als Bürger des Landes ernst genommen werden.«
Und bei Worten sei es nicht geblieben. Knobloch verwies unter anderem auf den erst vor wenigen Wochen unterzeichneten neuen Staatsvertrag, der ein »grundsoli- des Fundament« für das jüdische Leben in Bayern darstelle. Alles in allem war für sie klar: »Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, Sie sind unser Schutzpatron.«
Auch CER-Präsident Pinchas Goldschmidt dankte Söder für dessen klare Haltung im Kampf gegen Hass und Antisemitismus: »Ihr Einsatz sucht seinesgleichen in Europa. Bayern ist ein großes Vorbild.« In seiner Ansprache erinnerte er daran, wie im Mittelalter die ersten jüdischen Kaufleute an der Donau das heutige bayerische Gebiet erreichten. In Regensburg siedelten sich Händler an, es entwickelte sich ein blühendes Gemeindeleben. Zugleich mahnte Goldschmidt die Anwesenden eindringlich, dass sie sich nur wenige Meter von dem Ort entfernt befänden, an dem Hitlers Putschversuch gescheitert war: »München war die Stadt, in der die Pogromnacht begann.« Viele Jahrzehnte später seien 2022 aus München anlässlich der 32. CER-Vollversammlung aber ganz andere Bilder um die Welt gegangen: die eines lebendigen Judentums.
SIGNAL Nach der erfolgreichen Veranstaltung im vergangenen Jahr, die erstmals überhaupt in München stattfand, spielt die bayerische Landeshauptstadt auch in Zukunft eine wichtige Rolle für die Rabbinerkonferenz: In den nächsten Wochen wird der CER-Hauptsitz von London an die Isar verlegt. Es sei ihm eine Ehre, dass die Rabbinerkonferenz dauerhaft nach München kommt, eröffnete der Ministerpräsident seine Dankesrede, um in der Folge seine »verrückte Gefühlswelt« in dieser Stunde zu erklären, in der auch Scham und Unsicherheit mitschwingen würden. »Es berührt mich sehr«, so Söder. Als Jugendlicher habe ihn die Fernsehserie Holocaust geprägt: »Ich habe es nie vergessen. Es hat mich nie wieder losgelassen. Was Menschen anderen Menschen antun konnten, hat mich tief getroffen. Es war ein Schock. Und ein Schritt zur politischen Bewusstwerdung.« Antisemitismus solle nie wieder eine Chance haben, seine Devise sei deshalb klar, so Ministerpräsident Söder: »Null Toleranz gegenüber Intoleranten.«
MUT Geehrt fühle er sich an diesem Abend auch von den lobenden Worten von Charlotte Knobloch, »die als junges Mädel hat erleben müssen, wie Menschen böse werden, von denen man es nicht gedacht hätte«. Dass sie nach der historischen Zäsur doch zurückkam nach München, beeindruckte ihn persönlich: »Ich weiß nicht, ob ich das geschafft hätte. Ich habe Verständnis für jeden, der sich schwertut mit Vergebung. Doch Sie, Frau Knobloch, haben das Gegenteil getan: Vergebung gezeigt, motiviert und Mut gemacht.« Um die neue jüdische Realität zu sichern, seien im neuen Staatsvertrag die Mittel für die jüdischen Gemeinden in Bayern deutlich aufgestockt worden, so Söder.
Die »intrinsische Motivation« des neuen Lord-Jakobovits-Preisträgers hob Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden, in seiner Rede hervor. Schuster betonte: »In Bayern fühlen sich Jüdinnen und Juden nicht nur geschützt, sondern auch willkommen.« In einem München, das zum Zentrum der Europäischen Rabbinerkonferenz aufsteigt, gilt das in Zukunft noch umso mehr.