Klappen die Tanzschritte? Können alle Sänger ihren Text? Sitzen die Kostüme? Soll doch noch eine Extraprobe anberaumt werden? Die Vorbereitungen auf die Jewrovision in München laufen auf Hochtouren. Die Bedingungen sind dabei nicht für alle Jugendzentren gleich. Doch viele kleinere Gemeinden machen den Mangel an Geld, Räumlichkeiten, geeigneten Trainern und begabten Choreografen mit viel Engagement und Kreativität wett.
Mit 27 Kindern und Jugendlichen wird das Jugendzentrum Recklinghausen nach München fahren. »Wir sind wohl die kleinste jüdische Gemeinde, die mitmacht«, sagt Illya Giventar vom Jugendzentrum Agada und bestätigt: »Natürlich ist es nicht immer leicht, Proben zu organisieren, wenn man nicht über große Räume und viele Mithelfer verfügt.«
gemeinsam Einfach in einen Laden zu gehen und schicke Kostüme für den Auftritt zu kaufen, war angesichts der begrenzten finanziellen Mittel nicht drin. »Wir haben sie dann einfach selbst angefertigt. Bis hin zum Hausmeister haben uns ganz viele Gemeindemitglieder dabei geholfen.«
Ein »kleines, familiäres Projekt« nennt Giventar das Abenteuer Jewrovision, bei dem jeder im Rahmen seiner Möglichkeiten mithilft. »Wir haben zum Beispiel ein 14-jähriges Mädchen, das erst vor einem Monat nach Deutschland gekommen ist. Obwohl sie nicht mitfahren konnte, hat sie mitgeholfen und Essen zubereitet.«
Gut vorbereitet sei man und außerdem ja nicht zum ersten Mal dabei. »Das diesjährige Motto ›back to the roots‹ haben wir nicht wörtlich genommen. Wir werden eher auf die Lebensgeschichten der Kinder eingehen«, beschreibt Giventar den Showact seiner Schützlinge. »Es geht darum, was uns zu den Menschen gemacht hat, die wir sind – und auch darum, dass man stolz ist, aus dieser kleinen Stadt und diesem kleinen Jugendzentrum zu kommen.«
Spannung In der Gemeinde werde schon richtig mitgefiebert. »Wir werden unser Programm dann auch später auf der Purimfeier vorstellen. Darauf freuen sich alle schon sehr.« Zumal die wenigen Andeutungen, die über Lied und Interpretation fallen, sehr spannend klingen: »Wir wollen die anderen Städte überraschen. Der Auftritt wird etwas ganz Neues beinhalten. Mehr muss die Konkurrenz gar nicht wissen«, erzählt Giventar und lacht.
Und auf welches Ergebnis hofft man bei der Jewrovision? »Ehrlich gesagt: Auf den ersten Platz«, sagt der Student der Wirtschaftsingenieurwissenschaften, der zum Studium nach Recklinghausen gezogen war, ein bisschen sehnsüchtig.
»Nach drei Monaten harter Arbeit träumen wohl alle Teilnehmer davon, dass sie gewinnen. Und es wäre schon sehr schön für uns – eigentlich lautet unser Ziel jedoch, die Großen zu ärgern.« Die Jugendlichen freuten sich jedoch hauptsächlich darauf, »in die große Stadt zu reisen und ihre Freunde, die sie bei den Machanot kennengelernt haben, wiederzutreffen«.
Feinschliff Auch in Freiburg ist man schon sehr aufgeregt. »Noch zwei Proben, in denen es um den Feinschliff geht, dann fahren wir nach München«, freut sich Anna Nedlin vom Jugendzentrum Ekew. »Wir sind mit rund 700 Mitgliedern, soweit ich weiß, die zweitkleinste teilnehmende Gemeinde«, sagt die 24-Jährige, die aus Frankfurt zum Geschichtsstudium in den Breisgau zog.
»Wir haben alles an Ressourcen mobilisiert, was wir haben. Die Leiterin des Gemeindechors hat mit den Sängern geübt. Wirklich jeder hat mehr gemacht, als nur aufzutreten oder zu den Proben zu kommen«, beschreibt Nedlin die Vorbereitungen auf das große Event. »Was mir dabei ganz wichtig ist: Der Wunsch, an der Jewrovision teilzunehmen, kam von den Kindern und Jugendlichen selbst.«
Auf ein Casting wurde bewusst verzichtet. »Jeder, der wollte, konnte mitmachen und ein wichtiger Teil der Aufführung werden.« Auch um die Logistik kümmerten sich die Jugendlichen. »Sie haben die Termine selbst koordiniert, was allein schon ein Riesenaufwand ist, denn die Kinder sind in der Woche sehr beschäftigt.« Die Choreografie wurde ebenfalls in Eigenregie erstellt. »Einen Teil hat sich beispielsweise ein 13-jähriger Junge ausgedacht. Eigentlich hat jeder Ideen eingebracht. Denn so ist das eben bei uns in Freiburg: Wir machen das selbst.«
Zukunft Genaueres über die Darbietung will auch Nedlin nicht verraten. »Wir haben das Motto ›back to the roots‹ dahingehend interpretiert, dass wir zeigen wollen, wie wir die Traditionen mit in die Zukunft nehmen, dass sie das Fundament sind, auf dem das Haus der Zukunft gebaut wird. Es wird darum gehen, wie aus Altem Neues geschaffen wird.« Bei einer Generalprobe, bei der die Eltern zuschauen durften, sei das Programm sehr gut angekommen.
»Natürlich wollen wir einen guten Platz erreichen. Niemand geht in einen Wettbewerb, wenn er nicht gewinnen will. Aber die Konkurrenz ist hart«, sagt Nedlin. »Vor zwei Jahren waren wir die besten Teilnehmer unter den kleinen Jugendzentren, das würden wir natürlich diesmal auch gern wieder schaffen.« Bleibt noch Karlsruhe: Das Team vom Jugendzentrum Re’ut hatte im vergangenen Jahr bei der Jewrovision in Berlin mit lateinamerikanischen Rhythmen und Tanzschritten den 9. Platz belegt – und wird sich auch diesmal sicher wieder viel vorgenommen haben.
Die Jewrovision 2012 online:
facebook.com/jewrovision.de?sk=wall oder
prelive.juedische-allgemeine.de