Wenn Salomon Almekias-Siegl an den nächsten Tagen die Chanukkakerzen in den Synagogen von Leipzig, Chemnitz und Dresden entzündet, wird dies seine letzte große Amtshandlung als sächsischer Landesrabbiner sein. Zum Jahresende läuft sein Vertrag aus. Denn die drei Gemeinden, die unter seiner Leitung stetig wuchsen, wollen ab 2012 jeweils einen eigenen Rabbiner berufen. In Leipzig trat Zsolt Balla bereits seinen Dienst an.
Almekias-Siegl könnte sich damit zur Ruhe setzen. Denn am 18. Dezember wird er 65 Jahre alt. Doch man muss den Mann mit den hellwachen Augen, dem vollen Haar und der kraftvoll-melodiösen Stimme nur kurz anschauen, um zu wissen: Für das Rentenalter ist er noch viel zu jung, zu vital. Er sprüht nur so vor Energie und Lust, sich weiter zu engagieren. »Ja, sicher«, lacht er wie ein großer Junge, »ich will noch viele Jahre weiterarbeiten.«
Erfolg Seit 1998 baute Almekias-Siegl das jüdische Leben im größten ostdeutschen Land wieder auf. Er war der erste und bisher einzige Landesrabbiner nach sieben Jahrzehnten Stille in der sächsischen Diaspora. So geht hier praktisch eine Epoche zu Ende. Und er war fraglos erfolgreich. Nicht nur Zahlen sprechen dafür, wie etwa die nun beinahe 3.000 Mitglieder in Chemnitz, Dresden und Leipzig.
Was er in jenen 14 Jahren zu leisten hatte, forderte ihn nicht nur als Rabbiner. Hier waren auch der promovierte Judaist, der oft selbstlose Bürger, der leidenschaftliche Kantor und nicht zuletzt der erfahrene Pädagoge gefragt. Denn weit über 90 Prozent der Mitglieder in Sachsens jüdischen Gemeinden wuchsen in der Sowjetunion auf. So sei jeder Gottesdienst stets auch ein Schiur gewesen, erzählt er.
Nachhilfe Bis heute benötige er für jede Religionsstunde noch einen Russischkundigen, der den Frauen und Männern, die in einer ganz anderen Welt assimiliert waren, den Zugang zum jüdischen Leben, zur Bedeutung jüdischer Feste vermittelt. Wie wohl kein zweiter Rabbiner in Deutschland schöpft er hier aus einem tiefen Erfahrungsschatz. Zudem belegte dieses Engagement in Sachsen fraglos auch Almekias-Siegls Bodenständigkeit und Seriosität, wie er diese zuvor schon neun Jahre in Stuttgart und elf Jahre in Berlin bewiesen hatte.
Salomon Almekias-Siegl könnte in Sach- sen bleiben. Er erbat sich dafür Bedenkzeit aus. Doch es scheint, der Weltenwanderer, der in Marokko zur Welt kam, in Israel aufwuchs, in London studierte, zwischendurch einige Jahre in den USA lebte bis es ihn nach Schwaben verschlug, sucht noch immer die Herausforderung. »Warum nicht?«, bestätigt der Junggebliebene dies lachend. »Ich würde auch gern woanders noch als Landesrabbiner arbeiten – einfach, weil die Anforderung noch etwas größer wäre.«
Gesangsunterricht Mithin möchte der agile Mann gern noch »weiterbauen«, wie er es nennt. Am liebsten wäre er wohl Rabbi, Religionslehrer und Kantor in einem. Bis heute nehme er noch Gesangsunterricht, erzählt er. So glaubt man ihm aufs Wort, wenn er verrät, dass er einst Opernsänger werden wollte. Heute ist sein Opernhaus die Synagoge – und Salomon Almekias-Siegl gefällt das auch. »Wenn ein Kantor schön singt, beeinflusst das sichtbar die Gemeindearbeit«, hat er erfahren.
Und wenn der Rabbi auch schön singen kann, quasi gleich noch den Kantor ersetze –, das sei doch für alle das Beste, denkt er: Er selbst findet Erfüllung, die Gemeinde Erbauung und ihre Schatulle Entlastung. Man schlage also zwei Fliegen mit einer Klappe. Und aus seinen USA-Jahren habe er ein Repertoire an schönen Liedern mitgebracht.