Frau Malafy, gerade hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Ihre Gemeinde besucht. Wie war das für Sie?
Es war ein so tolles Treffen, wir sind sehr begeistert, er hat sich für unsere Gemeinde viel mehr Zeit gelassen, als ursprünglich verabredet war – 45 Minuten –, wir hatten ein wunderschönes Gespräch.
Hat sich Herr Steinmeier auch herumführen lassen?
Ja, allerdings konnten wir uns gar nicht viel gemeinsam ansehen, zum Beispiel nicht den Raum für das Seniorentreffen oder den des Jugendzentrums. Wir haben überall unsere ukrainischen Flüchtlinge untergebracht, die noch keine Wohnung gefunden haben oder erst zum 15. Juni in eine eigene Wohnung umziehen werden. Ich konnte ihm die Frauenempore zeigen, und er war sehr begeistert.
Wie kam es zu dem Treffen mit dem Bundespräsidenten?
Oberbürgermeister Ralf Broß hat uns von dem Plan des Bundespräsidenten erzählt, auf seiner Tour durch Deutschland seinen Amtssitz für drei Tage nach Rottweil zu verlegen. Und OB Broß sagte uns, dass Herr Steinmeier auch die Synagoge besuchen wollte. Wir haben natürlich sofort zugestimmt. Herr Steinmeier hatte dann erfahren, dass es bei uns sehr viele Flüchtlinge aus der Ukraine gibt, eine Rabbinerfamilie aus Kiew mit neun Kindern. Der Bundespräsident wollte sich gern mit den Flüchtlingen unterhalten. Und so habe ich die Familie auch eingeladen. Oberbürgermeister Ralf Broß war ebenfalls dabei.
Mussten Sie auch traurige Dinge ansprechen, möglicherweise Antisemitismus?
Das haben wir nicht angesprochen, wir haben keine Probleme in Rottweil, das ist für uns nicht relevant.
Wie wichtig ist denn der Besuch eines so hohen Vertreters der Bundesrepublik für die jüdischen Gemeinden?
Für uns war das sehr wichtig. Wir haben viel über die Ukraine gesprochen, nicht nur über den Krieg. Wir haben auch sehr viele gemeinsame Freunde gefunden, wie den Rabbiner aus Odessa und Oberrabbiner der Südukraine, Avraham Wolff. Herr Steinmeier hatte ihn in Berlin kennengelernt, als Rabbiner Wolff die Waisenkinder aus Odessa begleitet hatte. Ich war selbst in Odessa und habe mehrere Kinder kennengelernt. Der Bundespräsident erzählte uns außerdem, dass er bei Freunden zu Besuch in der Ukraine war, in Dnipro, und sich eine wunderschöne Menora angeschaut hat. Ich komme aus Dnipro.
Da haben Sie viele private Anknüpfungspunkte gehabt?
Ja. Und ich habe viel übersetzt für die Flüchtlingsfamilien. Dabei fiel die Begrüßung viel kürzer aus als geplant. Aber unser Vorsitzender Yosyp Svobodin und Gemeinderabbiner Aaron Israel Bachkala haben dem Bundespräsidenten unsere Torarollen gezeigt und erzählt, dass wir aus Anlass unseres 20-jährigen Bestehens im Dezember eine vierte Torarolle schreiben lassen wollen. Zur Toraeinweihung haben wir ihn eingeladen.
Hat er sofort zugesagt?
Das noch nicht, aber er will es in seinem Terminkalender vormerken. Wir würden uns wirklich sehr freuen.
Mit der Geschäftsführerin der Israelitischen Kultusgemeinde Rottweil-Villingen-Schwennigen sprach Heide Sobotka.