Gedenken

Sechs Kerzen für die Toten

Wie die jüdischen Gemeinden an die Holocaust-Opfer erinnern

von Eugen El, Heide Sobotka  28.04.2022 08:09 Uhr

Foto: imago images/YAY Images

Wie die jüdischen Gemeinden an die Holocaust-Opfer erinnern

von Eugen El, Heide Sobotka  28.04.2022 08:09 Uhr

Nach dem israelischen Modell Zikaron BaSalon – Gedenken im Wohnzimmer lädt die Synagogen-Gemeinde Köln (SGK) am Abend des Jom Haschoa ihre Mitglieder in den Gemeindesaal in der Roonstraße ein. Auch die Beter aus den Dependancen in Chorweiler unter ihrem Leiter Ilya Rivin und Porz mit Ksenia Liberchuk werden teilnehmen, erzählt Chana Bennett, die die Kultur- und Eventabteilung der SGK leitet.

Das Besondere des Abends ist, dass sich hier alle Generationen zusammenfinden und in einem geschützten Raum in guter Atmosphäre austauschen, sagt Bennett. »Es können Gedichte vorgelesen werden oder Briefe, je nachdem, auf welche Weise sich die Menschen erinnern wollen.« Bislang sind rund 40 Personen angemeldet, um sich gegenseitig alte Fotos zu zeigen und ihre Familiengeschichten zu erzählen.

köln »Ein ganz besonderes persönliches Gedenken« nennt es Bennett, das die Synagogen-Gemeinde in dieser Form zum dritten Mal durchführt. Es werden Schüler, junge Erwachsene, Ältere, Zuwanderer und auch einige wenige Zeitzeugen teilnehmen, die die Schoa als Kinder überlebten, oder auch Kinder und Kindeskinder dieser Überlebenden. Rabbiner Yechiel Brukner wird ebenfalls dabei sein und seine Familiengeschichte erzählen. Für die sechs Millionen ermordeten Juden werden stellvertretend sechs Kerzen entzündet.

»Wer Hemmungen hat, kann in seiner Sprache sprechen«, ist Chana Bennett wichtig zu erwähnen. »Wir übersetzen aus allen Sprachen. Wichtig ist uns, dass sich die Menschen wie in ihrem Wohnzimmer fühlen, dies aber eben im Gemeindesaal.« Was ein wenig auch der Pandemie und den Umständen geschuldet ist. Einschränkende Maßnahmen gibt es allerdings nicht mehr. Ein Corona-Test im Vorfeld ist aber durchaus willkommen.

Der Gesprächskreis beginnt am Donnerstag um 18 Uhr und findet im Gemeindesaal Roonstraße statt.

frankfurt Mit einer Gedenkstunde erinnert auch die Jüdische Gemeinde Frankfurt am Main an die Opfer des Holocaust. Die Veranstaltung findet laut Ankündigung am Donnerstag um 18 Uhr in der Westend-Synagoge statt.

Gemeinderabbiner Avichai Apel wird zum Auftakt einen Psalm sprechen. Salomon Korn, Vorstandsvorsitzender der Frankfurter Gemeinde, begrüßt die Anwesenden. Anschließend werden Schülerinnen und Schüler der I. E. Lichtigfeld-Schule im Philanthropin eine eigens vorbereitete und gestaltete Erinnerung an die Schoa präsentieren. Kantor Yoni Rose trägt das »El Male Rachamim« vor, das Kaddisch-Gebet wird von Gemeinderabbiner Julian-Chaim Soussan gesprochen. Mit dem von Yoni Rose vorgetragenen »Ani Maamin« soll die Gedenkstunde ausklingen.

Aus Anlass des Jom Haschoa ruft die Jüdische Gemeinde Frankfurt auch in diesem Jahr dazu auf, sich sowohl digital als auch analog am »Yellow Candle«-Projekt zu beteiligen. Mit einer Jahrzeit-Kerze soll dabei der Ermordeten gedacht werden. Die jeweils einem verschleppten und ermordeten Frankfurter Juden gewidmete, in der Gemeinde erhältliche »Yellow Candle« kann in der Synagoge, aber auch zu Hause gezündet werden. Die Gemeinde bittet darum, Fotos der Kerzen auf Instagram unter dem Hashtag #YellowCandleFFM zu posten. Auch auf der Facebook-Seite der Jüdischen Gemeinde Frankfurt können sich Interessierte am gemeinsamen Gedenken beteiligen.

berlin Die Jüdische Gemeinde zu Berlin erinnert ebenfalls am Donnerstag an den 79. Jahrestag des Warschauer Ghetto-Aufstandes. Zum Gedenken vor dem Gemeindehaus Fasanenstraße werden neben dem Gemeindevorsitzenden Gideon Joffe die Vizepräsidentin des Berliner Abgeordnetenhauses, Bahar Haghanipour (Grüne), und die Bevollmächtigten des Landes Berlin beim Bund, Ana-Maria Trasnea (SPD), erwartet.

Im Anschluss an die Gedenkveranstaltung wird am Mahnmal vor dem Gemeindehaus ein Kranz niederlegt. Das jüdische Totengebet, das Kaddisch, spricht Rabbiner Yitshak Ehrenberg. Das Gebet »El Male Rachamim« (Gott voller Erbarmen) im Gedenken an die Holocaust-Opfer singt Kantor Isidoro Abramowicz.

Unter dem Motto »Jeder Mensch hat einen Namen« werden zudem am Donnerstag ab 9 Uhr vor dem Gemeindehaus die Namen der 55.696 von den Nazis ermordeten Berliner Juden aus dem Gedenkbuch des Landes vorgelesen. Die Aktion ist bis etwa 23 Uhr geplant. »Alle Berliner und Berlinerinnen sind herzlich aufgerufen, sich an der Namenslesung zu beteiligen«, erklärte die Gemeinde. Die Namenslesung wird seit 1996 jährlich veranstaltet.

hanau Um 18 Uhr gedenkt die Jüdische Gemeinde Hanau der sechs Millionen jüdischen Opfer des Nationalsozialismus. Schülerinnen und Schüler der Otto-Hahn-Schule greifen die Tradition der Namenslesung auf, verlesen die Namen der Hanauer Jüdinnen und Juden und stellen exemplarische Kurzbiografien vor.

Oberbürgermeister Claus Kaminsky wird eine Grußadresse übermitteln, teilte die Hanauer Gemeinde mit. In der Stadt erinnert die Gedenkstätte »Ehemalige Ghettomauer« am Freiheitsplatz mit individuellen Namenstäfelchen dauerhaft an die Deportation und die Ermordung der jüdischen Bürger. Die Deportationen vom 30. Mai und 5. September vom Hanauer Bahnhof aus jähren sich in diesem Jahr zum 80. Mal. An beiden Tagen werden offizielle Gedenken der Stadt und der Jüdischen Gemeinde mit der Namenslesung durch Hanauer Schüler stattfinden, kündigte die Gemeinde darüber hinaus an. Zudem werde im August dieses Jahres an mehreren Stationen im Stadtgebiet die Wanderausstellung #LastSeen der Arolsen Archives zu Gast sein.

düsseldorf Die Jüdische Gemeinde Düsseldorf lädt gemeinsam mit der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf wie in jedem Jahr zur Namenslesung ein. Ab 16.30 Uhr werden verschiedene Personen persönlich an die rund 2580 während der Schoa ermordeten Juden und Jüdinnen vor dem Rathaus erinnern.

Leo-Baeck-Preis

»Die größte Ehre«

BVB-Chef Hans-Joachim Watzke erhält die höchste Auszeichnung des Zentralrats der Juden

von Detlef David Kauschke  21.11.2024

Düsseldorf

Für Ausgleich und Verständnis

Der ehemalige NRW-Ministerpräsident Armin Laschet erhielt die Josef-Neuberger-Medaille

von Stefan Laurin  21.11.2024

Jubiläum

Religionen im Gespräch

Vor 75 Jahren wurde der Deutsche Koordinierungsrat der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit gegründet

von Claudia Irle-Utsch  21.11.2024

Uni Würzburg

Außergewöhnlicher Beitrag

Die Hochschule hat dem Zentralratspräsidenten die Ehrendoktorwürde verliehen

von Michel Mayr  20.11.2024

Engagement

Helfen macht glücklich

150 Aktionen, 3000 Freiwillige und jede Menge positive Erlebnisse. So war der Mitzvah Day

von Christine Schmitt  20.11.2024

Volkstrauertag

Verantwortung für die Menschlichkeit

Die Gemeinde gedachte in München der gefallenen jüdischen Soldaten des Ersten Weltkriegs

von Vivian Rosen  20.11.2024

München

»Lebt euer Leben. Feiert es!«

Michel Friedman sprach in der IKG über sein neues Buch – und den unbeugsamen Willen, den Herausforderungen seit dem 7. Oktober 2023 zu trotzen

von Luis Gruhler  20.11.2024

Aus einem Dutzend Ländern kamen über 100 Teilnehmer zum Shabbaton nach Frankfurt.

Frankfurt

Ein Jahr wie kein anderes

Was beschäftigt junge Jüdinnen und Juden in Europa 13 Monate nach dem 7. Oktober? Beim internationalen Schabbaton sprachen sie darüber. Wir waren mit dabei

von Joshua Schultheis  20.11.2024

Porträt

»Da gibt es kein ›Ja, aber‹«

Der Urgroßvater von Clara von Nathusius wurde hingerichtet, weil er am Attentat gegen Hitler beteiligt war. 80 Jahre später hat nun seine Urenkelin einen Preis für Zivilcourage und gegen Judenhass erhalten. Eine Begegnung

von Nina Schmedding  19.11.2024