Der Streit um einen Schweinestall in der Nähe eines jüdischen Friedhofs im unterfränkischen Willmars wird wohl von Sommer an vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) verhandelt. Zuvor wolle sich das Gericht in der Rhön vor Ort ansehen, wie weit der für 1.000 Tiere geplante Schweinemastbetrieb von den jüdischen Grabstätten entfernt ist. Das sagte eine VGH-Sprecherin in München. Dieser Ortstermin werde im April oder Mai stattfinden, im Sommer soll die mündliche Verhandlung folgen.
Problematisch Das Verwaltungsgericht Würzburg hatte im vergangenen Oktober entschieden, dass der Schweinemastbetrieb gebaut werden darf. Der Landesverband der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern hatte daraufhin eine sogenannte Berufungszulassung beantragt. In der vergangenen Woche ließ der VGH die Berufung gegen das Verwaltungsgerichtsurteil zu, »wegen besonderer rechtlicher und tatsächlicher Schwierigkeiten der Streitsache«, wie die VGH-Sprecherin erklärte.
Der Schweinestall soll rund 150 Meter neben dem jüdischen Friedhof errichtet werden. Nach Ansicht des jüdischen Landesverbands ist das nicht mit dem jüdischen Glauben zu vereinbaren. »Das ist ein Dorn für die jüdische Religion. Es gibt bei uns Leute, die noch nicht mal das Wort Schwein in den Mund nehmen. Und dann dieser Gestank bei einem Friedhof«, argumentierte Würzburgs Rabbiner Jakov Ebert.
Beschämt Gemeinderätin Ulrike Emmert sieht die Möglichkeit, unbeeinflusst um die Toten zu trauern, durch den Mastbetrieb gefährdet. Ehrenvolles Gedenken sei in der Nachbarschaft von 1.000 Schweinen kaum möglich. Bürgermeister Reimund Voß sagte auf das Urteil hin: »Es macht keinen Sinn, von der christlich-jüdischen Kultur in Deutschland zu reden, um dann mit einer Baugenehmigung die jüdische Kultur mit Füßen zu treten.«
»Über Jahrhunderte bediente man sich des Schweins, um Juden zu vespotten und zu demütigen«, kommentiert der Präsident des Landesverbandes der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern, Josef Schuster, den Richterspruch im vergangenen Oktober. »Das vermutlich rein technokratisch begründete Urteil verletzt die jüdischen Religionsvorschriften. Moralisch-ethische Grundsätze der aktuell häufig zitierten gemeinsamen christlich-jüdischen Kultur«, würden ad absurdum geführt.
Das Örtchen Willmars liegt in einem Urlaubsgebiet direkt an der Landesgrenze zwischen Thüringen und Bayern. Doch seit gut drei Jahren wird jetzt um den Schweinemastbetrieb gestritten, der möglicherweise auch das Grundwasser belasten könnte, das den zusammen mit aus überwiegend kontrolliert-biologisch gewonnenen Rohstoffen hergestellten Öko-Trunk »Bionade« bildet. ja/dpa