Nach der Zustimmung des Bundesrats und der Unterzeichnung durch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Donnerstag kann das vierte Bevölkerungsschutzgesetz, die sogenannte bundesweite Corona-Notbremse, in Kraft treten. Religiöse Zusammenkünfte sind von den Beschränkungen, die das Gesetz beinhaltet, ausgenommen. Es gelten weiterhin die diesbezüglichen Maßnahmen der Länder.
Auch wenn die »Notbremse« keine neuen Einschränkungen der Religionsausübung mit sich bringt, verzichten einige Gemeinden auf Präsenzgottesdienste. Einige tun es jedoch unfreiwillig. »Gottesdienste und religiöse Zusammenkünfte jeglicher Glaubensausrichtung in Präsenzform sind auf dem Gebiet der Stadt Hof untersagt«, heißt es in einer Allgemeinverfügung der bayerischen Stadt vom 10. April. Zudem gilt in Hof ab 20.30 Uhr eine Ausgangssperre.
Hotspot Die Sieben-Tage-Inzidenz der Corona-Fälle pro 100.000 Einwohner lag dort laut Robert-Koch-Institut vor zwei Wochen bei 571. Der aktuelle Wert vom 23. April ist mit 275 weiterhin hoch. Daher kann die Israelitische Kultusgemeinde Hof keine Gottesdienste durchführen. »Da unsere Mitglieder zumeist ältere Menschen sind, deren Hauptsprache Russisch ist, fehlt ihnen der Menschenkontakt des Gottesdienstes«, berichtet Gemeindevorsitzender Jakob Gonczarowski auf Anfrage.
Im baden-württembergischen Mannheim beträgt die Sieben-Tage-Inzidenz aktuell 205. »Bei solch hoher Inzidenz können wir momentan mit keinen Gottesdiensten rechnen«, sagt Amnon Seelig, Kantor der Jüdischen Gemeinde Mannheim. »Wir überlegen, ob wir Gottesdienste außerhalb des Gemeindehauses, am Vorplatz der Synagoge, durchführen können. Es ist aber noch nicht klar, ob das praktisch ist«, berichtet er.
»Ich vermisse die Synagoge sehr und fühle mich ohne die Regelmäßigkeit des gemeinsamen Gebets schon ein bisschen verloren.«
Kantor Amnon Seelig, Mannheim
Die Gemeinde veranstalte per Zoom jeden Freitagabend einen gekürzten Kabbalat Schabbat und jeden Schabbatausgang eine Hawdala-Zeremonie. »Unsere Gemeindemitglieder nehmen daran gern teil«, berichtet Seelig. Zugleich betont der Kantor: »Ich persönlich vermisse die Synagoge sehr und fühle mich ohne die Regelmäßigkeit des gemeinsamen Gebets schon ein bisschen verloren.«
Minjan-Gebot In der niedersächsischen Stadt Oldenburg liegt die Sieben-Tage-Inzidenz aktuell bei 131. »Wir werden in jedem Fall weiterhin Gottesdienste anbieten«, sagt Elisabeth Schlesinger, Erste Vorsitzende der dortigen Gemeinde. Das bedeutet schon seit Beginn der zweiten Corona-Welle im vergangenen Herbst »reine Online-Gottesdienste, an denen die Beter über Zoom von zu Hause aus teilnehmen können. Unsere Rabbinerin Alina Treiger besteht dabei darauf, dass es auch in der ›virtuellen Synagoge‹ einen Minjan geben muss und mindestens zehn Beter auch in derselben Zeitzone leben müssen«, erläutert Schlesinger.
Die weitere Entwicklung ist in Oldenburg, wie auch andernorts, noch nicht abzusehen. Elisabeth Schlesinger berichtet: »Es ist noch nicht klar, ob wir an Schawuot ab Mitte Mai vorsichtig wieder zu sogenannten Hybrid-Gottesdiensten zurückkehren können.« Das bedeutet: »Eine begrenzte Anzahl von Betern unter Einhaltung aller Corona-Regeln vor Ort in der Synagoge und dann von dort aus die gleichzeitige Online-Übertragung per Zoom.«
Wie auch immer die Entscheidung ausfällt, für Schlesinger gibt es dafür ein klares Kriterium: »Oberste Priorität bei allen unseren Entscheidungen hat für uns Pikuach Nefesch, der Schutz von Leben und Gesundheit.«