Als das »Benedict« Ende 2016 in Ku’dammnähe eröffnete, warb es mit Frühstück rund um die Uhr. Mittlerweile hat sich das Lokal, das es mit ähnlichem Konzept bis dahin nur in Israel gab, dort allerdings gleich fünf Mal, im Kiez zwischen Uhland- und Pariser Straße als Institution in Sachen Frühstück etabliert – auch wenn die erste deutsche Dependance des israelischen Frühstückslokals im gutbürgerlichen Wilmersdorf ganz anders aussieht als ihre Pendants in Tel Aviv, Herzliya und Rischon LeZion.
In der Ausstattung setzt man auf »Shabby Chic«: Da sind die Spritzbetondecke über dem Parkett, gekachelte Wände wie in einer Fleischerei und gegenüber eine Tapete mit großen floralen Elementen. Beleuchtet wird der Raum vom Tageslicht, das durch breite Fensterfronten hereinströmt, wie auch von Stehlampen sowie von vielen nackten Kohlefaden-Glühbirnen an wild herabhängenden schwarzen Kabeln.
philosophie Man kann sich hier je nach persönlichem Empfinden wie in einem Kaffeehaus fühlen oder aber wie in einem sehr individuellen Restaurant, man kann die Gerichte an kleinen Tischen genießen oder an einem langen Bartresen. Dazwischen wuselt Personal in uneinheitlicher Kleidung herum und ist als solches nur an den Schürzen zu erkennen. Bei gleichbleibender Freundlichkeit legt es eine professionelle Geschäftigkeit an den Tag, wie das in Berlins Gastronomie keineswegs überall selbstverständlich ist.
Noch kommt die Philosophie des Benedict zwar nicht hundertprozentig zum Tragen, derzufolge »Frühstück keine Sache der Uhrzeit« ist. Aber nachdem die Frühstückszeiten anfangs auf sieben bis 15 Uhr begrenzt waren, kann man inzwischen immerhin zwischen sieben und 23 Uhr – also fast rund um die Uhr – auswählen, womit man die Eggs Benedict auf getoastetem Brioche serviert bekommen möchte. Räucherlachs bietet sich an oder Rinderhack in einer leicht süßen Tomaten-Zwiebelsauce. Bei der vegetarischen Version sind Rahmspinat, Zwiebeln und Muskat dabei und bei der veganen Variante verschiedene Pilze in Trüffelpaste.
Wer sich um die jüdischen Speisegesetze eher weniger den Kopf zerbricht, dem stehen die pochierten Eier auch mit Schinken und Speck oder mit Shrimps und Spargel zur Verfügung. Beim Schakschuka liegen zwei pochierte Eier in einer Sauce aus Tomaten, Chilischoten und Zwiebeln, bei der Kreuzkümmel und Paprika für eine leichte Schärfe sorgen. Tahini und Auberginenaufstrich sind hingegen für einen milden Geschmack zuständig.
Zsar’s Delight In Wilmersdorf stehen auch einige Gerichte auf der Karte, die im Haupthaus an der Ben-Yehuda-Straße in Tel Aviv fehlen: ein koreanisches Frühstück etwa, das aus Rindersteakstreifen auf Kimchi-Reis, Sprossen, frühlingsfrischem Koriander und zwei Spiegeleiern besteht. Es gibt auch ein russisches Frühstück, das »Zsar’s Delight« heißt und aus drei kleinen Cottage Pancakes, Räucherlachs, kleingewürfelten roten Zwiebeln, gehackten Cornichons, Kapern, Sauercreme und Lachskaviar besteht.
Alles wird sehr dekorativ angerichtet und kommt im obligatorischen Korb mit vier verschiedenen Brötchensorten, Butter und einer zimt-fruchtigen Apfelmarmelade oder wahlweise Obstsalat, Müsli und Banana Pancakes auf den Tisch.
Mit dem Benedict hat die Berliner Frühstücksszene ein neues Lokal hinzugewonnen, in dem modern interpretierte jüdische und israelische Küche auf der umfangreichen und abwechslungsreichen Speisekarte steht. Man kann hier »kosher style« speisen, muss es aber nicht – selbst auf der israelischen Webseite wirbt das Frühstückslokal mit einem Foto von Frankfurter Würstchen.