Sommer

Rhönrad, Strandtag, Daycamp

Yippie, der Sommer ist da – und damit auch die vielleicht schönste Zeit des Jahres. Foto: Getty Images

Sommerferien zu haben, das kann ziemlich langweilig sein, vor allem, wenn der Familienurlaub schon vorbei ist, die Eltern wieder arbeiten müssen und die Freunde aber noch verreist sind. Neben den Angeboten der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST) haben einige jüdische Gemeinden auch ein eigenes Ferienprogramm auf die Beine gestellt. »Wir haben in den Sommerferien sogar zwei Angebote«, berichtet Lars Neuberger, Vorstandsreferent der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württembergs.

Eine Woche lang gibt es jeden Tag von morgens bis abends ein Sommercamp. Eines der Highlights wird ein Ausflug ins Legoland sein. »Das Camp ist ein super etabliertes Angebot, das es schon seit fast 20 Jahren gibt«, sagt Neuberger, und entsprechend begehrt seien die Plätze.

Betreut werden die Kinder und Jugendlichen im Alter von fünf bis 13 Jahren nicht nur von den Madrichim des Stuttgarter Jugendzentrums, sondern auch von Freiwilligen, die extra aus Israel nach Schwaben kommen. Das zweite, ebenfalls einwöchige Angebot für die jungen Stuttgarter Juden ist die MTV-Feriensportwoche.

Unter fachkundiger Anleitung Sportarten ausprobieren

Dabei können die Kinder nach Herzenslust unter fachkundiger Anleitung Sportarten ausprobieren, zu denen nicht nur Klassiker wie Fußball und Tanzen gehören, sondern auch Rhönrad fahren, Jonglieren, Klettern, Trampolinspringen, Karate und Fechten. »Unverbindlich zu testen, was einem gefällt, ist für die Kinder und Jugendlichen wirklich genial«, schwärmt Neuberger.

Württemberg: Klettern, Karate, Fechten. Einfach mal ausprobieren.

Die Feriensportwoche wird bereits zum dritten Mal angeboten. Auf die Idee waren Eltern von Schülern der jüdischen Grundschule gekommen. Beim MTV Stuttgart 1843, einem der größten Vereine der Stadt, war man von dem Vorschlag gleich begeistert gewesen. »Die jüdischen Kinder werden während der Sportwoche mit koscherem Essen aus der Gemeindeküche versorgt«, erzählt Neuberger. »Am Schlusstag sind die nichtjüdischen Kinder dann so neugierig auf das Essen geworden, dass für sie auch genug mitgekocht wird.«

Doch nicht in jeder Gemeinde gibt es Ferienangebote, aus ganz unterschiedlichen Gründen: »Auch außerhalb der Ferien bieten wir unseren jungen Gemeindemitgliedern immer wieder etwas Besonderes«, betont Alexander Drehmann, Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinde Duisburg-Mülheim-Oberhausen. Wie zum Beispiel jüngst ein Kindertheater-Festival: »Theatergruppen aus verschiedenen Gemeinden mit eigenen Projekten, aktuell waren es Duisburg, Essen und Recklinghausen, präsentieren sich dabei im großen Gemeindesaal mit Stücken, die sich Kinder und Betreuer gemeinsam ausgedacht haben.«

Das Festival ist inzwischen eine kleine Tradition geworden

Dieses Festival sei inzwischen eine kleine Tradition geworden. »Vor Corona hatte die Veranstaltung bereits zweimal stattgefunden, und nun auch schon wieder zum zweiten Mal«, so Drehmann. Regelmäßig kämen um die 150 Zuschauer.

Während der Sommerferien, die in Nordrhein-Westfalen am 8. Juli beginnen, hätte die Gemeinde gern wieder Daycamps angeboten. »Man kennt diese Art Veranstaltungen aus Israel«, sagt Alexander Drehmann und beschreibt Daycamps »wie Ferienlager mit viel Programm, nur eben in der Gemeinde und nicht rund um die Uhr, sondern in aller Regel von 8 bis 17 Uhr«. In diesem Jahr »klappt das allerdings aufgrund von Personalproblemen nicht«, bedauert er. »Man hört ja aus vielen Branchen und Einrichtungen, wie schwierig es ist, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden – auch für uns ist es nicht einfach.«

»Eigentlich bieten wir im Sommer immer ein sehr schönes Programm für unsere Kinder und Jugendlichen an. Die Vorfreude bei ihnen ist entsprechend groß, denn sie wissen ja, dass wir uns stets etwas Neues und Spannendes einfallen lassen«, sagt Evgeni Kutikov, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Potsdam. »Diesmal geht das aber aufgrund unseres Umzugs nicht. Im Moment sind wir damit beschäftigt zu packen, denn am 4. Juli wird die neue Potsdamer Synagoge offiziell eröffnet.«

Man habe einerseits »viel Erfahrung darin, ein abwechslungsreiches Programm zu gestalten, das nicht nur aus kreativen Beschäftigungen in den Gemeinderäumen wie Basteln und Malen besteht, sondern auch aus Ausflügen, Kino- und Museumsbesuchen«, erklärt Kutikov. Den Umzug zu stemmen und gleichzeitig ein qualitativ hochwertiges Ferienprogramm zu konzipieren und zu betreuen, sei andererseits schlicht unmöglich gewesen.

Gemeindeeigene Machanot in den Herbstferien

Gemeindeeigene Machanot sollen aber in den Herbstferien stattfinden. Umso schöner werde es dann im neuen Synagogenzentrum, verspricht Kutikov: »Das Gemeindeleben im Provisorium hat dann endlich ein Ende, mitsamt dem beständigen Improvisieren und Anpassen.« Nun wird es unter anderem bald »einen eigenen Musik- und einen eigenen Kunstraum geben, die speziell für den jeweiligen Zweck projektiert wurden.« Dass die Kinder dann einen eigens installierten Waschtisch haben, an dem zum Beispiel ganz bequem Pinsel gereinigt und Farbbecher für Wasserfarben aufgefüllt werden können, freut ihn.

»Wir haben das ganze Jahr über ein umfangreiches Programm für Kinder und Jugendliche wie zum Beispiel Zeichenkurse, eine Theatergruppe, Gitarrenunterricht – das alles wird von den jungen Leuten mitgemanagt«, sagt Walter Joshua Pannbacker, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Kiel. »Ich ermutige sie immer, alle diese Angebote in Anspruch zu nehmen oder zu versuchen, eigene Ideen umzusetzen. Die einzige große Bedingung ist, dass ein Bericht für die Gemeindezeitung herausspringen muss.«

Die Gemeinde könne Räume zur Verfügung stellen und gegebenenfalls bei der Finanzierung helfen. »Wir sind zwar auch immer von Projektförderungen und Stiftungen abhängig, aber als Gemeinde bekommen wir solche Gelder natürlich leichter als einzelne Jugendgruppen.« Man könne aber keine Zeit in die Entwicklung eigener Ferienprogramme stecken, denn »wir arbeiten derzeit schon über unsere Grenzen hinaus«.

Die neue Synagoge sei teilweise noch Baustelle, manches gehe derzeit einfach nicht, »unser Garten ist zum Beispiel noch nicht fertig, das Grillen fällt also in diesem Sommer aus«, bedauert Pannbacker.

Dort wohnen, wo andere Ferien machen

Aber ist es nicht auch komfortabel, wenn man dort wohnt, wo andere Ferien machen, nämlich am Meer? »Oh ja«, findet Pannbacker, »hier gibt es viele Möglichkeiten, die jungen Leute können zum Beispiel Strandtage organisieren oder andere Attraktionen wie den Eckernförder Hochseilgarten besuchen«.

Die Studierendengruppe suche außerdem derzeit eine Mitnutzungsmöglichkeit für ein Segelboot, erzählt Pannbacker. »Die erforderlichen Segelscheine sind vorhanden, aber ein eigenes Boot ist natürlich viel zu teuer.« Ganz selten gelängen aber auch Schnäppchen. So könne man für die Fähre nach Göteborg hin und wieder günstige Restkarten kaufen. »Man verbringt dann den Tag in Schweden, und am Abend reist man wieder zurück.« Die älteren Gemeindemitglieder hätten das vor der Corona-Pandemie gemacht und die Göteborger Synagoge besucht. »Alle waren von dem Ausflug begeistert.«

»Wir werden ein einwöchiges Ferienlager anbieten, an dem die Kinder tagsüber teilnehmen können«, sagt Bronislava Litvac, Verwaltungsleiterin der Jüdischen Gemeinde Dresden. Mehr könne sie nicht preisgeben: »Wir versuchen, solche Sachen aus Sicherheitsgründen nicht publik zu machen.« Insgesamt sei die Situation schon seit Längerem schwierig.

Kiel sucht Segelboot für Mitnutzung. Scheine vorhanden, bitte melden.

»Wegen der sicherheitstechnischen Umbaumaßnahmen, die nach dem Attentat in Halle von der Bundesregierung angestoßen wurden, sind wir schon zweimal umgezogen.« Das eigentliche Gemeindezentrum sei Baustelle. »Wir mussten das Objekt verlassen, nun ist alles nicht so einfach.« Gleichwohl hat die Dresdner Gemeinde in den vergangenen Jahren viel gestemmt. »Wir haben zum Beispiel zu Beginn des Krieges ukrainische Kinder im Grundschulalter aufgenommen und mit Unterstützung der ›Aktion Mensch‹ einen normalen Alltag für sie organisiert.«

Als Erziehungspersonal galten »die ebenso geflüchteten Fachkräfte aus der Ukraine«. Die Eltern seien damals damit beschäftigt gewesen, in Deutschland Fuß zu fassen, »es war viel Stress, wir sind zufrieden, dass wir helfen konnten«.

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