Zeitz

Reinhard Schramm warnt vor Zweckentfremdung von Spendengeldern

Reinhard Schramm, Vorsitzender der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen Foto: IMAGO/ari

Der Vorsitzende der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen, Reinhard Schramm, hat vor einer Zweckentfremdung von Spendengeldern für die gestohlenen Zeitzer Stolpersteine gewarnt. Gemäß Spendenaufruf seien die Spenden für den Ersatz der Stolpersteine in Zeitz und die Unterstützung des Simon-Rau-Zentrums in Weißenfeld zu verwenden, erklärte Schramm am Montag in Erfurt.

Es sei eine schöne Geste in schwierigen Zeiten für die jüdischen Gemeinden. Nach dem Diebstahl von zehn Stolpersteinen in Zeitz sind inzwischen mehr als 50.000 Euro an Spenden zur Wiederherstellung der Gedenkzeichen für Opfer des Nationalsozialismus zusammengekommen. Die Gedenksteine waren am Wochenende vor dem 7. Oktober mutwillig von Unbekannten entfernt worden.

Verwendung der Gelder noch unklar

Einen Stolperstein neu zu verlegen, kostet laut Internetseite des Künstlers Gunter Demnig, der das Projekt Stolpersteine 1992 ins Leben gerufen hatte, etwa 120 Euro - zehn gestohlene Stolpersteine kosten demnach rund 1200 Euro.

Doch nun erklärte der Burgenlandkreis, dass man in Abstimmung mit dem Oberbürgermeister von Zeitz eine Jury einrichten möchte. Deren Mitglieder, so ist in der »Mitteldeutschen Zeitung« zu lesen, sollen »weitere Vorschläge, Idee und Initiativen zum An- und Gedenken an das jüdische Leben in Zeitz bewerten und die Spenden dafür freigeben«.

Wer genau in diesem Gremium sitzen soll und wofür die Gelder verwendet werden sollen, sei aber unklar. »Wir können Themen aber jetzt nach vorne bringen«, so Lars Werner, Pressesprecher der Stadt. Nur welche, das vermag er nicht zu präziseren.

Leiter des Simon-Rau-Zentrums ist verwundert

»Offensichtlich hat einfach niemand damit gerechnet, dass so viel Geld zusammenkommt«, lautet dazu die Einschätzung von Enrico Kabisch, Vorstandsvorsitzender des Simon-Rau-Zentrums. Er selbst ist vom Landkreis angerufen und gefragt worden, ob er einverstanden sei, wenn man in dem Spendenaufruf schreibe, dass nicht benötigte Spenden dem Zentrum in Weißenfels zugutekommen sollen. Kabisch gab sein OK. »Der Landkreis wollte mit unserem guten Namen Werbung machen. Und dort dachte man, dass das allenfalls ein paar hundert Euro wären, die wir dann erhalten würden.«

Nun sind aber einige Zehntausende Euro zusätzlich zu der benötigen Summe für die Neuverlegung der Stolpersteine gespendet worden, und das scheint die Verantwortlichen auf den Plan zu rufen, diese anderen Zwecken zuzuführen. »Ich frage mich nur, wer als Empfänger überhaupt infrage kommen kann«, so Kabisch weiter.

Denn weitere Vereine oder Gruppen, die sich explizit mit dem Gedenken an jüdische Opfer des Nationalsozialismus oder jüdischem Leben generell beschäftigen, sind im Burgenlandkreis rar gesät. »Eigentlich gibt es sie nicht. Alles, was zum Thema Antisemitismus und der Singularität jüdischer Opfer an Veranstaltungen passiert, kommt von außerhalb. Und die Initiative Stolpersteine Zeitz hatte zum letzten Mal 2012 einen Stolperstein verlegt«, erklärt Kabisch.

Schramm: ganze Summe für das Simon-Rau-Zentrum

Sollte dem Simon-Rau-Zentrum ein Teil der Summe vorenthalten werden, sei dies unsensibel, sagte der Vorsitzende der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen weiter. Er selbst wurde vor 80 Jahren in Weißenfels geboren. Zugleich dankte Schramm allen Spendern.

Das Simon-Rau-Zentrum erinnert an die ehemalige jüdische Gemeinde in Weißenfels. Namensgeber ist der ehemalige Prediger der Gemeinde.

Der Verein unterhält unter anderem eine Dauerausstellung, beschäftigt sich mit Antisemitismusprävention und vertont Briefe jüdischer Weißenfelser Bürger. epd/ja

Kino

Unerträgliche Wahrheiten

Das Dokudrama »Die Ermittlung« über den ersten Auschwitz-Prozess wurde bei den Jüdischen Filmtagen gezeigt

von Nora Niemann  05.02.2025

Interview

»Wo immer wir gebraucht werden – wir sind da«

Rabbiner David Geballe über Seelsorge in der Bundeswehr und die Vermittlung von Wissen

von Helmut Kuhn  04.02.2025

Porträt der Woche

Frau der ersten Stunde

Avital Toren wurde vor 30 Jahren gebeten, die Gemeinde in Heilbronn aufzubauen

von Gerhard Haase-Hindenberg  02.02.2025

Hamburg

»Wir sind dran!«

Von Klimawandel bis jüdische Identität: Der Jugendkongress 2025 verspricht vier intensive Tage

von Florentine Lippmann  02.02.2025

Leer (Ostfriesland)

Schoa-Überlebender Weinberg will mit Steinmeier sprechen

Nach seiner Ankündigung, das Bundesverdienstkreuz abzugeben, hat der fast 100-jährige Zeitzeuge ein Gesprächsangebot des Bundespräsidenten angenommen

 31.01.2025

Berlin

Jüdische Stimmen zur Asyl-Abstimmung: Ein Überblick

Wie blicken Juden auf den Vorwurf, die CDU reiße die Brandmauer zur AfD ein? Wir haben uns umgehört

von Imanuel Marcus  30.01.2025

Bildung

Das beste Umfeld

Zwar beginnt das neue Schuljahr erst nach dem Sommer, doch schon jetzt fragen sich Eltern: Welche Schule ist die richtige? Gespräche mit Schulleitern über Wartelisten, Sprachniveau und Traditionen

von Christine Schmitt  30.01.2025

München

Fit fürs Finale

Beim Vorentscheid zum »Chidon Hatanach« in Jerusalem wurde wieder jede Menge religiöses Wissen abgefragt

von Luis Gruhler  30.01.2025

Rostock

Den Vorhang auf

Seit vielen Jahren gibt es in der Jüdischen Gemeinde eine Theatergruppe. Ein Besuch bei den Proben für »Kalif Storch« im Kulturhistorischen Museum

von Katrin Richter  29.01.2025