EMG 2015

Reine Kopfsache

Es gibt eine Geschichte, die Leo Friedman in diesen Tagen besonders oft erzählt. Es ist die Geschichte seiner eigenen Familie. Im Sommer 1989 trat der Frankfurter Betriebswirt bei der Makkabiade in Israel an und lernte dort eine junge Marathonläuferin aus Kolumbien kennen, die er nur wenige Monate später heiratete. Vor zwei Jahren dann, wieder in Israel, nahm erstmals die Tochter der beiden als Fußballerin an den Maccabi Games teil – zwei Generationen im Geist der Spiele. Leo Friedman erzählt diese Geschichte so gerne, weil er genau weiß, wie gut sie ankommt. Sie ver- deutlicht, dass die Makkabi-Spiele wie kaum eine andere sportliche Großveranstaltung auf der Welt Wettkampfgeist mit sozialem Happening verbinden.

Der 61-Jährige ist ein Makkabi-Urgestein und nahm als Tennisspieler schon an unzähligen Makkabiaden in Europa und Israel teil. Wenn am heutigen Donnerstag das Golfturnier bei den European Maccabi Games (EMG) eröffnet wird, dann ist es vor allem auf Leo Friedmans Engagement zurückzuführen, dass auch Deutschland eine elfköpfige Delegation ins Rennen schickt.

Seit knapp sechs Jahren baut er Schritt für Schritt ein Team auf, das bereits 2011 bei den EMG in Wien die Bronzemedaille holte und auch vor zwei Jahren bei der Makkabiade in Israel mit drei Spielern vertreten war. »Das Besondere an Golf ist ja«, schwärmt Leo Friedman, »dass man in erster Linie nicht gegen andere, sondern gegen sich selbst und sein Handicap spielt. Das ist reine Kopfsache: Erwischst du einen guten Tag, kannst du dich enorm verbessern, doch an einem schlechten sieht alles schon wieder ganz anders aus.«

olympiaflair Das Golfturnier findet nicht wie die anderen Wettkämpfe im Sportpark rund um das Olympiastadion statt, sondern etwas abseits auf dem Grün des Golfclubs Stolper Heide, nahe Hohen Neuendorf im Nordwesten Berlins. Leo Friedman hat den Platz, zusammen mit einem Freund vom Deutschen Golfverband, selbst ausgesucht, weil er in einem Topzustand ist und unterschiedliche Schwierigkeitsgrade für das durchmischte Teilnehmerfeld bietet. Bei einer erfolgreichen Bewerbung Berlins für die Olympischen Spiele wäre Stolpe der Austragungsort fürs Golfen geworden. So weit kam es bekanntlich nicht, doch wegen der Makkabi-Golfer umweht die 18 Löcher nun doch ein bisschen olympisches Flair.

Die Athleten treten in unterschiedlichen Kategorien gegeneinander an. In der Brutto-Wertung zählt nur die absolute Anzahl der Schläge, während in der Netto-Wertung die Leistung der Sportler im Verhältnis zu ihrem Handicap gewertet wird. Doppelsiege sind allerdings ausgeschlossen.

Die deutschen Makkabäer stellen Teilnehmer in allen Altersklassen – bei den Damen, den Herren und den Senioren – und treten außerdem noch mit der Mannschaft an. Die Chancen wollte allerdings noch keiner der Spieler final einschätzen, bevor alle anderen 70 Teilnehmer aus den insgesamt 13 Ländern ihre Handicaps eingereicht haben.

gelände Das beste Handicap im deutschen Team hält, mit 3,8 Schlägen über Par, der 18-jährige Marc Jedlicki. Das Frankfurter Nachwuchstalent sieht, zumindest vom Auftreten her, schon aus wie ein richtiger Profi. Ein dunkelblaues Basecap tief in die Stirn gezogen, aus der Tasche seiner beigen Golfhose baumelt lässig ein weißer Handschuh. Auch für Marc werden die EMG zu einer Familienangelegenheit: Im Team spielen auch sein Vater Jacky und Zwillingsschwester Lorraine.

Dass der Platz in Hohen Neuendorf durchaus auch seine Tücken hat, davon konnten sich die deutschen Golfer in den letzten Tagen bereits überzeugen. Schon am Samstag checkten sie in einem benachbarten Hotel ein, um sich während des Precamps auf dem Grün einzuspielen.

Der Platz, der unter anderem von der deutschen Golflegende Bernhard Langer mit entworfen wurde, zeichnet sich vor allem durch sein offenes Gelände aus, das nur wenig Schutz vor Wind bietet.

Bei hohen Windstärken, wie am vergangenen Wochenende, wird der Platz mit seinen Bunkern, Wasserhindernissen und Fairways somit selbst für erfahrene Golfer zu einem schwierigen Terrain. »Die Bunker zum Beispiel liegen auf den meisten Bahnen so, dass man genau hineinfallen könnte – das heißt, man muss dann eher strategisch spielen«, erklärt Leo Friedman.

teamgeist Er steht etwa 90 Meter entfernt vom achten Loch und hält ein kleines Fernglas vors Auge, mit dem Golfer die Entfernung zum Ziel messen. Dann hält er kurz inne, wählt einen Schläger, visiert den Ball an. Ein sattes Geräusch erklingt, als dieser in die Luft abhebt. Leo folgt mit den Augen und lächelt zufrieden, als er sieht, dass er nur wenige Meter neben der roten Fahne einschlägt. Anerkennendes Gemurmel seiner Mitspieler. »Ein guter Schlag«, sagt er. »Man muss sich auch selbst loben können.«

Überhaupt scheint die Stimmung im Team ausgesprochen gut zu sein. Einige der älteren Mitglieder kennen sich bereits seit mehreren Jahrzehnten. Beim Training witzelt Jacky Jedlicki mit seinem Freund, dem ehemaligen Makkabi-Deutschland-Funktionär Richard Heuberger, über dessen Handstellung beim Einlochen: »Sagen Sie mal, spielt Ihr Mann eigentlich auch Golf?« Allgemeines Gelächter. Auch Leo Friedman wirkt zufrieden, Teamgeist überwiegt für ihn den sportlichen Erfolg.

Beim Training legt er Wert darauf, dass alle Spieler ihre Makkabi-Deutschland-Polo-Shirts tragen. »Branding« nennt er das. Außerdem hat der Betreuer und Mannschaftskapitän für alle Teammitglieder Bälle mit dem blauen Logo des deutschen Dachverbands bedrucken lassen. Es ist also alles angerichtet für den heutigen Turnierstart.

Patrick Schenavsky aus München ist zum ersten Mal bei den EMG dabei und freut sich neben den Wettkämpfen auch auf die eine oder andere Party. »Ich bin zu ehrgeizig, um das Sportliche außen vor zu lassen, aber natürlich sind die EMG auch ein soziales Event. Das ist ja das Schöne daran«, sagt er. Am Montag zogen die Makkabi-Golfer von Hohen Neuendorf in das Neuköllner Estrel um, wo auch die anderen Teilnehmer untergebracht sind. Obwohl sie nun knapp zwei Stunden zum Platz in Stolpe brauchen, will Patrick diese Erfahrung nicht missen.

Oldenburg

Judenfeindliche Schmierereien nahe der Oldenburger Synagoge   

Im vergangenen Jahr wurde die Oldenburger Synagoge Ziel eines Anschlags. Nun meldet eine Passantin eine antisemitische Parole ganz in der Nähe. Die Polizei findet darauf noch mehr Schmierereien

 21.02.2025

Berlin

Wladimir Kaminer verkauft Wohnung über Facebook

Mit seiner Partyreihe »Russendisko« und vielen Büchern wurde Wladimir Kaminer bekannt. Für den Verkauf einer früheren Wohnung braucht er keinen Makler

 20.02.2025

Berlin

Eine krasse Show hinlegen

Noah Levi trat beim deutschen Vorentscheid für den Eurovision Song Contest an. In die nächste Runde kam er nicht, seinen Weg geht er trotzdem

von Helmut Kuhn  20.02.2025

Thüringen

Antisemitismus-Beauftragter soll »zeitnah« ernannt werden

Seit Dezember ist der Posten unbesetzt. Dem Gemeindevorsitzenden Schramm ist es wichtig, dass der Nachfolger Zeit mitbringt

 19.02.2025

Weimar

Erlebtes Wissen

Eine Fortbildung für Leiter jüdischer Jugendzentren befasste sich mit der Frage des zeitgemäßen Erinnerns. Unsere Autorin war vor Ort dabei

von Alicia Rust  18.02.2025

Bundestagswahl

Scharfe Worte

Über junge politische Perspektiven diskutierten Vertreter der Jugendorganisation der demokratischen Parteien in der Reihe »Tachles Pur«

von Pascal Beck  18.02.2025

Justiz

Vorbild und Zionist

Eine neue Gedenktafel erinnert an den Richter Joseph Schäler, der bis 1943 stellvertretender IKG-Vorsitzender war

von Luis Gruhler  18.02.2025

Emanzipation

»Die neu erlangte Freiheit währte nur kurz«

Im Münchner Wirtschaftsreferat ist eine Ausstellung über »Jüdische Juristinnen« zu sehen

von Luis Gruhler  18.02.2025

Portät der Woche

Magische Momente

German Nemirovski lehrt Informatik und erforscht den Einsatz Künstlicher Intelligenz

von Gerhard Haase-Hindenberg  16.02.2025