Wie lange noch darf der Münchner Rechtsextremist und Pegida-Chef Heinz Meyer auf dem Jakobsplatz, direkt vor der Synagoge und dem Jüdischen Gemeindezentrum, sein geistiges Gift versprühen?
Beim Kreisverwaltungsreferat (KVR) der Stadt München liegt der Antrag von IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch, Hetzern wie Heinz Meyer den Aufenthalt dort zu verbieten. Die SPD-Fraktion des Stadtrats hat einen ähnlichen Antrag schon vor einiger Zeit auf den Weg gebracht, entschieden wurde noch nicht.
Angst Mehrfach ist Meyer mit einem Plakat aufgetaucht, mit dem er gegen die Beschneidung wettert. Die IKG-Präsidentin spricht von einer nicht hinnehmbaren Provokation. »Viele Menschen, die in die Synagoge oder das Gemeindezentrum kommen, haben einfach Angst vor ihm«, beschreibt sie die Situation.
Dieses unangenehme Gefühl ist an einer Vielzahl von Faktoren festzumachen. Dass Meyer bei einer Pegida-Demonstration ausgerechnet am Platz der Opfer des Nationalsozialismus das Goebbels-Zitat »Wollt ihr den totalen Krieg?« in den Mund nahm, dass bei Pegida-Demos die »Reichskriegsflagge« gezeigt oder von Teilnehmern der Arm zum »Hitlergruß« erhoben wurde, spricht für sich.
Behörden Noch mehr Aufschluss über seine politische Ausrichtung liefern die »Kameraden« aus der Neonazi-Szene, zu denen er engen Kontakt unterhält. Sie kommen zu den Pegida-Demonstrationen, und bei ihren Veranstaltungen steht Meyer in der vordersten Reihe. Bereits an der ersten Pegida-Demonstration 2015 nahmen nach Erkenntnissen der Behörden rund 80 gewaltbereite Neonazis teil.
Die Angst der Gemeindemitglieder kann Charlotte Knobloch nachvollziehen.
Ein verurteilter Helfer des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) gehörte zum Beispiel dazu, aber auch zwei eng mit Meyer verbundene Mitglieder der verbotenen »Kameradschaft Süd«, die für den Bombenanschlag auf das Gemeindezentrum, das damals gerade im Entstehen war, verurteilt wurden.
Sorgen bereiteten den Behörden von Anfang an die engen Verbindungen zu rechtsextremen Kreisen. So nehmen an den Pegida-Demonstrationen zwar immer weniger Menschen teil, dafür zählen Vertreter der neonazistischen Partei »Der III. Weg« zu Teilnehmern und Rednern oder Personen aus dem Umfeld der »Identitären Bewegung«.
Verfassungsschutz Das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz hat erst vor kurzer Zeit, Ende Januar, seine Einschätzung über Heinz Meyer kundgetan. »In der Gesamtschau ist festzustellen, dass Meyer ein maßgeblicher Aktivist der rechtsextremistischen Szene in München und Bayern ist.«
Für die Sicherheitsbehörden zählt er zu den 43 gefährlichsten Rechtsextremisten in Deutschland und wird als sogenannter Gefährder eingestuft. In dieses Raster passen zwei noch nicht rechtskräftige Urteile wegen Billigung der NSU-Mordserie sowie wegen Volksverhetzung. Bereits seit 2012 läuft bei der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der Bildung einer terroristischen Vereinigung.
Vor diesem Hintergrund ist für Charlotte Knobloch, die schon selbst häufig zur Zielscheibe übelster Beleidigungen und Anfeindungen aus dem rechten Lager wurde, die Angst von Gemeindemitgliedern vor den Meyer-Auftritten leicht nachvollziehbar. »Wundern muss man sich unter diesen Umständen nicht darüber«, stellt sie kurz und knapp fest.
Polizei Die Gemeindepräsidentin hofft, dass das Kreisverwaltungsreferat dem Rechtsextremisten Einhalt gebieten kann. Dabei ist sie sich der schwierigen rechtlichen Lage durchaus bewusst. Polizeibeamte etwa, die gerufen wurden, als sich Meyer direkt vor dem Eingang des Gemeindezentrums mit seinem Plakat aufstellte, konnten nur zusehen. Einen rechtlichen Grund, ihm einen Platzverweis zu erteilen, gab es bei der gegenwärtigen Regelung nicht.
Die Forderung nach einer Verbannung Meyers vom Jakobsplatz hält Knobloch für alles andere als überzogen. Hier werde unter »Ausnutzung und Missbrauch des Versammlungsrechts« der »perfide Versuch« unternommen, den besonders sensiblen Ort zu entwürdigen. Solchen Versuchen müsse ein Riegel vorgeschoben werden.