Anlässlich des 5. Amitim-Seminars der Jewish Agency trafen sich am Wochenende junge Juden im Alter von 18 bis 35 Jahren in der Jüdischen Gemeinde in Duisburg, um Erfahrungen auszutauschen und mögliche Ideen für neue gemeinsame Projekte zu sammeln. Eingeladen wurde, wer sich im letzten Jahr besonders aktiv in Programmen der Jewish Agency wie »Nevatim«, »Medien« oder »Heritage« engagiert hatte.
Das Seminar bot jungen Erwachsenen neben getrenntem Programm für die unterschiedlichen Schwerpunkte ihrer Projekte auch gemeinsame Events. Eines davon war die Podiumsdiskussion am Freitag, bei der Zentralratsvizepräsident Abraham Lehrer, Rabbiner Avichai Apel sowie der Journalist Eldad Beck und die Vorsitzende des Studentim e.V., Anastassia Pletoukhina, zum Thema »Alte Fragen und neue Herausforderungen: Die jüdische Gemeinde im deutschsprachigen Raum und Erez Israel« sprachen.
kontrovers Moderiert von Oren Osterer, diskutierten die Redner unter anderem den adäquaten Umgang mit Parteien wie der AfD, Generationskonflikte innerhalb der Gemeinden und die Zukunft jüdischen Lebens in Deutschland. 500 Jahre nach der Entstehung des Begriffs »Ghetto« kämen auf die jüdischen Gemeinden im deutschsprachigen Raum neue Herausforderungen zu. Wie positioniert sich die Gemeinde? Welche Rolle spielt Eretz Israel? Welche Wechselwirkungen gibt es, und wie sieht die Zukunft aus? Gleich zu Beginn wurde kontrovers über die Frage diskutiert, ob Juden in Deutschland heute noch immer in einer Art Ghetto lebten.
Abraham Lehrer vertrat die Meinung, dass es durchaus derartige Aspekte in den jüdischen Gemeinden gebe. Dies erklärte er am Beispiel seiner Heimatgemeinde Köln, wo Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion insbesondere in Stadtrandgebieten und Vororten, etwa Porz und Chorweiler, ihr Zuhause gefunden hätten. Das sei natürlich kein Zwangsghetto wie etwa in Venedig oder Warschau, aber »durchaus eine Konstellation die, wenn man so will, als Ghetto bezeichnet werden kann«. Wirklich vergleichbar sei die Situation der jüdischen Gemeinden heute aber nicht mehr mit damals, »dafür fehlt der Zwang«, glaubt Lehrer.
Der Journalist Eldad Beck betonte, es sei wichtig, zwischen zwei Dingen zu unterscheiden. Einerseits habe die jüdische Gemeinschaft heute Freiheiten, die sie zu Zeiten der Ghettos nicht hatte, so könne sie »fast überall in der Welt reisen«. Andererseits gebe es unter den deutschen Juden eine »Ghetto-Mentalität«. Beck beklagt hier vor allem einen Mangel an jüdischem Selbstbewusstsein und den Umstand, dass Judentum in Deutschland auch 70 Jahre nach der Schoa noch immer »hoch neurotisch« sei.
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