Vier Tage lang haben israelische Trauma-Experten in Kooperation mit der Volkssolidarität und der Sozialen Initiative Niederlausitz in Berlin deutsche Flüchtlingshelfer für die Arbeit mit Menschen, die in Not geraten oder traumatisiert sind, geschult. »Für uns ist es primär wichtig, mit dem Team und nicht mit den Flüchtlingen zu arbeiten.« Schließlich bleibe das Team an Ort und Stelle und müsse sich immer wieder auf neue Flüchtlinge und ihre Nöte und Traumata einstellen, erklärt Talia Levanon, Direktorin der Israel Trauma Coalition (ICT), die Aufgaben ihrer Organisation.
Die ICT existiert seit 16 Jahren und nahm nach den Anschlägen vom 11. September 2001 ihre Arbeit weltweit auf. Das Engagement umfasst alle Regionen und Bereiche, etwa nach Terroranschlägen wie in Frankreich, dem Erdbeben in Nepal oder der Tsunami-Katastrophe vor fünf Jahren, die vor allem das japanische Fukushima traf. »Wir arbeiten allgemein nicht unbedingt mit Flüchtlingen, sondern mit Trauma-Patienten oder Menschen, die Katastrophen oder Not erlitten«, erklärt Talia Levanon. In diesem Sinne schult die ICT lokale Teams in den betroffenen Gebieten der Welt. So nun auch in Deutschland, wo der Zuzug zahlreicher Flüchtlinge aus Krisengebieten, vor allem des Nahen Ostens, viele Helfer vor große Herausforderungen stellt.
verständigung Bei ihren weltweiten Einsätzen werden die Experten auch in arabisch-muslimischen Ländern aktiv. Die Vorstellung, als Israeli in einem muslimischen Land zu arbeiten, mag problematisch und bedrohlich klingen, aber gerade in solchen Fällen sieht Talia Levanon die Arbeit ihres Teams als Mittel zur Verständigung an. »Als wir in Jordanien gearbeitet haben, hatten wir Sicherheitsleute, die auf uns aufpassten. Ich möchte allerdings betonen, dass, sobald wir mit den Teams anfingen zu arbeiten, die Fragen nach Sicherheit und Politik nicht mehr relevant waren. Wir schaffen einen sicheren Bereich für die Leute, mit denen wir gemeinsam tätig sind, und sie erzeugen einen sicheren Raum für uns.«
Die Verwunderung bei den Teammitgliedern war groß, da viele von ihnen Juden oder Israelis noch nie begegnet sind. »Wir fühlen uns durch unsere Arbeit als Botschafter Israels, weil auf diese Weise eine Menge Leute mehr über Israel und seine Leute erfahren und dankbar für unsere Arbeit sind«, sagt Talia Levanon zufrieden.
Zusammenarbeit Mehr als zufrieden waren auch die deutschen Teilnehmer der Schulungen. Sie hätten sehr viel gelernt und wünschten sich eine fortlaufende Zusammenarbeit, sagten sie anschließend. »Klar ist, dass man sich in Israel schon aufgrund der Schoa recht früh mit dem Thema Trauma beschäftigt hat, während man hier in Deutschland in den 70er- und 80er-Jahren noch in den Kinderschuhen steckte«, meinte André Lossin, Leiter der Volkssolidarität. Zugleich zeigt er sich angetan von der Professionalität der israelischen Experten.
Auch er sieht die gemeinsame Arbeit als verbindendes und aufklärerisches Element, gerade unter Deutschen. »In Diskussionen mit Therapeuten habe ich Sprüche gehört wie: ›Da kommen Israelis, und die machen was mit Arabern.‹ ›Ja‹, sage ich, ›das ist gar kein Problem. Es gibt erstens in Israel arabische Israelis und zweitens sind sie professionell. Sie kümmern sich nicht darum, ob es Palästinenser oder Araber sind, sondern um professionelle Arbeit und Struktur‹«, lobt Lossin die ICT. Für ihn sind die israelischen Profis auf dem Gebiet einfach unschlagbar.