Eine Persönlichkeit und ein Verband sind es, die am Sonntag in Osnabrück zum Auftakt der »Woche der Brüderlichkeit« 2022 mit der Buber-Rosenzweig-Medaille geehrt werden. Die Persönlichkeit ist Peter Fischer, Präsident des Fußballklubs Eintracht Frankfurt, der Verband ist der Sportverein Makkabi Deutschland e.V.
Beide eint, dass sie sich starkmachen für ein respektvolles Miteinander und gegen Antisemitismus und Rassismus. Beide stehen sinnbildlich für eine Konkretisierung des Mottos der Woche der Brüderlichkeit in diesem Jahr: »Fair Play – Jeder Mensch zählt«. Es ist zugleich das Jahresthema des Deutschen Koordinierungsrats der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit (DKR).
Spiegelbild Damit möchte der Koordinierungsrat im Jahr 2022 den Sport als wichtigen Ort der Begegnung und des menschlichen Miteinanders in den Blick nehmen, wie es in einer aktuellen Mitteilung heißt. Schließlich sei der Sport in vielerlei Hinsicht »ein Spiegelbild der Gesellschaft«.
Das »Fair Play« gelte aber nicht allein als eine Haltung des gegenseitigen Respekts und der Verständigung auf Regeln im Sport, sondern auch für »unser Zusammenleben als Ganzes«, sagt Pfarrerin Ilona Klemens, die Generalsekretärin des Deutschen Koordinierungsrats, der seinen Sitz in Bad Nauheim hat, der Jüdischen Allgemeinen.
»Dabei schauen wir auch auf das Verhältnis von Sport und Politik. Wir stellen fest, dass der Sport zwar von Politik unterschieden, aber nicht von Politik getrennt werden kann. Die gerade zu Ende gegangenen Olympischen Winterspiele mit ihrem Austragungsort innerhalb der größten Diktatur der Welt haben uns das mehr als deutlich vor Augen geführt.«
Der Ukraine-Krieg macht das Jahresthema ungeplant aktuell.
Die Tatsache, dass immer wieder und an vielen Orten in dieser Welt Demokratie, Menschenrechte und Menschenwürde mit Füßen getreten würden, wie es gerade in der Ukraine zu sehen sei, mache das Jahresthema ungeplant aktueller denn je. Was in schmerzhafter Weise zeige, wie gefährdet Grundwerte wie Respekt oder Fairness seien, und »dass man jeden Tag für sie kämpfen muss«.
Einer, der sich seit Jahren öffentlich sehr deutlich positioniert, ist Eintracht-Präsident Peter Fischer. Dass er nun mit der Buber-Rosenzweig-Medaille ausgezeichnet wird, sei für ihn eine große Ehre. Er nehme die Medaille »mit Stolz für den ganzen Verein entgegen«, so Fischer. »Denn wir stehen als große Eintracht-Familie für eine klare Haltung gegen Ausländerfeindlichkeit, Diskriminierung, Rassismus und Antisemitismus.« Das sei ablesbar an zahllosen Aktivitäten im Verein und in den Abteilungen, die diesen Werten Taten folgen ließen.
Sein persönliches Engagement sehe er als »eine logische Schlussfolgerung« der Vereinssatzung, in der schon vor seiner Zeit als Präsident »das klare Abgrenzen von Homophobie, Rassismus und Antisemitismus verankert« sei. Wer sich der Eintracht als Mitglied anschließe, verpflichte sich, »diese Werte anzuerkennen und zu beachten«. Und die seien mit den »Werten von Nazis« unvereinbar.
DROHUNGEN Auch mit Worten wie diesen, seiner Positionierung gegen die AfD und überhaupt gegen rechts, zog und zieht Peter Fischer Kritik, Drohungen und Hass auf sich. Ungeachtet dessen will er sich weiterhin für ein weltoffenes und tolerantes Wertesystem einsetzen – »mit allem, was mir zur Verfügung steht«. Dass Peter Fischer aus seiner klaren Haltung kein Hehl macht, dass er »Kante zeigt«, würde sich Alon Meyer von allen wünschen, »die eine gewisse Reichweite haben«.
Der Präsident von Makkabi Deutschland, als »waschechter Frankfurter« seit jüngster Kindheit Eintracht-Fan, ist gleichfalls stolz darauf, stellvertretend für seinen Verein die Buber-Rosenzweig-Medaille entgegennehmen zu können. Diese »Anerkennung unserer demokratiefördernden Arbeit – gerade auch mit unserem Projekt ›Zusammen1 – Für das, was uns verbindet‹ zur Antisemitismusbekämpfung im organisierten Sport – zeigt uns, dass wir etwas bewirken können und endlich als gesellschaftspolitischer Akteur wahrgenommen und akzeptiert werden«.
Mit seiner Positionierung gegen rechts zog Fischer Kritik und Hass auf sich.
Die Aufgaben von Makkabi Deutschland als jüdischem Sportverband in der Bundesrepublik gingen »weit über den Sport hinaus«, sagt Meyer. »Dieser Preis ist für uns alle, die sich gegen Diskriminierung und Gewalt einsetzen. Denn man darf nicht vergessen, dass unser Weg steinig ist und wir immer wieder aufs Neue gegen Widerstände ankämpfen müssen. Insofern ist dieser Preis auch ein Motivationsschub für uns alle!«
Gesellschaftspolitik Dabei sei der Ansatz zur Bekämpfung von Rassismus und Antisemitismus bei Makkabi Deutschland immer integrativ und inklusiv. Meyer: »Insbesondere der interreligiöse und interkulturelle Dialog wird bei uns großgeschrieben. Toleranz, Respekt und Fair Play stehen an oberster Stelle.« Es brauche allerdings noch mehr Aufmerksamkeit und Sensibilität für das Thema.
»Man muss die Problemfelder Rassismus und Antisemitismus ganzheitlich angehen, dabei darf der Sport nicht auf sich allein gestellt sein. Es müssen weitere Brücken gebaut werden zwischen Bildungseinrichtungen, der Wissenschaft, zivilgesellschaftlichen Organisationen und dem organisierten Sport.«
Meyer ist überzeugt davon, »dass die große Mehrheit unserer Gesellschaft für die Werte Respekt und Toleranz uneingeschränkt einsteht«. Gerade in jüngster Vergangenheit gebe es im Sport prominente Beispiele: »Denken wir an die in Regenbogenfarben angestrahlten Stadien, die Solidaritätsbekundungen in Form von Kniefällen oder daran, und das bewegt uns natürlich ganz besonders, dass ein ganzes Stadion ›Nazis raus‹ ruft als Reaktion auf Beleidigungen von Einzelpersonen und kleinen Gruppen gegen Spieler vermeintlich anderer Religion oder Herkunft.«
Weil es im Sport immer um ein sportliches Miteinander und nicht um ein Gegeneinander gehe, sei er das bestmögliche Vorbild für die gesamte Gesellschaft. Die »anständige, viel zu ruhige Mehrheitsgesellschaft« müsse lauter und aus ihrer Komfortzone gelockt werden. Und das betont Alon Meyer besonders: »Es liegt an uns!«
Laudatorin Die Laudatio auf Peter Fischer und Makkabi Deutschland e.V. hält am Sonntag die Journalistin und Filmemacherin Esther Schapira. In der Osnabrück-Halle erwartet wird auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). Das ZDF überträgt die Eröffnungsfeier zur »Woche der Brüderlichkeit« ab 11.30 Uhr im Livestream, eine Zusammenfassung des Festakts folgt abends ab 23.45 Uhr.
Die Buber-Rosenzweig-Medaille wird seit 1968 verliehen.
Die Verleihung der Buber-Rosenzweig-Medaille ist laut DKR-Generalsekretärin Ilona Klemens die »bedeutsamste Veranstaltung für den christlich-jüdischen Dialog in Deutschland«, sie gelte als die renommierteste Auszeichnung in diesem Bereich und würdige »Menschen und Institutionen, die sich gegen Antisemitismus und Rassismus sowie für den Dialog zwischen Christen und Juden und darüber hinaus in der Gesellschaft verdient gemacht haben«.
Die Medaille wird seit 1968 verliehen, die Woche der Brüderlichkeit findet schon seit 1952 jährlich im März statt. Neben der zentralen Eröffnungsfeier führen die dem DKR angeschlossenen Gesellschaften jeweils vor Ort eigene Veranstaltungen durch. Das 70-jährige Bestehen soll im Juni im Rahmen einer Tagung samt Jubiläumsfeier in München begangen werden.