Mannheim

Prävention auch im Internet

Gemeinsam gegen Antisemitismus Foto: Nelly Ziva Graf

»Mannheim ist eine beispielhafte Gemeinde«, lobt Rami Suliman, Vorsitzender der Israelitischen Religionsgemeinschaft Baden. Trotz der relativ geringen Mitgliederzahl (470) werde viel geboten, die Mitglieder seien sehr engagiert.

Seit der Einweihung des Gemeindezentrums der Jüdischen Gemeinde Mannheim am Rabbiner-Grünewald-Platz 1987 habe es vor 2021 nur einen Anschlag gegeben, berichtet Gemeindevorsitzende Rita Althausen. Genau deswegen seien die Vorkommnisse in diesem Jahr so schockierend und besorgniserregend.

Vorkommnisse Diese »Vorkommnisse« veranlassten den Antisemitismusbeauftragten des Landes Baden-Württemberg, Michael Blume, einen Solidaritätsbesuch in der Jüdischen Gemeinde zu initiieren. Am vergangenen Freitagnachmittag fanden sich deshalb neben Blume, Suliman und Althausen auch Siegfried Kollmar, Leiter des Polizeipräsidiums Mannheim, und der Revierleiter Peter Oechsler ein.

Bereits zum dritten Mal in diesem Jahr war eine Scheibe des Gemeindezentrums beschädigt worden. Der erste Angriff ereignete sich im Mai. Der Tatzeitpunkt legt nahe, dass es sich um einen politisch motivierten Anschlag als Reaktion auf Israels Verteidigung gegen die Raketenangriffe der Hamas handelte.

Am 14. Juli demolierten Unbekannte eine andere Scheibe mit einem Poller. Zuletzt wurde am 9. September ein Fenster vermutlich durch den Schuss einer Soft­air-Pistole zerstört. Ob die Angriffe in einem Zusammenhang stehen, ist unklar. Es mangelt an Zeugen und Hinweisen – keiner der Täter ist bisher bekannt. Aus diesem Grund entschied sich der Vorstand der Gemeinde, einen Antrag auf Kameraüberwachung am Rabbiner-Grünewald-Platz zu stellen, um das Gemeindezentrum besser schützen zu können.

Eine Kameraüberwachung am Rabbiner-Grünewald-Platz wurde aus datenschutzrechtlichen Gründen abgelehnt.

Dieser wurde jedoch aus datenschutzrechtlichen Gründen abgelehnt: Es handle sich nicht um einen Kriminalitätsbrennpunkt, weswegen die Kameraüberwachung des Platzes nicht begründbar wäre, hieß es. »Wir stehen eng an Ihrer Seite«, versicherte Kollmar jedoch. Der Polizeipräsident betonte, dass die Sachschäden am Gebäude der jüdischen Gemeinde sehr ernst genommen würden, der Staatsschutz wurde eingesetzt. Nun soll geprüft werden, ob Kameras angebracht werden können, die nicht den öffentlichen Platz, sondern nur die Eingänge des Gemeindezentrums überwachen, so der Polizeipräsident.

Sicherheitsmaßnahmen Drei Millionen Euro sind seit 2020 für Sicherheit in den jüdischen Gemeinden in Baden-Württemberg genehmigt worden. Diese wurden im Zuge einer Erweiterung des Staatsvertrags von 2010 zur Verfügung gestellt. Sicherheitsmaßnahmen alleine reichten jedoch nicht, so Antisemitismusbeauftragter Blume. Im Kampf gegen Judenfeindlichkeit seien nämlich zwei Punkte wesentlich: erhöhte Sicherheit und Prävention.

Seit 2012 sei in Europa zunehmend Antisemitismus im Internet wahrgenommen worden. »Der Hass sammelt sich im Internet, und dann schlagen Leute zu. Und dann sagt man immer, das sind Einzelfälle, wie auch jetzt in Idar-Oberstein. Nein, das sind nicht Einzelfälle.« Blume spricht von digitaler Radikalisierung in den sozialen Medien, von einheimischen sowie zugewanderten Antisemiten. Um Präventionsarbeit zu leisten, die auch Menschen erreicht, die bereits Hass gegen Juden und Israelis haben, müsse man die Radikalisierung im Netz verhindern.

Zu diesem Zweck versuchen Suliman und Blume, die Finanzierung für eine Konferenz mit Influencern zu erhalten, auf der die Internetmeinungsmacher über Antisemitismus lernen, damit sie das Gelernte an ihre junge Zielgruppe weitergeben können. »Wir haben jetzt Gelder für Sicherheit, das hat geklappt. Aber jetzt wäre der nächste Schritt, dass wir auch sagen, wir müssen auch raus ins Internet«, betonte Blume.

Porträt der Woche

Austausch mit Gleichen

Maria Schubert ist Gemeindesekretärin in Magdeburg und tanzt gern

von Alicia Rust  18.04.2025

Feiertage

Hymne auf die Freiheit

Der Alexander-Moksel-Kindergarten führte im Gemeindezentrum ein Pessach-Musical auf

von Vivian Rosen  17.04.2025

Berlin

Mazze als Mizwa

Das Projekt »Mitzvah Day« unterstützt die Berliner Tafel mit einer Lebensmittel-Spende

von Katrin Richter  17.04.2025

Berlin

Berlin: Gericht bestätigt fristlose Kündigung von Rabbiner

Das Berliner Arbeitsgericht hat die fristlose Kündigung eines Rabbiners wegen sexueller Belästigung eines weiblichen Gemeindemitglieds bestätigt

 16.04.2025

Jewrovision

»Schmetterlinge im Bauch«

Nur stilles Wasser trinken, noch einmal gut essen, dann geht es auf die Bühne. Die Moderatoren Masha und Gregor verraten, wie sie sich vorbereiten und mit dem Lampenfieber umgehen

von Christine Schmitt  16.04.2025

München

Hand in Hand

Ein generationsübergreifendes Social-Media-Projekt erinnert an das Schicksal von Schoa-Überlebenden – Bayern-Torwart Daniel Peretz und Charlotte Knobloch beteiligen sich

von Luis Gruhler  15.04.2025

Literatur

Die Zukunft Israels hat längst begonnen

Der Schriftsteller Assaf Gavron stellte im Jüdischen Gemeindezentrum seinen aktuellen Erzählband vor

von Nora Niemann  14.04.2025

Porträt der Woche

Eigene Choreografie

Galyna Kapitanova ist IT-Expertin, Madricha und leitet eine Tanzgruppe

von Alicia Rust  14.04.2025

Essen

Was gehört auf den Sederteller?

Sechs Dinge, die am Pessachabend auf dem Tisch nicht fehlen dürfen

 11.04.2025