Vor einer »braunen Renaissance«, die mit der AfD ein politisches Gesicht in den Parlamenten bekommen hat, warnt Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, schon seit vielen Jahren. Verbunden mit ihren Warnungen ist bis zum heutigen Tag auch die Forderung an Politik und staatliche Stellen, Antisemitismus und Rassismus entschiedener und konsequenter zu bekämpfen. Ein (kleines) Zeichen in dieser Hinsicht hat in der vergangenen Woche das Landgericht München I im Prozess gegen Münchens »Pegida«-Chef Heinz Meyer gesetzt.
Rechtsverstöße wie das Zeigen der »Reichskriegsflagge« oder das hitlergrußähnliche Erheben des Arms sind bei Pegida-Veranstaltungen in München beinahe schon gang und gäbe. Dazu gehören auch die verbalen Entgleisungen von Pegida-Funktionär Meyer, der gegen »schweinische Migranten« hetzt, sich aus dem Wortschatz der Nazis bedient und München gerne wieder zur »Hauptstadt der Bewegung« machen würde.
Er scheut nicht einmal davor zurück, vom »totalen Krieg« zu sprechen, mit dem Reichspropagandaminister Joseph Goebbels einst die Massen befeuerte. Äußerungen, die den Nationalsozialismus glorifizieren oder verharmlosen, wurden Heinz Meyer schon vom Kreisverwaltungsreferat untersagt, was bislang aber ohne erkennbare Wirkung blieb. Die Frage ist, ob sich nach der Entscheidung des Münchner Landgerichts daran etwas ändern wird.
Knobloch hat keinen Zweifel,
dass Pegida München
ein »Hort für Neonazis« ist.
Für seine Verstöße gegen das Versammlungsgesetz sowie seine offensichtliche Billigung von Straftaten hielten die Richter eine Geldstrafe (200 Tagessätze à 15 Euro) und eine damit verbundene weitere Geldauflage von 1000 Euro für nicht mehr ausreichend. Zusätzlich erhielt Meyer eine dreimonatige Freiheitsstrafe. Sie wurde zwar zur Bewährung ausgesetzt, kann aber als Signal dafür verstanden werden, dass Meyer bei erneuten Verstößen schnell in Haft kommen könnte.
verfassungsschutz Für IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch besteht kein Zweifel daran, dass Pegida München ein »Hort für Neonazis« geworden ist. Auch die Ermittlungen der Polizei sind eindeutig und haben dazu geführt, dass Heinz Meyer inzwischen auch vom Landesamt für Verfassungsschutz beobachtet wird.
Bereits bei der ersten Kundgebung des bayerischen Pegida-Ablegers vor vier Jahren wurden rund 80 Teilnehmer aus der ultrarechten Ecke registriert, die als gewaltbereit eingestuft werden. Zu ihnen zählen André Eminger, ein verurteilter NSU-Helfer, Philipp Hasselbach, Kreisleiter der Partei »Die Rechte«, sowie der Neonazi Karl-Heinz Statzberger und ein weiterer Gefolgsmann der »Kameradschaft Süd«, die für den 2003 geplanten Anschlag auf die Synagoge am Jakobsplatz rechtskräftig verurteilt wurden.
Beobachter der »Antifaschistischen Informations-, Dokumentations- und Archivstelle München«, die unter den Teilnehmern auch den AfD-Funktionär Thomas Fügner und den Bundesvorsitzenden der »Freiheit«, Michael Stürzenberger, ausmachten, sprachen im Anschluss von einem »Szenetreffen der bayerischen Neonazis«.
aufmärsche Die Israelitische Kultusgemeinde und deren Präsidentin stoßen bei den Pegida-Aufmärschen an ihre Grenzen. »Es ist schwer zu ertragen«, erklärte Charlotte Knobloch bei der Eröffnung der Ausstellung Nie wieder! im NS-Dokumentationszentrum, »dass zum Teil dieselben einschlägig verurteilten Rechtsterroristen, die die Grundsteinlegung zum Jüdischen Zentrum am Jakobsplatz in ein Blutbad verwandeln wollten, heute wieder ihre Gesinnungsgenossen mobilisieren und anführen können«.
Zu den Pegida-Kundgebungen kommen zwar immer weniger Menschen, darunter befinden sich jedoch zahlreiche polizeibekannte Rechtsextremisten.
Zu den Pegida-Kundgebungen, an denen zu Beginn bis zu 1500 Sympathisanten teilnahmen, kommen zwar immer weniger Menschen, dafür befinden sich darunter regelmäßig zahlreiche polizeibekannte Rechtsextremisten. Auch Vertreter der neonazistischen Partei »Der III. Weg« zählen zu den Teilnehmern und Rednern, ebenso wie Personen aus dem Umfeld der »Identitären Bewegung«. Deren Symbol wurde wiederholt am Rednerpult von Pegida München angebracht.
Für Charlotte Knobloch sind die Auftritte der Rechten nicht akzeptabel. »Ich verstehe nicht«, beschreibt sie ihre Sorge, »warum Pegida über Monate und Jahre historisch sensible Orte und Daten besetzen, missbrauchen und für ihre menschenverachtende Ideologie instrumentalisieren darf.«
Der IKG-Präsidentin ist bewusst, dass es spät sei, um den Anfängen des Wiedererstarkens rechter Kräfte zu wehren, zu spät, um das »Immer noch« zu verhindern. Nicht zu spät sei es ihrer Überzeugung nach aber, die freiheitlich-demokratische Verfasstheit des Landes zu retten. »Das«, so Charlotte Knobloch, »liegt in unseren Händen, in unserer Verantwortung.«