Ein Buddha mit Davidstern, eine Plüschtorarolle und ein Ponyhof-Ortseingangsschild? Das alles gibt es – nämlich im »Happy Hippie Jew Bus« der Künstlerin Anna Adam. Und dieser bunte Bus machte am vergangenen Sonntag in Schwabach halt, und zwar beim ersten Synagogengassenfest des Jüdischen Museums Franken, der Stadt Schwabach und des Vereins Synagogengasse 6.
Der mit Tüchern und Friedensflaggen ausgestattete Van wollte eine unkonventionelle Begegnung mit dem Judentum schaffen. Und er war nur ein Programmpunkt des Festes: Jewish Street Music mit dem Marimbafon-Musiker Alex Jacobowitz oder eine Führung »Jüdisches Leben in Schwabach« waren Highlights des Festes, das »aktuelles jüdisches Leben für einen Tag in der historischen Synagogengasse erlebbar« machen wollte.
Engagement Auch Zentralratspräsident Josef Schuster und Ludwig Spaenle, der Antisemitismusbeauftragte der Bayerischen Staatsregierung, waren eingeladen. Schuster war begeistert vom bürgerschaftlichen Engagement des Vereins Synagogengasse 6, der mit dafür gesorgt hatte, dass vor 20 Jahren die Schwabacher Synagoge wiedereröffnet werden konnte. Das sei ein Anlass für »Freude und Dankbarkeit gegenüber allen, die daran teilhatten und teilhaben – von nichtjüdischer und jüdischer Seite«.
»Wenn es eine aktive Bürgerschaft gibt, sind Jüdinnen und Juden ein Stück sicherer.«
Zentralratspräsident Josef Schuster
Zugleich sei das Doppeljubiläum aber auch »ein Anlass zum Nachdenken«. Schuster verwies mit Blick auf das Schicksal des Schwabacher Rabbiners Fränkel, der im 18. Jahrhundert gewirkt hatte, auf das »Dilemma der Geschichte der Juden in Deutschland«: Einerseits reiche die Geschichte der Juden in Deutschland mehr als 1700 Jahre zurück. Andererseits seien Juden immer dann bedroht, wenn ein Schuldiger gesucht werde: »Je besser sich Juden in eine Gemeinschaft integrieren wollen, ohne dabei ihre eigene Identität aufgeben zu müssen, desto größer scheinen Neid und Gefahr«, betonte der Zentralratspräsident und verwies dabei auf die Reaktionen auf seine Äußerungen zum Wahlerfolg der AfD im thüringischen Sonneberg.
Religion Dennoch sei das jüdische Leben in Deutschland sicher: »Mein Sicherheitsbegriff umfasst die freie Gestaltung des Gemeindelebens, Kulturveranstaltungen, die freie Ausübung der Religion und vieles mehr.« Schuster betonte, dass sich die jüdische Gemeinschaft hierzulande entfalten könne: »Überall dort, wo es eine aktive Bürgerschaft gibt, sind Jüdinnen und Juden ein Stück sicherer«, sagte der Würzburger.
Gerade in Zeiten der Inflation und hoher Energiekosten gebe es viele Unsicherheiten, die die Menschen bewegten und auch deren Blick trübten. Die Lösung liege aber nicht darin, zu polarisieren, Schuldige zu suchen und Brücken einzureißen. Gefragt sei vielmehr das Gegenteil: »Rhetorisch ein wenig abrüsten, miteinander ins Gespräch kommen; sachlich, pragmatisch und lösungsorientiert.« Das gelte für den Bundestag, den Landtag, den Bezirkstag, aber auch für die Zivilgesellschaft.
Mit Blick auf das Doppeljubiläum betonte Schuster, dass es wohltuend sei, zu sehen, dass man auch anders agieren könne: »Dass man sich als Bürgerschaft zusammenfindet und eine Sache auf die Beine stellt.« Mit einem emotionalen Bekenntnis beendete der Zentralratspräsident sein Grußwort: »Ich freue mich, heute hier zu sein!«
vielfältigkeit Die Vielfältigkeit des Judentums zeigte sich nach dem Festakt, als Ludwig Spaenle bei seinem Rundgang durch das Synagogengassenfest ins Gespräch mit der Berliner Künstlerin Anna Adam kam. Seit Jahren ist sie mit dem Bus in ganz Deutschland unterwegs, um das Judentum humorvoll zu vermitteln.
Offensichtlich überrascht war der Antisemitismusbeauftragte von der »Kuscheltora«, die zum Inventar ihres Busses gehört. Dass es einen »Jewish Buddha« gibt, dürfte ebenfalls den wenigsten Festbesuchern bekannt gewesen sein. Demnächst ist Adam übrigens in Brandenburg zu Gast – dort will sie jugendlichen Feuerwehrleuten die Inhalte des Judentums vermitteln.
Überraschend Kriminelles – natürlich nur im übertragenen Sinne – gab es bei der Bamberger Rabbinerin Yael Deusel. Sie ging unter dem Motto »Kriminalfälle aus jüdischen Quellen« der Geschichte von Königin Waschti aus dem Buch Esther auf den Grund. Dabei stellte sich heraus, dass die persische Königin eine selbstbewusste Frau gewesen sein muss, die in der späteren Überlieferung allerdings nicht sonderlich gut behandelt wurde.
Kulinarisches Wem das zu viel war, der konnte sich bei Rugelach, Hamantaschen oder Sufganiot einen Überblick darüber verschaffen, was wann nach jüdischer Tradition gegessen wird. Und wusste hinterher, dass es bis zu Sufganiot und Hamantaschen noch ein wenig dauert und im September erst einmal der Granatapfel im Mittelpunkt stehen wird.
So wissensmäßig und genüsslich gestärkt waren die Gäste des Straßenfestes dann auf die Ausstellungs-Preview von Tuchmann verschwindet. Leben und Schicksal eines Schwabacher Fabrikanten vorbereitet, die ab 27. Juli in der ehemaligen Synagoge Schwabach zu sehen sein wird.
Erzählt wird darin die Lebensgeschichte des Grammofonnadel-Fabrikanten Tuchmann, der 1937 mit seiner Frau vor den Nazis nach Prag und von dort 1939 nach Amsterdam, Brüssel und New York fliehen musste. Der Fabrikant starb 1942 im mexikanischen Kurort Cuernavaca, seine Frau ein Jahr später. In der von Marina Heller kuratierten Ausstellung sei außerdem eine Präsentation von weiteren Exponaten zur Geschichte Walter Tuchmanns geplant, verriet Daniela Eisenstein, die Direktorin des Jüdischen Museums Franken.
Dass die jüdische Geschichte Schwabachs viele Facetten hat, das konnten die Besucherinnen und Besucher des Synagogengassenfestes, das alle zwei Jahre stattfinden soll, noch beim Abschlusskonzert des Musikensembles »Simkhat Hanefesch« erleben. Die Musiker brachten jiddische Lieder und jüdische Musik aus Renaissance und Barock zum Klingen – eine weitere Seite jüdischer Geschichte.