Hilfe

Pandemie und Pessach

Hier finden Kino, Konzerte, Buchvorstellungen und Polit-Talks statt, hier waren schon der Bundespräsident, die Kanzlerin und hochrangige Repräsentanten des öffentlichen Lebens zu Gast. In dieser Woche hat der Hubert-Burda-Saal im Gemeindezentrum der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern (IKG) eine ganz andere Funktion. Von der Sozialabteilung wurde er für ein paar Tage zum Verpackungs- und Paketzentrum umfunktioniert.

TAPETENWECHSEL Hinter dem Tapetenwechsel verbirgt sich ein Stück soziales Engagement, das mit Pessach verbunden und über drei Jahrzehnte hinweg zu einer geschätzten und liebgewonnenen Tradition geworden ist: die Pessach-Paket-Aktion für die so-zial schwächeren Mitglieder der Gemeinde. »Selbst wenn es uns schmerzt, dass wir wegen Corona zum zweiten Mal nicht wie gewohnt im Kreis von Familie und Gemeinschaft feiern können«, betont IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch, »werden auch in dieser schwierigen Zeit die Schwächsten in unserer Gemeinde nicht vergessen.«

Olga Albrandt, die Leiterin der Sozialabteilung und Organisatorin der Aktion, konnte sich auch in den turbulenten Zeiten wieder in gewohnter Weise auf ihre ehrenamtlichen Helfer verlassen. Doch die hatten diesmal noch mehr als sonst alle Hände voll zu tun. 1350 Geschenkpakete – so viele gab es bisher noch nie.

KRISENMANAGEMENT Abgeholt werden können die Pessach-Geschenkpakete noch bis Freitag dieser Woche. Zwischen 10 und 15 Uhr ist das möglich, wobei auch die Hygienevorschriften eingehalten werden. Das Sicherheits- und Krisenmanagement der Gemeinde hat entsprechende Maßnahmen getroffen, um einen gefahrlosen Besuch des Gemeindezentrums zu ermöglichen.

Die Aktion bietet zudem die Möglichkeit zu persönlicher Begegnung und Gesprächen.

Über die vielen Gemeindemitglieder, die die Pessachpakete ins Gemeindezentrum am Jakobsplatz locken, freut sich Olga Albrandt trotz der bestehenden Einschränkungen ganz besonders. »Hier bietet sich wieder einmal die Möglichkeit zu persönlichen Begegnungen und Gesprächen, die durch die Pandemie und den Lockdown nicht gegeben war«, weist sie auf den besonderen Nebeneffekt der Aktion hin.

Das Fehlen dieser Kontakte hatte IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch schon beim ersten Lockdown vor einem Jahr als besonders schmerzlich bezeichnet: »Persönliche Kontakte und Gespräche sind in vielen Fällen durch nichts zu ersetzen.« Auf der anderen Seite steht sie hinter einer weitgehenden Digitalisierung der Gemeinde, die im vergangenen Jahr besonders intensiv betrieben wurde. Die Vorstandssitzungen im digitalen Format sind nur ein Beispiel für die bemerkenswerten Fortschritte in diesem Bereich. »Viele Arbeitsprozesse in der Gemeinde«, so ihre Einschätzung, »können dadurch effektiver gestaltet werden.«

KRAFTANSTRENGUNG Bei der Pessachpaket-Abholaktion spielt der digitale Faktor nur eine untergeordnete Rolle. Vorsicht und Distanz bestimmen das Projekt so wie bereits im vergangenen Jahr. »Verbunden ist das aber mit der innigen Hoffnung, dass wir diese Regeln bald hinter uns lassen können«, beschreibt IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch den allgemeinen Gemütszustand in der Gemeinde.

Vorsicht und Distanz sind wie bereits im vergangenen Jahr selbstverständlich.

»Uns ist bewusst«, sagt sie auch im Namen der Vorstandsmitglieder und aller Mitarbeiter, »dass die Kraft bei vielen Menschen nach über einem Jahr Pandemie knapp wird. Dennoch braucht es heuer noch einmal eine Kraftanstrengung, um so schnell wie möglich wieder gesund zusammenkommen zu können.«

LIEFERDIENST Die Verantwortlichen der Israelitischen Kultusgemeinde haben bei dem Geschenkprojekt auch an diejenigen Mitglieder gedacht, die aufgrund von Behinderungen nicht in der Lage sind, ins Gemeindezentrum zu kommen, um ihr Pessachpaket selbst abzuholen. Hier hält die Gemeinde einen besonderen Service bereit: »Für diese Menschen haben wir einen Lieferdienst eingerichtet, der das Päckchen zu den Betroffenen nach Hause bringt«, schildert Olga Albrandt die Situation.

Berlin

»Wir sind bitter enttäuscht«

Nach den höchst umstrittenen Wahlen in der Jüdischen Gemeinde zogen die Kritiker nun vor Gericht. Doch das fühlt sich nicht zuständig – und weist die Klage ab

von Mascha Malburg  15.01.2025

Forschung

Vom »Wandergeist« einer Sprache

Die Wissenschaftlerinnen Efrat Gal-Ed und Daria Vakhrushova stellten in München eine zehnbändige Jiddistik-Reihe vor

von Helen Richter  14.01.2025

Nachruf

Trauer um Liam Rickertsen

Der langjährige Vorsitzende von »Sukkat Schalom« erlag seinem Krebsleiden. Er war ein bescheidener, leiser und detailverliebter Mensch

von Christine Schmitt  14.01.2025

Porträt der Woche

Keine Kompromisse

Rainer R. Mueller lebt für die Lyrik – erst spät erfuhr er von seiner jüdischen Herkunft

von Matthias Messmer  12.01.2025

Familien-Schabbat

Für den Zusammenhalt

In den Synagogen der Stadt können Kinder und Eltern gemeinsam feiern. Unterstützung bekommen sie nun von Madrichim aus dem Jugendzentrum »Olam«

von Christine Schmitt  12.01.2025

Köln

Jüdischer Karnevalsverein freut sich über großen Zulauf

In der vergangenen Session traten 50 Neumitglieder dem 2017 gegründeten Karnevalsverein bei

 11.01.2025

Vorsätze

Alles neu macht der Januar

Vier Wochen Verzicht auf Fleisch, Alkohol und Süßes? Oder alles wie immer? Wir haben Jüdinnen und Juden gefragt, wie sie ihr Jahr begonnen haben und ob sie auf etwas verzichten

von Brigitte Jähnigen, Christine Schmitt, Katrin Richter  09.01.2025

Würdigung

»Vom Engagement erzählen«

Am 10. Januar laden Bundespräsident Steinmeier und seine Frau zum Neujahrsempfang. Auch die JSUD-Inklusionsbeauftragte Jana Kelerman ist dabei

von Katrin Richter  09.01.2025

Gedenktag

Uraufführung mit den »Violins of Hope«

Ein besonderes Konzert anlässlich des 80. Jahrestags der Befreiung von Auschwitz hat sich das Rundfunk-Sinfonieorchester vorgenommen. Es interpretiert ein Werk für die Geigen, die die Schoa überstanden haben

von Christine Schmitt  08.01.2025