München

Orientierung geben

Michaela Rychlá sprach über die Entstehung der drei Bände und über ihr eigenes Leben. Foto: Daniel von Loeper

Mit der Publikation der Lehrbücher von Der Glaube Israels. Emunat Jissra’el. Ein Lehrbuch für Schule und Familie von Michaela Rychlá in erster Fassung hat im Jahr 2013 für den deutschsprachigen jüdischen Religionsunterricht an Gymnasien eine ganz neue Zeit begonnen. Daran erinnerte Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, am 2. Juni im Hubert-Burda-Saal im Gemeindezentrum bei der Vorstellung der drei Bände.

»Für die 8., 9. und 10. Klassen, denen die Bände gewidmet sind, endete damit die Ära der Improvisation und Behelfslösungen: Mit schnellen Übersetzungen aus hebräischen Texten und fotokopierten Arbeitsblättern aus amerikanischen Lehrbüchern war es vorbei«, schilderte Charlotte Knobloch die damalige Situation.

einschnitt »Stattdessen gab es endlich ein Werk, das bei uns und für uns funktioniert. Erstmals seit dem tiefsten Einschnitt in der jüdisch-deutschen Geschichte bekamen Schüler und Lehrer der jüdischen Religion Lehrmaterialien an die Hand, die speziell für die Verwendung im deutschen Schulsystem entwickelt wurden.«

Das dreibändige Werk schließt eine große Lücke im jüdischen Religionsunterricht.

In den drei nun vorliegenden Bänden werden folgende Themenbereiche behandelt: das jüdische Gebet; die Feiertage und ihr Brauchtum; die Tora – ihre zentralen Wochenabschnitte; die jüdische Bibel Tanach; Einführung in das rabbinische Schrifttum – die Mischna und der Talmud; die Fastentage, Trauer- und Gedenktage Israels; Geschichte Israels in der biblischen Zeit, im Altertum, Mittelalter und im 20. Jahrhundert sowie berühmte Persönlichkeiten der Bibel und große Gelehrte.

Die Lehrbuchreihe in drei Bänden für den Religionsunterricht jüdischer Jugendlicher der Jahrgangsstufen acht bis zehn ist geschrieben nach den Lehrplanvorgaben des Bayerischen Kultusministeriums für die gymnasiale Mittelstufe und im Verlag Hentrich & Hentrich erschienen.

orientierung Ein großes Anliegen von Michaela Rychlá ist es, jungen Menschen eine Orientierung in der Zeit des Erwachsenwerdens zu geben. Deshalb werden Themen wie die Schöpfung und ihre Bewahrung, Liebe im Judentum und die Beziehung des Judentums zum Christentum und Islam bejahend, aber auch kontrovers behandelt. Aufgaben und Übungen regen zu Wiederholung sowie Reflexion an.

Bei der Vorstellung des Buches erzählte die Autorin über die Entstehung der drei Bände und über ihr eigenes Leben. Denn eine erfolgreiche Karriere schien ihr in ihrer Jugend verwehrt. Geboren 1957 in der Tschechoslowakei, war sie von Kindheit an interessiert an Musik, Geschichte und Kultur. Doch als Tochter eines nicht systemkonformen Vaters wurde ihr der Besuch einer weiterbildenden Schule nicht gestattet.

Sie musste einen Lehrberuf ergreifen – und wurde Buchhändlerin. Nach der Emigration nach Deutschland holte sie ihr Abitur nach. An der Goethe-Universität in Frankfurt/Main studierte sie Geschichts­wissenschaften und verschiedene jüdische Disziplinen. Seit 1995 ist sie Lehrerin für jüdische Religion und unterrichtete in Frankfurt, Halle/Saale, Regensburg und bis heute in München.

Als leidenschaftliche Lehrerin wollte sie nicht hinnehmen, wie wenig ihre Schüler über die eigene jüdische Geschichte wussten. Der Schritt zur Buchreihe war getan. Es sollte keine trockene Textreihe werden. Sie wollte ihre Begeisterung und ihre Liebe zur Religion auch an die Kinder weitergeben – sachlich, aber begleitet von Bildern und Geschichten.

Originelle Bildmotive mussten gefunden werden, wie zum Beispiel dasjenige des Malers Moritz Daniel Oppenheim mit dem Motiv des Kittels eines Kindes aus einer Höhle am Toten Meer, der wohl mit über 1800 Jahren ältesten erhaltenen Textilie, bis hin zu einer eingemauerten Synagoge und deren sensationellen Funden in Erfurt.

spurensuche Gemeinsam mit den Besuchern im Hubert-Burda-Saal blätterte Rychlá durch die drei Bände. Zu den einzelnen Abbildungen erzählte sie die jeweilige Spurensuche. Zugleich verwies sie dabei auf wissenswerte Details zur jüdischen Geschichte, etwa mit dem Bild, das die Machtübergabe von Mosche Rabejnu an seinen Diener Jehoschua bin Nun zeigt.

Es sind aber nicht nur Bilder und Geschichten. In akribisch zusammengestell­ten Listen zeigt die Autorin, wo sich was in der Tora findet. Auch zur Gestaltung der Buchcover hat sie ein Konzept erstellt: Der erste Band, der sich an die Jüngsten ihrer Schüler wendet, zeigt ein Mädchen beim Segnen der Schabbatkerzen – passend zum Batzmizwa-Alter von zwölf Jahren.

Aufgaben und Übungen regen zu Wiederholung sowie Reflexion an.

Der zweite Band zeigt dann korrespondierend dazu einen jungen Mann im Barmizwa-Alter mit Kidduschbecher und Siddur auf dem Titel. Der letzte Band zeigt auf dem Cover einen jungen Erwachsenen mit Torarolle.

Charlotte Knobloch hatte in ihrer Ansprache die jahrelange, unermüdliche Arbeit von Michaela Rychlá gewürdigt, die diesen Meilenstein für die jüdische Schulpädagogik möglich gemacht habe: »In ihr fand die jüdische Religionslehre mehr als eine engagierte Lehrerin – wir fanden eine Person, die ihren Schülern ihr ganzes Herzblut und ihre Liebe für die jüdische Tradition vermittelt, und das seit Generationen.« Sie dankte ihr »für Ihre großartige und außergewöhnliche Arbeit heute und in den vielen Jahrzehnten, die Sie uns schon verbunden sind«.

Michaela Rychlá: »Der Glaube Israels. Emunat Jissra’el. Ein Lehrbuch für Schule und Familie«. Band 1 bis 3. Hentrich & Hentrich, Berlin/Leipzig 2016–2021, 152 S., 50 Abb., 24,90 €

Magdeburg

Magdeburg erhält 800. Stolperstein

2007 wurde der erste Gedenkstein für den früheren Magdeburger Bürgermeister Herbert Goldschmidt verlegt

 31.03.2025

Berlin

Initiatoren halten an »Drei-Religionen-Kita« fest

Aufgrund von Sparmaßnahmen strich der Senat im vergangenen Dezember die Fördergelder

 31.03.2025

Todestag

Wenn Worte überleben - Vor 80 Jahren starb Anne Frank

Gesicht der Schoa, berühmteste Tagebuch-Schreiberin der Welt und zugleich eine Teenagerin mit alterstypischen Sorgen: Die Geschichte der Anne Frank geht noch heute Menschen weltweit unter die Haut

von Michael Grau, Michaela Hütig  31.03.2025

Porträt der Woche

In der Rolle aufgehen

Nelly Pushkin hat Mathematik studiert – und ist Rebbetzin aus Leidenschaft

von Brigitte Jähnigen  30.03.2025

Buch

Die Zeit festhalten

Der Fotograf Stephan Pramme hat für die »Objekttage« des Jüdischen Museums Berlin Jüdinnen und Juden in Deutschland porträtiert. Sie zeigten ihm Erinnerungsstücke, die für ihre Familien- und Migrationsgeschichte stehen

von Katrin Richter  30.03.2025

Reportage

Rinderschulter und Pastrami

Im Berliner Westend eröffnen ungleiche Freunde die einzige koschere Fleischerei Deutschlands. Ein Besuch im Kälteschrank

von Mascha Malburg  30.03.2025

Bücher

Stöbern, ausleihen, lesen

In den Bibliotheken der jüdischen Gemeinden finden sich Romane, religiöse Literatur oder Geschichten für Kinder. Mitglieder und Besucher können sich in Ruhe auf die Suche nach ihrer Lieblingslektüre machen

von Christine Schmitt, Katrin Richter  27.03.2025

Berlin

Geschichte sichtbar machen

Eine neue Gedenktafel erinnert an das ehemalige Logenhaus von B’nai B’rith Berlin

von Christine Schmitt  27.03.2025

Berlin

Zwischen allen Welten

Die private Fotosammlung der Chemnitzer Erzieherin Käte Frank von 1928 – 1942 ist Zeugnis einer abenteuerlichen Flucht

von Sabine Schereck  26.03.2025