Wie sich Deutschland auf den »Eurovision Song Contest« vorbereitet, verfolgen derzeit Millionen Zuschauer im Fernsehen. Keine Woche vergeht, ohne dass über die Teilnehmer diskutiert wird. Ganz anders sieht es bei der »Jewrovision« aus, die am 3. März in der Kulturhalle Zenith in der Münchener Lilienthalallee stattfindet.
Für den Tanz- und Musikwettbewerb der Jugendzentren wird hinter verschlossenen Türen geprobt. Details möchte kaum jemand ausplaudern, die Songs unterstehen besonderer Geheimhaltung. Schließlich möchte jeder der zwölf Teilnehmer erst auf der großen Bühne zeigen, was sie in der langen Vorbereitungszeit auf die Beine stellen konnten.
Zweimal hintereinander hatte das Jugendzentrum Olam aus Berlin den Wettbewerb für sich entschieden, im vergangenen Jahr wurde die »Jewrovision« dann auch in der Hauptstadt ausgerichtet. »Nur weil sie jetzt in München stattfindet, können wir uns aber nicht einfach zurücklehnen«, sagt Eyal Levinski.
Disziplin 25 Jugendliche wollen er und seine Mitstreiter auf den großen Tag im März vorbereiten, das verlangt viel Disziplin. Dreimal in der Woche wird geprobt, »meistens sind sogar alle da«, erzählt Levinski. »Wenn die Kinder mal wegen Schulverpflichtungen nicht kommen können, ist das kein Problem. Es geht ja auch nicht immer um hartes Training, sondern um den Spaß, den wir gemeinsam haben.«
Im Oktober suchte das Berliner Jugendzentrum bei einem Casting die Teilnehmer für das Event. Nur zwei von denen, die es schließlich geschafft haben, standen schon 2011 auf der Bühne. »Wir würden zwar gerne den Hattrick in München schaffen, aber auch unsere jüngeren Kinder sollen mal eine Chance bekommen.
Gewinnen ist bei der ›Jewrovision‹ schließlich nicht alles.« Anstrengen müssen sich die Berliner trotzdem, das erwarten auch die anderen Jugendzentren. »Wir sind Berlin, wir haben immer gute Shows abgeliefert und die Messlatte höher gelegt.« Die Hauptstädter haben auch in München die Favoritenrolle.
Geschichte Doch auch in Köln hat man Ambitionen. »Wir als Jugendzentrum einer großen Gemeinde rechnen mit einer guten Platzierung, auf jeden Fall wollen wir in den Top 5 landen«, erzählt Jugendleiter Alex Bondarenko. »Letztes Jahr kamen wir auf den sechsten Platz, das war okay, aber jetzt wollen wir vorne dabei sein.« Das soll mit einer Geschichte gelingen, in der es um Jugendliche geht, die weder an der jüdischen Religion noch Kultur interessiert sind – bis sie auf ungewöhnliche Weise Bekanntschaft mit ihren Vorfahren machen.
23 Sänger und Tänzer schicken die Kölner auf die Bühne, und die stehen wegen der Proben schon unter gehörigem Stress. »Deshalb müssen wir zwischendurch auch mal etwas anderes machen«, sagt Bondarenko. Am vergangenen Sonntag ging es deshalb auf die Bowling-Bahn. »Aber zwei bis drei Stunden wurde danach schon noch geprobt«, erklärt der Jugendleiter.
Reiz Die »Jewrovision« hat also eine große Anziehungskraft. »Seit der Ankündigung steigen die Besucherzahlen im Jugendzentrum von Woche zu Woche. Das Problem ist nur, die Kinder und Jugendlichen auch danach bei uns zu halten. Das ist dann die Aufgabe der Madrichim, und im vergangenen Jahr hat es ziemlich gut geklappt«, sagt Bondarenko.
Auch in Duisburg freut man sich immer wieder über die positiven Folgen des jüdischen Musikevents für den Alltag im Jugendzentrum. »Dieser Wettbewerb stärkt das Gemeinschaftsgefühl. Und er zeigt, dass wir nicht nur ein Spaßverein sind, sondern gemeinsam auch etwas schaffen können«, sagt Jugendleiter Oleg Tartakowski. Das habe sich auch schon in Jugendzentren herumgesprochen, die bisher nicht an der »Jewrovision« teilgenommen haben.
»Damit wird die Veranstaltung immer größer. Auch die Shows werden von Jahr zu Jahr professioneller.« Die Duisburger proben jetzt regelmäßig mit Beleuchtung und Mikros im großen Saal der Gemeinde. Früher reichten günstige Kostüme, heute müssen sie ausgefallen sein. »Im letzten Jahr hat ein anderes Jugendzentrum die gleichen Leggings wie wir«, erzählt Tartakowski. Deshalb soll nun extravagante Kleidung her.
Livemusik Auch in Frankfurt betreibt man einen großen Aufwand für das Spektakel. Viel zum Inhalt möchte Jugendleiter Zvi Bebera nicht erzählen, doch immerhin verrät er, dass neben zahlreichen Sängern und Tänzern auch eine Live-Band auf der Bühne stehen wird. So soll auch die traditionelle jüdische Musik in die Show eingebunden werden, um dem diesjährigen »Jewrovisions«-Motto »back to the roots« gerecht zu werden. »Aber wenn ich mehr sage, reißt man mir hier den Kopf ab«, sagt Bebera lachend.
Mit knapp 100 Jugendlichen werden die Frankfurter nach München reisen. »Durch solche Events, aber auch durch die vielen kleineren Ausflüge wird das Zusammengehörigkeitsgefühl unter den Kindern gestärkt«, weiß Bebera. Die Fans und Freunde fiebern mit, auf der Bühne und hinter den Kulissen wird zusammengearbeitet. »Sie sind füreinander da, ob wir gewinnen oder verlieren.« Wie es ausgehen soll, ist aber klar. »Frankfurt hat noch nie gewonnen. Und jetzt sind wir hungrig ...«