Mit einem großen Festakt ist am Sonntag die neue Synagoge in Rottweil eingeweiht worden. Gleichzeitig wurde Levi Yitzchak Hefer als neuer Rabbiner der Gemeinde Rottweil/Villingen-Schwenningen in sein Amt eingeführt. Zu den Gästen der Feier zählten Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), der Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Volker Kauder und Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland.
Die neue Synagoge hat etwa vier Millionen Euro gekostet. Finanziert wurde sie größtenteils vom Oberrat der Israelitischen Religionsgemeinschaft Baden. Die Gemeinde Rottweil/Villingen-Schwenningen beteiligt sich ebenfalls an den Kosten.
Torarollen Bevor der Festakt begann, wurden die Torarollen der Gemeinde wurden unter Singen und Tanzen vom alten Postgebäude, wo sich die provisorische Synagoge befunden hatte, zum neuen Gotteshaus am Nägelesgraben getragen. Dort wurde der neue Rabbiner Levi Yitzchak Hefer von Landesrabbiner Moshe Flomemann und Jehuda Puschkin, Vorstandsmitglied der Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschland, in sein Amt eingeführt.
Beim Festakt zur Einweihung der Synagoge sagte Zentralratspräsident Schuster: »Deutschland ist unsere Heimat. Wir sind hier und bleiben hier.« Ministerpräsident Winfried Kretschmann sprach von einem Tag der Freude, aber auch der Erinnerung und Mahnung, einem Tag gegen Antisemitismus und für eine vielfältige Gesellschaft. 79 Jahre, nachdem der damalige Betsaal von SA-Männern zerstört worden sei, werde nun jüdisches Leben mitten in der Stadt wieder klarer sichtbar, sagte Kretschmann. Volker Kauder betonte, er fühle sich beschenkt. Deutschland habe dem Judentum Ruhm und Glanz zu verdanken, nicht nur in der Wissenschaft.
Der neue Rabbiner Hefer sagte, er sei sehr aufgeregt: »Das ist eine große Ehre und Verantwortung für mich.« Er hoffe auf aufstrebendes jüdisches Leben in der Stadt, und »dass die Synagoge in ein paar Jahren zu klein sein wird«. Für Rami Suliman, dem Vorsitzenden der Israelitischen Religionsgemeinschaft Baden, war es ebenfalls ein bewegender Moment: »Wir schlagen ein neues Kapitel auf!« Suliman betonte: »Wer ein Haus baut, will bleiben. Ja, wir gehören hierher.«
Handschrift Oberbürgermeister Ralf Broß hatte ein Faksimile des wohl ältesten Dokuments aus dem Rottweiler Stadtarchiv dabei: eine jüdische Handschrift, die wohl aus dem 12. Jahrhundert stammt. In seiner Rede erinnerte er an die beinahe 700 Jahre gemeinsame Geschichte. Trotz des jähen Endes der jüdischen Gemeinde in der Reichspogromnacht, sei die Erinnerung an die jüdische Gemeinde von den Bürgern bewahrt worden. In seinen Augen kehre deshalb ein Stück Normalität nach Rottweil zurück.
Die Geschäftsführerin der Gemeinde, Tatjana Malafy, dankte vor allem ihrer Familie für die Unterstützung. Pfarrer Christian Honold überbrachte die Grüße der evangelischen und katholischen Kirchengemeinden der Stadt. Dies sei ihm, so Honold, nicht nur Freude, sondern auch Ehre und Pflicht. Landrat Wolf-Rüdiger Michel erinnerte daran, dass die Tora auch zum Erbe der Christen gehöre. So sei man an diesem Tag quasi unter Verwandten. Die Synagoge bedeute einen Neubeginn: »Sie gründen Familien und leben mitten unter uns.«
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