Chanukka

Mut zum Licht

Großer Chanukkaleuchter in Stuttgart Foto: Leif Piechowski

Zu Chanukka 5776 bleibt man in der Jüdischen Gemeinde zu Dresden beim Lichterzünden der Tradition treu: Die Lichter werden innerhalb der Räume der Gemeinde entzündet – entweder in der Synagoge, im Gemeindesaal oder im Café.

Meist wird das Kerzenzünden mit einem bestimmten Anlass verknüpft: So wird die erste Kerze nach dem Abendgebet in der Synagoge bei Sufganiot und Kaffee im Gemeindecafé entzündet, die dritte im Rahmen des Chanukka-Konzerts, die vierte während der Chanukkafeier des Seniorenklubs. »So haben wir es in den vergangenen Jahren immer gemacht«, berichtet Rabbiner Alexander Nachama, der seit drei Jahren in Dresden tätig ist.

leuchter Um Sicherheitsvorkehrungen gehe es dabei nicht, betont der Rabbiner. In der Gemeinde sei es eben nicht üblich, das Kerzenzünden draußen und öffentlich zu veranstalten. »Wir haben auch keinen so großen Chanukkaleuchter«, erklärt Nachama.

Außerdem sei das Kerzenzünden eher ein Anlass, der sich an die Gemeindemitglieder richte. Gäste sind dennoch willkommen – so lädt die jüdische Gemeinde etwa die Mitglieder des Freundeskreises Dresdner Synagoge ein.

Obwohl besondere Schutzmaßnahmen beim Kerzenzünden in Dresden auch nach den Anschlägen von Paris nicht vorgesehen sind, ist das Thema dennoch dauerhaft aktuell. »Wir sind eigentlich immer auf der Suche nach möglichen Schwachstellen und fragen uns, ob wir bei der Sicherheit alles richtig machen«, meint der Rabbiner.

sichtbar Anders als die Dresdner zündet die Israelitische Religionsgemeinschaft Württemberg ihre Chanukkakerzen traditionell draußen an. »Wir werden uns nicht beirren lassen, nicht zurückschrecken und gemeinsam mit Vertretern der Landesregierung auch in diesem Jahr das öffentliche Lichtzünden vor dem Neuen Schloss sichtbar machen«, sagt Barbara Traub. Anschließend werde der Lichtersegen gesprochen. Die Bevölkerung sei eingeladen, so die Vorstandssprecherin der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württemberg.

Stuttgart als Landeshauptstadt Württembergs hat ein vergleichsweise kleines Zentrum. Die große Chanukkia wird in unmittelbarer Nähe des Weihnachtsmarktes auf-
gestellt. Wer am 7. Dezember um 17.15 Uhr durch die Stadt flaniert, dem kann das Lichtzünden kaum entgehen. Daran soll sich auch in diesem Jahr nichts ändern.

appell »Gerade Chanukka ist in seiner Bedeutung geeignet, einen Appell in die Gesellschaft hinein zu senden«, sagt Barbara Traub. »Es geht um Werte der Demokratie wie Freiheit und Toleranz«, unterstreicht die Vorstandssprecherin.

Freilich werde die Sicherheit »etwas erhöht« werden. Schon einen Tag vorher, am 6. Dezember, wird um 16 Uhr am Gemeindezentrum am Weinhof in Ulm gemeinsam mit Oberbürgermeister Ivo Gönner das erste Licht für Chanukka entzündet werden.

Ebenfalls draußen entzündet die Gemeinde Heilbronn am 9. Dezember gegenüber vom Gemeindezentrum ihre Chanukkalichter. Die einzige Gemeinde, die ihre Kerzen in der Synagoge entzündet, ist die Gemeinde Esslingen. An allen Orten werden Mitglieder des Vorstandes der IRGW am Lichtzünden teilnehmen.

selbstbewusst Auch nach den Anschlägen in Paris und trotz erhöhter Vorsicht weltweit – Frankfurts Juden lassen sich das Feiern nicht nehmen. Trotzig eröffnete der WIZO-Basar, am vergangenen Samstag fanden in der Stadt gleich zwei riesige Batmizwa-Feiern statt, und auch die Lifestyle-Boutique der WIZO-Damen ging wie geplant über die Bühne. Zumindest fast wie geplant – nur ein Aussteller hatte Befürchtungen und war ferngeblieben.

Am 6. Dezember wird es in der großen Synagoge sogar eine größere Chanukkafeier als bisher geben. Unter dem Motto »Jagd nach dem Ölkrug« gibt es Basteleien, Torwandschießen, ein Lesezelt und zum Abschluss das Kerzenzünden. Am selben Tag wird in Bad Homburg zum sechsten Mal die große Chanukkia öffentlich auf dem Marktplatz entzündet.

»Ich habe zwar die Polizei informiert, aber null Befürchtungen«, sagt Imrich Donath, Mitgründer des Jüdischen Zentrums Bad Homburg. »Wir wollen normal leben und uns normal verhalten. Auch der neue Bürgermeister hat bereits sein Kommen zugesichert«, sagt Donath selbstbewusst.

gewicht Bereits Tradition haben auch die öffentlichen Feiern, die Chabad alljährlich auf dem Rathausplatz in Offenbach und vor der Frankfurter Alten Oper organisiert. Auch in diesem Jahr werden an beiden Orten riesige Chanukkiot entzündet, es gibt Sufganiot und Live-Musik.

»Wir werden die Chanukkia am 8. Dezember in der Öffentlichkeit entzünden, auch, wenn viele unserer Gemeindemitglieder Angst haben, dorthin zu gehen. Ich verstehe sie«, sagt Mendel Gurewitz, Rabbiner in Offenbach, aber »die Veranstaltung abzusagen, würde bedeuten, dass die Dunkelheit über das Licht gesiegt hätte. Und das wäre das Gegenteilt der Chanukka-Botschaft.«

Für die Frankfurter Veranstaltung am 13. Dezember hat Oberbürgermeister Peter Feldmann die Schirmherrschaft übernommen. Feldmann formulierte, was in diesem Jahr besonderes Gewicht hat: Das Entzünden der Chanukkalichter nach Eintritt der Dunkelheit deutet an, »dass man sich von der vorherrschenden Dunkelheit ringsum nicht entmutigen lassen soll«.

theater In Mülheim an der Ruhr ist das öffentliche Entzünden der Chanukkakerzen »eine wunderschöne Tradition«, sagt Alexander Drehmann, Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinde Duisburg-Mülheim-Oberhausen.

Nun wird die Gemeinde auch in der zweiten Stadt zu Chanukka den Kontakt zur Bevölkerung suchen und mit einer Chanukkia vor das Duisburger Theater ziehen. Dazu habe man sich lange vor den Anschlägen in Paris entschlossen und möchte das auch nicht mehr ändern.

»Wir wollen zeigen, dass wir da sind«, erklärt Drehmann, daran hätten auch die jüngsten Geschehnisse nichts geändert. In Mülheim schaut regelmäßig der Oberbürgermeister vorbei, die Zusammenarbeit mit der Stadt sei sehr gut. »Wir versuchen, die Öffentlichkeitsarbeit zu verbessern.«

sorgen In Düsseldorf wird schon seit vielen Jahren ein öffentliches Kerzenzünden veranstaltet, und wie macht man es nun? »Genauso«, betont Michael Szentei-Heise, Verwaltungsdirektor der Jüdischen Gemeinde in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt.

»Natürlich machen wir uns Sorgen, wir sind ja nicht leichtsinnig. Aber es gibt so wenige Dinge, bei denen wir mit unserer Jüdischkeit an die Öffentlichkeit gehen. Da kann es nicht sein, dass Idioten darüber bestimmen, ob wir das tun oder nicht«, erklärt Szentei-Heise.

Oft genug würde man aus Sicherheitsgründen öffentlich nicht in Erscheinung treten, doch die Situation kenne man schon seit einigen Jahrzehnten. »Der Wind ist etwas rauer geworden in der nichtjüdischen Umwelt«, sagt der Verwaltungsdirektor.

Brigitte Jähnigen, Rivka Kibel, Zlatan Alihodzic und Karin Schuld-Vogelsberg

Berlin

»Wir sind bitter enttäuscht«

Nach den höchst umstrittenen Wahlen in der Jüdischen Gemeinde zogen die Kritiker nun vor Gericht. Doch das fühlt sich nicht zuständig – und weist die Klage ab

von Mascha Malburg  15.01.2025

Forschung

Vom »Wandergeist« einer Sprache

Die Wissenschaftlerinnen Efrat Gal-Ed und Daria Vakhrushova stellten in München eine zehnbändige Jiddistik-Reihe vor

von Helen Richter  14.01.2025

Nachruf

Trauer um Liam Rickertsen

Der langjährige Vorsitzende von »Sukkat Schalom« erlag seinem Krebsleiden. Er war ein bescheidener, leiser und detailverliebter Mensch

von Christine Schmitt  14.01.2025

Porträt der Woche

Keine Kompromisse

Rainer R. Mueller lebt für die Lyrik – erst spät erfuhr er von seiner jüdischen Herkunft

von Matthias Messmer  12.01.2025

Familien-Schabbat

Für den Zusammenhalt

In den Synagogen der Stadt können Kinder und Eltern gemeinsam feiern. Unterstützung bekommen sie nun von Madrichim aus dem Jugendzentrum »Olam«

von Christine Schmitt  12.01.2025

Köln

Jüdischer Karnevalsverein freut sich über großen Zulauf

In der vergangenen Session traten 50 Neumitglieder dem 2017 gegründeten Karnevalsverein bei

 11.01.2025

Vorsätze

Alles neu macht der Januar

Vier Wochen Verzicht auf Fleisch, Alkohol und Süßes? Oder alles wie immer? Wir haben Jüdinnen und Juden gefragt, wie sie ihr Jahr begonnen haben und ob sie auf etwas verzichten

von Brigitte Jähnigen, Christine Schmitt, Katrin Richter  09.01.2025

Würdigung

»Vom Engagement erzählen«

Am 10. Januar laden Bundespräsident Steinmeier und seine Frau zum Neujahrsempfang. Auch die JSUD-Inklusionsbeauftragte Jana Kelerman ist dabei

von Katrin Richter  09.01.2025

Gedenktag

Uraufführung mit den »Violins of Hope«

Ein besonderes Konzert anlässlich des 80. Jahrestags der Befreiung von Auschwitz hat sich das Rundfunk-Sinfonieorchester vorgenommen. Es interpretiert ein Werk für die Geigen, die die Schoa überstanden haben

von Christine Schmitt  08.01.2025