Amtseinführung

Musikalischer Fingerabdruck

Kantor Assaf Levitin hat in der Jüdischen Gemeinde Hamburg viel vor

von Heike Linde-Lembke  24.09.2022 21:05 Uhr

Kantor Assaf Levitin Foto: Stephan Pramme

Kantor Assaf Levitin hat in der Jüdischen Gemeinde Hamburg viel vor

von Heike Linde-Lembke  24.09.2022 21:05 Uhr

Seine Stimme ist voll, reich an Volumen, souverän, samtig und wuchtig zugleich. Mühelos füllt sie den großen, hohen Saal der Aula der Hamburger Talmud-Tora-Schule, des jetzigen Joseph-Carlebach-Bildungshauses. Es ist die Stimme von Assaf Levitin, dem ersten fest angestellten liberalen Kantor der Jüdischen Gemeinde Hamburg nach der Schoa. Zu seiner Amtseinführung wurde der Bassbariton von Rabbiner Gábor Lengyel gesegnet.

An der feierlichen Amtseinführung nahm auch Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Bündnis 90/Die Grünen) teil. »Mit Assaf Levitin hat die Jüdische Gemeinde einen ausgezeichneten liberalen Kantor und international angesehenen Musiker gewonnen, der die Reformsynagoge weiterentwickeln wird«, lobte die Senatorin.

reformgemeinde Assaf Levitin wirkt seit Juni in der Reformgemeinde, die zur traditionell-orthodoxen jüdischen Einheitsgemeinde gehört. Er wurde 1972 in Israel geboren, schwärmte als Jugendlicher für den Blues, spielt Schlagzeug, Saxofon und Klarinette. Während seiner Militärzeit in Israel begann er zu singen, entdeckte sein Talent und studierte danach Gesang in Tel Aviv, Saarbrücken und Zürich. Sein erstes Engagement als Opernsänger hatte er in Dortmund.

Levitin will die musikalische jüdische Tradition von vor 1938 neu beleben.

2010 nahm er sein Studium im Kantorenseminar am Abraham Geiger Kolleg in Potsdam auf, kombiniert mit Jüdischen Studien. Heute ist er Kantor, Lehrer, Chorleiter, Komponist und Arrangeur. Seit 2014 tritt er für das Kulturprogramm des Zentralrats der Juden in Deutschland mit dem von ihm gegründeten Ensemble »Die Drei Kantoren« auf, mit dem er jetzt auch in Hamburg Konzerte gibt.

»Wir freuen uns außerordentlich, Assaf Levitin als ersten liberalen Kantor nach dem Ende der Schoa für unsere Gemeinde gewonnen zu haben, und wir feiern heute nicht nur den Beginn seiner Tätigkeit, wir feiern auch den Beginn unserer Gemeinsamkeit mit der Reformsynagoge«, sagte Philipp Stricharz, Vorsitzender der Einheitsgemeinde. Stricharz dankte auch den Mitgliedern der Reformsynagoge: »Danke, dass Sie bei uns geblieben sind, lassen Sie uns eine gemeinsame Zukunft aufbauen.« An der Bornplatzsynagoge, die neu aufgebaut werden soll, ist für die Reformsynagoge ein eigenes Zuhause geplant.

gleichberechtigung »Wir sind glücklich, dass es uns gelungen ist, Levitin nach Hamburg zu holen«, sagte Michael Heimann, Vorsitzender der Kultuskommission der Reformsynagoge, die nach eigenen Angaben 200 Mitglieder hat. »Vor mehr als sechs Jahren trafen sich Hamburger Jüdinnen und Juden, die mehr Gleichberechtigung und Aufgeschlossenheit wünschten, nun erhalten wir sogar eine eigene Synagoge an der kommenden Bornplatzsynagoge«, freut sich Heimann.

»Als Reformrabbiner mit orthodoxer Abstammung aus Budapest bewundere ich die Vorstandsentscheidung der Jüdischen Gemeinde Hamburg, Kantor Levitin für die Reformsynagoge einzustellen. Ein Kantor ist ein Schaliach Zibur«, lobte Rabbiner Gábor Lengyel.

Levitin will die musikalische jüdische Tradition von vor 1938 neu beleben. »Für Hamburg hat Leon Kornitzer vor der Schoa ein liturgisches Buch mit hervorragender Musik verfasst. Kaum jemand kennt diese Musik noch, und das möchte ich ändern«, sagt Levitin.

Der 49-Jährige sieht sich außerdem als Komponist für die Gemeinde und möchte, dass die Reformsynagoge einen »musikalischen Fingerabdruck« hat, teils mit seiner Musik, teils mit den Werken anderer Komponistinnen und Komponisten. Zudem will er einen gemischten Chor gründen.

In einer früheren Version des Artikels wurde in der Unterzeile die Liberale Jüdische Gemeinde anstelle der Jüdischen Gemeinde erwähnt. Wir haben den inhaltlichen Fehler korrigiert.

Universität

»Eine tolle Chance«

Philipp Lenhard über seine Tätigkeit am Lehrstuhl für Jüdische Geschichte und Kultur der LMU München, Forschungsschwerpunkte und die Zusammenarbeit mit der Gemeinde

von Luis Gruhler  22.01.2025

Schulen

Zwölf Punkte für die Bildung

In der Kölner Synagoge diskutierten Vertreter von Zentralrat und Kultusministerkonferenz über die Darstellung des Judentums in Schulbüchern. Entstanden ist eine Leitlinie für Pädagogen

von Stefan Laurin  22.01.2025

Lohheide

Vor 80 Jahren starb Anne Frank im KZ Bergen-Belsen

Blumen, Fähnchen, Stofftiere: Nirgendwo in der Gedenkstätte Bergen-Belsen werden so viele Gegenstände abgelegt wie am Gedenkstein für Anne Frank

von Michael Althaus  22.01.2025

Berlin

Sicher in der Kunst

Im Herbst 2024 wurde die Jüdische Kunstschule gegründet. Sie soll ein »Safe Space« für Kreative sein. Ein Besuch in zwei Workshops

von Katrin Richter  21.01.2025

München

Zeugnisse jüdischen Lebens

Das Landesamt für Denkmalpflege kartografiert die Friedhöfe in Thalkirchen und Freimann

von Ellen Presser  21.01.2025

Fundraising

In Rons Namen

Die Eltern eines ermordeten israelischen Soldaten widmen ihrem Sohn ein Tierheim und sammeln Spenden für das Projekt. In Berlin sind zwei Benefizkonzerte geplant

von Christine Schmitt  21.01.2025

Berlin

Margot Friedländer: »Die Demokratie schwankt«

Die 103-Jährige wurde von den Nazis ins KZ Theresienstadt verschleppt. Vor dem nationalen Holocaust-Gedenktag warnt sie: »Seid vorsichtig«

von Verena Schmitt-Roschmann  21.01.2025

Oldenburg

Anschlag auf Synagoge bei  »Aktenzeichen XY ... Ungelöst«

Ein Unbekannter hatte einen Brandsatz gegen die massive Tür des Gebetshauses in der Leo-Trepp-Straße geworfen

 20.01.2025

Jahrestag

Das Grauen seit 80 Jahren im Kopf

Albrecht Weinberg wird bald 100. Er gehört zu den wenigen Zeitzeugen, die noch von der Verfolgung und Ermordung der Juden berichten können. Gerda Dänekas hat ihn ermuntert, seine Geschichte zu erzählen - und damit beider Leben verändert

von Karen Miether  20.01.2025