Seine Stimme ist voll, reich an Volumen, souverän, samtig und wuchtig zugleich. Mühelos füllt sie den großen, hohen Saal der Aula der Hamburger Talmud-Tora-Schule, des jetzigen Joseph-Carlebach-Bildungshauses. Es ist die Stimme von Assaf Levitin, dem ersten fest angestellten liberalen Kantor der Jüdischen Gemeinde Hamburg nach der Schoa. Zu seiner Amtseinführung wurde der Bassbariton von Rabbiner Gábor Lengyel gesegnet.
An der feierlichen Amtseinführung nahm auch Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Bündnis 90/Die Grünen) teil. »Mit Assaf Levitin hat die Jüdische Gemeinde einen ausgezeichneten liberalen Kantor und international angesehenen Musiker gewonnen, der die Reformsynagoge weiterentwickeln wird«, lobte die Senatorin.
reformgemeinde Assaf Levitin wirkt seit Juni in der Reformgemeinde, die zur traditionell-orthodoxen jüdischen Einheitsgemeinde gehört. Er wurde 1972 in Israel geboren, schwärmte als Jugendlicher für den Blues, spielt Schlagzeug, Saxofon und Klarinette. Während seiner Militärzeit in Israel begann er zu singen, entdeckte sein Talent und studierte danach Gesang in Tel Aviv, Saarbrücken und Zürich. Sein erstes Engagement als Opernsänger hatte er in Dortmund.
Levitin will die musikalische jüdische Tradition von vor 1938 neu beleben.
2010 nahm er sein Studium im Kantorenseminar am Abraham Geiger Kolleg in Potsdam auf, kombiniert mit Jüdischen Studien. Heute ist er Kantor, Lehrer, Chorleiter, Komponist und Arrangeur. Seit 2014 tritt er für das Kulturprogramm des Zentralrats der Juden in Deutschland mit dem von ihm gegründeten Ensemble »Die Drei Kantoren« auf, mit dem er jetzt auch in Hamburg Konzerte gibt.
»Wir freuen uns außerordentlich, Assaf Levitin als ersten liberalen Kantor nach dem Ende der Schoa für unsere Gemeinde gewonnen zu haben, und wir feiern heute nicht nur den Beginn seiner Tätigkeit, wir feiern auch den Beginn unserer Gemeinsamkeit mit der Reformsynagoge«, sagte Philipp Stricharz, Vorsitzender der Einheitsgemeinde. Stricharz dankte auch den Mitgliedern der Reformsynagoge: »Danke, dass Sie bei uns geblieben sind, lassen Sie uns eine gemeinsame Zukunft aufbauen.« An der Bornplatzsynagoge, die neu aufgebaut werden soll, ist für die Reformsynagoge ein eigenes Zuhause geplant.
gleichberechtigung »Wir sind glücklich, dass es uns gelungen ist, Levitin nach Hamburg zu holen«, sagte Michael Heimann, Vorsitzender der Kultuskommission der Reformsynagoge, die nach eigenen Angaben 200 Mitglieder hat. »Vor mehr als sechs Jahren trafen sich Hamburger Jüdinnen und Juden, die mehr Gleichberechtigung und Aufgeschlossenheit wünschten, nun erhalten wir sogar eine eigene Synagoge an der kommenden Bornplatzsynagoge«, freut sich Heimann.
»Als Reformrabbiner mit orthodoxer Abstammung aus Budapest bewundere ich die Vorstandsentscheidung der Jüdischen Gemeinde Hamburg, Kantor Levitin für die Reformsynagoge einzustellen. Ein Kantor ist ein Schaliach Zibur«, lobte Rabbiner Gábor Lengyel.
Levitin will die musikalische jüdische Tradition von vor 1938 neu beleben. »Für Hamburg hat Leon Kornitzer vor der Schoa ein liturgisches Buch mit hervorragender Musik verfasst. Kaum jemand kennt diese Musik noch, und das möchte ich ändern«, sagt Levitin.
Der 49-Jährige sieht sich außerdem als Komponist für die Gemeinde und möchte, dass die Reformsynagoge einen »musikalischen Fingerabdruck« hat, teils mit seiner Musik, teils mit den Werken anderer Komponistinnen und Komponisten. Zudem will er einen gemischten Chor gründen.
In einer früheren Version des Artikels wurde in der Unterzeile die Liberale Jüdische Gemeinde anstelle der Jüdischen Gemeinde erwähnt. Wir haben den inhaltlichen Fehler korrigiert.