Auf dem eher beschaulichen Campus der Universität Potsdam, direkt angrenzend an den Schlosspark Sanssouci, war am Dienstag Blau-Weiß die alles beherrschende Farbe. Erstmals richtete die Uni – in Kooperation mit der Israelischen Botschaft Berlin und zahlreichen in- und ausländischen Wissenschaftseinrichtungen – einen »Israel-Tag« aus.
Und die Besucher wurden nicht enttäuscht: Sie konnten aus einem Mix von Talkrunden, Info-Markt, Mini-Sprachkursen, Tanz und Musik auswählen – und ganz nebenher viel über das akademische Leben in Israel erfahren.
Den Auftakt machten Israels Botschafter Yakov Hadas-Handelsman, der Präsident der Tel Aviv University, Joseph Klafter, und Potsdams Universitäts-Präsident Oliver Günther in einer Podiumsdiskussion zum 50. Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Deutschland und Israel.
Podium Uneins waren sie sich vor allem in der Frage, inwiefern das deutsch-israelische Verhältnis jemals einer Normalität unterliegen könne. Für Hadas-Handelsman war jedenfalls klar, dass dieses Verhältnis immer auch vor dem Hintergrund der Schoa betrachtet werden müsse. »Am Ende des Tages sind das deutsche und das jüdische Volk miteinander verbunden«, entgegnete der Botschafter den anderen Teilnehmern auf dem Podium.
Dabei sei vor allem zu beachten, dass diese Beziehungen keiner Selbstverständlichkeit unterlägen, sondern Produkt einer jahrelangen Annäherung seien, die auch heute noch harter Arbeit bedürfe. »Wir brauchen einander für die Zukunft und aufgrund der Vergangenheit«, so Hadas-Handelsmann.
Die Universität Potsdam und die Tel Aviv University (TAU) verfügen seit Neuestem über eine Partnerschaft, auf deren Basis der akademische Austausch intensiviert werden kann. Das freut auch TAU-Präsident Klafter: »Das Schöne an der Wissenschaft ist, dass sie immer über der Politik steht«.
In diesem Sinne richtete sich das Angebot des Schwerpunkttages vor allem an die jüngeren Generationen, die für die Besonderheit der Beziehungen sensibilisiert werden sollten, ohne dabei Berührungsängste aufzubauen. Zahlreiche Kooperationen zwischen der Uni Potsdam und ihren Amivalenten in Israel bieten Studierenden die Möglichkeit, ein Semester im Ausland zu studieren und die unterschiedlichen Lebenswirklichkeiten beider Länder hautnah kennenzulernen.
Nachtleben Gabriela Willens und Noah Urbach von der Tel Aviver Universität haben von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Attraktiv sei Potsdam auch aufgrund der Nähe zu Berlin gewesen, gaben die beiden Israelinnen lächelnd zu: »Schließlich ist die Stadt auch in Israel bekannt für ihren Kunst- und Kulturbetrieb, das Nachtleben und die große Anzahl an jungen Menschen, die hierherkommen«.
Wie die beiden Studentinnen gehört auch Ilan Gores zu einer Generation junger Israelis, auf die Berlin eine starke Anziehungskraft ausübt. »Du musst nicht zu 100 Prozent Deutscher sein, um in Berlin zu leben«, erzählte der Schriftsteller, während er zu vorgerückter Stunde aus seinem kürzlich erschienenen Roman Wo bist du, Motek? vorlas.
Das Buch erzählt die Geschichte eines jungen israelischen Journalisten, der nach Berlin kommt und dort die widersprüchliche Beziehung seiner Familie zu Deutschland rekonstruiert, mit nichts weiter als einer Kiste voller Erinnerungen und ein paar alten Anekdoten im Kopf. Auch das sind deutsch-israelische Beziehungen, kurz vor dem 50. Jahrestag ihres Bestehens.