Das Düsseldorfer Paul-Spiegel-Filmfestival »Jüdische Welten« geht 2018 in sein 13. Jahr und hat einige Änderungen vorzuweisen. Mehr Publikumsnähe und mehr Zuschauer erhofft sich die neue Kuratorin Polina Ivanova. Wichtig sei ihr, dass alle der neun gezeigten Filme entweder in deutscher Sprache laufen oder untertitelt werden. Der primäre Blick bei der Filmauswahl liege dabei auf der Sparte Entertainment und bei Filmen aus den letzten zwei, drei Jahren.
»Hier habe ich mich am Jüdischen Filmfestival in Berlin orientiert«, erzählt die neue Kuratorin.
Seit knapp drei Jahren verantwortet Polina Ivanova das Monatsmagazin der Gemeinde, nun hat sie sich in die Filmbranche eingearbeitet und schaut mit einem unvoreingenommenen Blick auf die Auswahl an internationalen Filmen mit jüdischer Thematik. »Mir ging es um die Frage, was ich gerne sehen würde, nicht so sehr die Kritikersicht war ausschlaggebend.« Die gebürtige Moskauerin konnte im Mai 2017 hinter die Kulissen des großen jüdischen Filmfestes ihrer Heimatstadt blicken und bekam neben ersten Anregungen auch praktische Hilfestellungen.
Nun steht das abwechslungsreiche Programm für das 13. Paul-Spiegel-Filmfestival. Wurde bislang versucht, zu jedem Film einen Gast einzuladen, der im Anschluss an die Vorführung mit dem Publikum diskutierte, setzt man jetzt verstärkt auf Unterhaltung und Verständlichkeit – dazu soll die Untertitelung einen wichtigen Beitrag leisten. »Filme auf Hebräisch und Russisch sind interessant, sprechen aber immer nur eine begrenzte Gruppe von Interessenten an«, sagt die 39-Jährige. Und da die Untertitelung natürlich auch Geld kostet, sparen die Macher, die Jüdische Gemeinde Düsseldorf, an den Einladungen von Referenten und Filmschaffenden. Trotz dieser Sparmaßnahmen entstehen für das Festival Kosten in einer Höhe von etwa 20.000 Euro.
Palästina Die Eröffnung des Events wird in diesem Jahr erstmals in einem größeren Kinokomplex stattfinden, am 2. Mai läuft als Eröffnungsfilm Morgengrauen. Basierend auf dem Roman des Friedensnobelpreisträgers Elie Wiesel spielt der Film zur Zeit des britischen Mandats in Palästina 1947. Zionisten im bewaffneten Untergrund kidnappen einen britischen Offizier, um einen zum Tode verurteilten Kameraden zu befreien. Ein psychologisches Kammerspiel mit Spannung beginnt. Beim anschließenden Empfang in der Düsseldorfer UCI-Kinowelt soll Raum sein für Gespräche und Austausch.
»Wir möchten verstärkt ein nichtjüdisches und auch jüngeres Publikum ansprechen«, erhofft sich Polina Ivanova. In den vergangenen Jahren sei das Festival bei Düsseldorfern, die ansonsten keinen Kontakt zur Jüdischen Gemeinde hatten, zu wenig bekannt gewesen. Das habe sich auch an den sinkenden Besucherzahlen ablesen lassen. Ivanova hat bei der Filmauswahl weiterhin verschiedene Genres berücksichtigt, aber auch auf Spannung, Unterhaltung und Popularität gesetzt. So sind die von ihr ausgesuchten Filme Preisträger oder Gewinner von Wettbewerben. Vom 2. bis 10. Mai wird sich zeigen, ob ihr neues Konzept aufgeht.
werbung Davor heißt es: werben. Auch hier hat sie Veränderungen vorgenommen. »Wir werden die weit überwiegende Werbung für das Festival im Internet und gezielt auf Social-Media-Kanälen betreiben.« Dafür entstanden in den vergangenen Wochen kurze Werbeclips zu jüdischen Themen. Neu ist auch die eigene Internetseite, über die man nicht nur genaue Infos zum Programm und zu den einzelnen Filmen erhält, sondern auch Karten bestellen kann. Und endlich hat das Paul-Spiegel-Festival »Jüdische Welten«, wie es seit 2012 offiziell heißt, zudem ein eigenes Logo.
Im Angebot ist in diesem Jahr auch ein Kinderfilm. Galis – Reise zu Astra basiert auf einer in Israel erfolgreichen Fernsehserie, die im dortigen Kinderkanal gezeigt wird. Der Abenteuer-, Action- und Fantasy-Film dreht sich rund um eine Reise in der Zukunft, die Jugendliche unternehmen. Der Film läuft am 6. Mai im Kino »Black Box«. Das Kino ist langerjähriger Partner des Filmfestivals und im Filmmuseum der Stadt Düsseldorf untergebracht. Dort sind vor der Filmvorführung Workshops für Kinder und Jugendliche vorgesehen.
Spannung steht bei der israelischen Produktion Avinu (Unser Vater) im Vordergrund. Hauptdarsteller Moris Cohen wurde für seine Rolle als härtester, aber verzweifelter Türsteher von Tel Aviv als bester Schauspieler bei den Ophir Awards 2016, dem israelischen Oscar, ausgezeichnet. Der Film läuft am 5. Mai um 23 Uhr in der UCI Kinowelt am Hafen. »Vielleicht sprechen wir mit dieser Spätvorstellung vor allem jüngere Zuschauer an«, hofft Polina Ivanova.
Czernowitz In einer Dokumentation, die im Rahmen eines deutsch-ukrainischen Ausstellungsprojektes produziert wurde, wird ein besonderes Düsseldorfer Gemeindemitglied vorgestellt und geehrt – Herbert Rubinstein. Der heute 82-Jährige kehrte nach 71 Jahren an seinen Kindheitsort Czernowitz zurück und wurde dabei von der ukrainischen Filmemacherin Kseniya Marchenko begleitet. Der 20-minütige Dokumentarfilm Ich war hier verknüpft Erinnerungen und Aktualität. Herbert Rubinstein lebte mit seiner Mutter im Czernowitzer Ghetto und entging nur knapp der Deportation nach Auschwitz. Nach dem Holocaust lebte er zunächst in Amsterdam und kam 1956 nach Düsseldorf, wo er bis heute in der Gemeinde aktiv ist. Auf seiner Reise in die heute ukrainische Bukowina im Sommer 2017 kam es zum Austausch mit Historikern und Jugendlichen. Zu sehen ist die Dokumentation am 9. Mai um 20 Uhr in der Black Box.
Anschließend läuft der gleichsam unterhaltsame und tiefgründige Film Es war einmal in Deutschland mit Moritz Bleibtreu in einer der Hauptrollen. Der Film spielt im Frankfurt der unmittelbaren Nachkriegszeit und handelt von einer kleinen Gruppe von Juden, die auf die Ausreise nach Amerika warten und eine ganz eigene Geschäftsidee entwickeln.
Schließlich ist ein Film auf Russisch mit deutschen Untertiteln im Festivalprogramm. Das Hohelied (am 10. Mai um 17.30 Uhr ebenfalls in der Black Box zu sehen) ist eine ukrainische Produktion und spielt im Jahr 1905 in einem jüdischen Schtetl. Das Hohelied ist ein atmosphärisch schöner Liebesfilm, der auf dem jüdischen Filmfestival in Tschechien 2016 als Gewinnerfilm hervorgegangen war.
»Jüdische Welten«
Die Filmreihe »Jüdische Welten« wurde erstmals zum Jahreswechsel 2005/2006 durchgeführt. Sie startete als Kooperationsprojekt von Jüdischer Gemeinde Düsseldorf und der jüdisch-amerikanischen Wohlfahrtsorganisation Joint Distribution Committee. Im Jahr 2012 wurde die Filmreihe nach dem ehemaligen Zentralratspräsidenten Paul Spiegel benannt, der lange Jahre in Düsseldorf gelebt und die dortige Jüdische Gemeinde stark geprägt hatte. www.juedischewelten.com