Kippenheim

Mit Kinderaugen

Nach 60 Jahren gefunden: Das Umschlagbild zeigt, wie Kurt Maiers Großeltern, Eltern, Bruder und er selbst abgeholt werden. Foto: verlag regionalkultur

Kurt Salomon Maier ist 1930 in Kippenheim geboren. 1941 gelang der Familie vom Internierungslager Gurs aus die Auswanderung nach Amerika. Ihre Einwanderungspapiere hatten die Maiers seit 1938, sie waren das Wichtigste gewesen, was sie bei ihrem Abtransport aus Kippenheim am 22. Oktober 1940 in ihrem Köfferchen mitnahmen.

Unzählige Male hat Kurt Maier aus seinem Leben erzählt, von seiner Familie, den vielen wohlbekannten Gerüchen, die ihn an seine Heimat, in der er nur knappe elf Jahre leben durfte, erinnerten. Berichtet hat der studierte Literaturwissenschaftler und Historiker vor allem in Schulen. Häufig sei anschließend die Frage aufgekommen, ob denn seine Erinnerungen auch in schriftlicher Form vorliegen.

Einblicke Jetzt tun sie es, und es ist ein erfreulich nüchterner Lesestoff, aus der Sicht eines Kindes, das er zu der Zeit war, die er beschreibt. Maier erzählt, wie die Familie die jüdischen Feste beging, beschreibt das Dorfleben und die Menschen, die hier wohnten und arbeiteten. Nicht ungetrübt, aber erfüllt war die Kindheit. Bis auf eine Ohrfeige, die er sich vom Sohn des Postboten eingehandelt habe, sei er in Deutschland nie geschlagen worden, schreibt Maier.

Er erzählt, ohne anzuklagen. Die freundlichen wie auch unschönen Episoden im Dorfleben bis ins Jahr 1940 hinein sprechen für sich. Sie benötigen keine überzeichnenden Attribute, um die Verschlechterung der Lage von Juden auf dem Land deutlich zu machen.

Zeitlebens war Maier ein Versöhner, und das zeigt sich in jeder Zeile des Buches, das so angenehm frei von jeglichem Rachegedanken und Zorn ist und ein Lehrbeispiel für eine aufklärende Aufarbeitung der Zeit zwischen 1933 und 1945 darstellt. Auch wenn der Titel Unerwünscht alles andere signalisiert.

Kurt Salomon Maier: Unerwünscht. Kindheits- und Jugenderinnerungen eines jüdischen Kippenheimers, Verlag Regionalkultur Ub- stadt-Weiher 2011, 112 S., 13,90 €

Kino

Unerträgliche Wahrheiten

Das Dokudrama »Die Ermittlung« über den ersten Auschwitz-Prozess wurde bei den Jüdischen Filmtagen gezeigt

von Nora Niemann  05.02.2025

Interview

»Wo immer wir gebraucht werden – wir sind da«

Rabbiner David Geballe über Seelsorge in der Bundeswehr und die Vermittlung von Wissen

von Helmut Kuhn  04.02.2025

Porträt der Woche

Frau der ersten Stunde

Avital Toren wurde vor 30 Jahren gebeten, die Gemeinde in Heilbronn aufzubauen

von Gerhard Haase-Hindenberg  02.02.2025

Hamburg

»Wir sind dran!«

Von Klimawandel bis jüdische Identität: Der Jugendkongress 2025 verspricht vier intensive Tage

von Florentine Lippmann  02.02.2025

Leer (Ostfriesland)

Schoa-Überlebender Weinberg will mit Steinmeier sprechen

Nach seiner Ankündigung, das Bundesverdienstkreuz abzugeben, hat der fast 100-jährige Zeitzeuge ein Gesprächsangebot des Bundespräsidenten angenommen

 31.01.2025

Berlin

Jüdische Stimmen zur Asyl-Abstimmung: Ein Überblick

Wie blicken Juden auf den Vorwurf, die CDU reiße die Brandmauer zur AfD ein? Wir haben uns umgehört

von Imanuel Marcus  30.01.2025

Bildung

Das beste Umfeld

Zwar beginnt das neue Schuljahr erst nach dem Sommer, doch schon jetzt fragen sich Eltern: Welche Schule ist die richtige? Gespräche mit Schulleitern über Wartelisten, Sprachniveau und Traditionen

von Christine Schmitt  30.01.2025

München

Fit fürs Finale

Beim Vorentscheid zum »Chidon Hatanach« in Jerusalem wurde wieder jede Menge religiöses Wissen abgefragt

von Luis Gruhler  30.01.2025

Rostock

Den Vorhang auf

Seit vielen Jahren gibt es in der Jüdischen Gemeinde eine Theatergruppe. Ein Besuch bei den Proben für »Kalif Storch« im Kulturhistorischen Museum

von Katrin Richter  29.01.2025