Mit elf Jahren kann man schon ein alter Hase sein. Zumindest dann, wenn es ums Trompetespielen geht und man Valentin David Niederer heißt. Der elfjährige Nachwuchsmusiker aus dem schwäbischen Oberboihingen spricht über sein Instrument, als hätte ihn nie etwas anderes interessiert: »Die Melodien, die man auf der Trompete spielen kann, sind sehr schön, deshalb macht es mir großen Spaß, sie zu spielen«, sagt er – und beweist es, als er beim 10. Internationalen Karl-Adler-Jugendmusikwettbewerb die Jury begeistert.
Die ist mit international bekannten Professoren hochkarätig besetzt. So bewerteten am 19. Juni, dem ersten Wettbewerbstag, unter anderem der Stargeiger Josef Rissin und der Cellist David Grigorian, eine Woche später war der Pianist Vadim Monastyrski aus Jerusalem eine der Jury-Koryphäen. Er hatte seinen Schüler Michel Janzen (14) mitgebracht.
Der Hamburger Pianist lebt derzeit in Israel und hat sich auf den Karl-Adler-Wettbewerb intensiv vorbereitet, wie er erzählt: »Dieses Jahr geht es bei mir in eine seriöse Richtung, ich bin in einem Internat und spiele nach der Schule vier bis fünf Stunden Klavier«, sagt er. Auch er gewann den Wettbewerb und durfte nach der Preisverleihung am Sonntagnachmittag beim großen Preisträgerkonzert mitmachen. »Ich freue mich«, sagt er, »denn wir waren zwar nur drei Pianisten in meiner Klasse, aber ich kannte die anderen nicht.«
zeichen Ohnehin sei die Veranstaltung nicht darauf ausgelegt, gegeneinander anzutreten, sondern miteinander zu musizieren, sich gegenseitig zu unterstützen. Das sieht auch Valentin David Niederers Mutter so. Lubov Selzer-Niederer ist Geigenlehrerin an einer Musikschule im Raum Stuttgart, die sich selbst international engagiert und mit dem »Israeli Plectrum Orchestra« kooperiert.
»Wenn wir hier Konkurrenten sind, fängt es im Kleinen an und geht dann bis zum Nahostkonflikt«, sagt sie. »Deshalb ist es toll, dass wir hier schon ein Zeichen setzen können. Wir Pädagogen müssen dafür sorgen, dass wir die Kinder so erziehen, dass sie sich füreinander freuen und nicht gegeneinander sind.«
Bestes Beispiel für diesen Anspruch war die neunte Auflage des Wettbewerbs im vergangenen Jahr: Damals hatte mit der Sängerin Amanda Luka erstmals ein muslimisches Mädchen teilgenommen. So ist es vor allem dieses Miteinander, das das Flair des Wettbewerbs ausmacht. 57 Teilnehmer waren es in diesem Jahr – Kinder, Jugendliche und Musikstudenten im Alter von sieben bis 25 Jahren.
»Das Niveau war sehr hoch«, freute sich Margarita Volkova-Mendzelevskaya. Die Stuttgarter Klavierlehrerin veranstaltet den Wettbewerb. Sie war besonders angetan von der »kreativen Atmosphäre« und der guten Stimmung. Die Kinder spielten stets vor großem Publikum. »Das jüdische Musikleben in Stuttgart hat endlich wieder richtig stattgefunden«, freut sich Volkova-Mendzelevskaya.
Der Pianist Vadim Monastyrski nutzte seinen Aufenthalt im Rahmen des Wettbewerbs zudem, um vor zahlreichen Zuschauern selbst einen Klavierabend zu veranstalten.
auftritte Mit den beiden Wettbewerbsterminen und dem großen Abschlusskonzert konnten die Stuttgarter bei insgesamt vier musikalisch hochwertigen Aufführungen in wenigen Tagen die Auftritte der jungen Künstler auf sich wirken lassen. Möglich machten das Sponsoren wie die internationale Musikakademie Nigun e.V., die Jüdische Gemeinde Baden aus Heidelberg, das Stuttgarter Lehrhaus, das Forum Jüdischer Bildung und Kultur sowie viele weitere private Gönner.
Neben der breiten Unterstützung freute sich Klavierlehrerin Volkova-Mendzelevskaya nach dem Wettbewerb auch über den Erfolg ihrer eigenen Schülerin. Die achtjährige Pianistin Xenia Vilner sicherte sich den ersten Preis für eine außergewöhnliche Leistung.
Seit ihrem vierten Lebensjahr spielt Xenia ihr Instrument, »weil es mir großen Spaß macht«, sagt sie. »Es gibt nämlich so viele Lieder, die man mit dem Klavier spielen kann.« Auch ihr Lieblingslied »Knecht Ruprecht« durfte sie beim Wettbewerb vorspielen – und bestand den Auftritt vor der Jury mit Bravour. Sie verteidigte damit ihren ersten Platz aus dem Vorjahr.
tournee Bereits zwei internationale Preise in der Tasche zu haben, ist für die besten Musiker des Karl-Adler-Wettbewerbs beinahe nichts Besonderes. Valentin David Niederer etwa ist schon viel herumgekommen, seit er Musik macht.
»Ich spiele im Schulorchester, in einem Jugendsinfonieorchester und in einem Orchester des Musikvereins«, zählt er auf und berichtet, dass er auch schon auf einer Tournee in New York zu Gast war und einen Trompetenwettbewerb in Bulgarien gewonnen hat. »Doch bei diesem Wettbewerb hier ist es eine große Ehre, hier sind richtige Professoren in der Jury, das gibt es nicht oft.« Man komme auf die Bühne, Blumen stünden als Schmuck bereit, und alle lächelten einen an.
Das Gefühl, dass die Juroren »die Musiker fördern und nicht fertigmachen wollen«, sei enorm wichtig – zumal dann, wenn man den Wettbewerb für sich entscheiden kann. »Es ist schon ein tolles Gefühl, und man ist stolz, wenn man eine gute Leistung abgegeben hat«, sagt Valentin David Niederer, betont aber noch einmal, dass es unter den Orchestermusikern zahlreiche gute Kontakte gebe, die im Vordergrund stünden.
Zukunft Bei einem Pianisten wie Michel Janzen ist das meist nicht so. Er ist eher Einzelkämpfer. Ob er nach seiner ersten Auszeichnung bei einem renommierten internationalen Wettbewerb so engagiert weitermachen wird wie bisher, ist noch nicht sicher. Er wird zunächst an einem Musikcamp in Spanien teilnehmen, bevor er weiter nach New York fliegt, um dort zu musizieren. Danach will er sich aber in erster Linie auf seine Schulausbildung in Israel konzentrieren und erst dann über die Zukunft entscheiden.
Xenia Vilner, die jüngste im Dreierbund, kann sich auf jeden Fall vorstellen, einmal als Geigerin ihr Geld zu verdienen. Das ist aber noch Zukunftsmusik. Und Valentin David Niederer hat schon einen Plan B in der Tasche. »Wenn ich doch kein Musiker werden sollte, dann möchte ich Kfz-Ingenieur werden.«