Der Schock über den Hamas-Terror sitzt tief: Vor der Bayerischen Staatskanzlei ist die israelische Fahne gehisst. Auch auf das Münchner Rathaus wird aus Solidarität die blau-weiße Flagge projiziert. Eine lange Schweigeminute bildet den Auftakt der Solidaritätskundgebung mit Israel am Odeonsplatz.
»Ich stehe mit gebrochenem Herzen vor euch«, so eröffnete die israelische Generalkonsulin Talya Lador-Fresher am Montagabend die Kundgebung vor der Feldherrnhalle. Bei dem kaltblütigen Massaker habe die Hamas ihr wahres Gesicht gezeigt. Umgekehrt stehe Israel zusammen: Seit dem Überfall hätten Tausende Menschen Blut gespendet, Sonderflüge bringen Reservisten der Armee zurück nach Israel.
Sie sei dankbar über das »starke Zeichen der Freundschaft«, das die Kundgebung »Stand with Israel« heute setze, so die Diplomatin: »Israel braucht das in diesen Tagen.« Seit Anfang September leitet Lador-Fresher das Generalkonsulat des Staates Israel für Süddeutschland.
Hauptrednerin war IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch
Hauptrednerin Charlotte Knobloch dankte unter den Anwesenden besonders den vielen Stadträten und Politikern, die in einer schweren Stunde öffentlich ihre Solidarität mit Israel demonstrierten. »Mit den Bildern der Todesschwadrone, die in den grenznahen Orten von Tür zu Tür gingen, hat sich ein ganz neuer Abgrund der Unmenschlichkeit aufgetan«, erklärte die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern und fügte unter großem Beifall hinzu: »Wer angesichts der Bilder der letzten zwei Tage noch immer Phrasen über eine ›Gewaltspirale‹ drischt oder mutlos beide Seiten zur Mäßigung auffordert, der hat überhaupt nichts verstanden.«
Wütend zeigte Knobloch sich darüber, dass vor dem Rathaus am Marienplatz, nur wenige Hundert Meter entfernt, zeitgleich eine propalästinensische Demonstration mit Hetze gegen Israel stattfinde könne. Hier brauche es rechtliche Handhabe, um solcher Situationen Herr werden zu können.
Ausdrücklich nicht als Vertreterin der Kultusgemeinde und des jüdischen Lebens, sondern als Bürgerin des Landes dankte sie den demokratischen Parteien, die in einer gemeinsamen Erklärung bereits am Sonntag ihre Unterstützung für Israel ausgedrückt hatten – und mahnte gleichzeitig: »Wenn die hohe Politik ihre Verbundenheit mit Israel erklärt, aber gleichzeitig in den Straßen Berlins Freudenfeiern über Judenmord abgehalten werden, dann ist der Weg zur praktischen Umsetzung aller gut gemeinten Beschlüsse noch sehr weit.«
Vor einem Meer aus Israelfahnen setzen die Redner ein Zeichen der Freundschaft.
Timothy Liston, US-Generalkonsul in München, überbrachte den Menschen am Odeonsplatz eine klare Botschaft des amerikanischen Präsidenten: »Es gibt keine Rechtfertigung für Terrorismus.« Die USA böten Israel jede Unterstützung an, die das Land benötigt, um sich zu schützen und die Sicherheit wiederherzustellen. Die Hamas und ihre Unterstützer seien gegen Gespräche und diplomatische Beziehungen: »Wir lehnen diese Ideologie des Hasses strikt ab«, erklärte Liston.
Die Bedeutung der Sicherheit Israels unterstrich ebenso der außenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Ulrich Lechte. Er drückte den Bürgern Israels und allen Betroffenen sowie auch der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland seine tiefe Solidarität aus: »Israels Sicherheit ist deutsche Staatsräson, das ist keine Floskel«, stellte er klar. In Israel werden Frieden und Demokratie verteidigt: »Der einzige Friede und die einzige Demokratie, die es im Nahen Osten gibt.«
Vor einem Meer aus großen und kleinen israelischen Flaggen setzten noch weitere Redner Zeichen der Freundschaft und Solidarität. Konkret forderte Ludwig Spaenle, Antisemitismusbeauftragter der Bayerischen Staatsregierung, die Münchner und Bayern auf, jetzt die Fahne Israels zu hissen. Der CSU-Politiker forderte zudem: »Keinen Cent für die Mörder« – alle Fördertöpfe für Palästinenser müssten jetzt auf den Prüfstand, in den Kommunen, im Bund und in Europa.
»Es ist gut, dass die Bundesregierung die 340 Millionen Euro Entwicklungshilfegelder für die Palästinensergebiete bereits eingefroren hat«, ergänzte Katharina Schulze, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag. Von dort überbrachte die bayerische Europaministerin Melanie Huml eine Botschaft von Ministerpräsident Markus Söder: »Wir sind Partner. Lassen Sie ein starkes Zeichen von diesem Platz ausgehen.« Die Politik setze sich dafür ein, »dass Juden in Deutschland nicht auf gepackten Koffern sitzen müssen. Auch die jüdischen Gemeinden hier sollen wissen, dass sie in Bayern sicher sind«.
Auch die Partnerstadt Beer Sheva war massiv von den Angriffen betroffen
Auch Münchens israelische Partnerstadt Beer Sheva sei massiv von den terroristischen Angriffen der Hamas getroffen worden, berichtete Rozsika Farkas, Vorsitzende der Deutsch-Israelischen-Gesellschaft München. »Die Bilder aus Israel sind erschütternd und bestialisch«, erklärte Dominik Krause, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Münchner Rathaus.
Er trat als Vertreter des Münchner Oberbürgermeisters Dieter Reiter ans Mikrofon: »Dieser Angriff muss eine Zäsur bedeuten. Die Bildung an Schulen sollte in Zukunft auch gegen israelbezogenen Antisemitismus sensibilisieren«, forderte der Kommunalpolitiker. Kabarettist Christian Springer, Gründer des humanitären Vereins »Orienthelfer«, verurteilte in seiner Rede den Hass der Hamas in scharfen Worten und unter großem Beifall der Menge.
Die Münchner Volt-Politikerin Sophie Griesbacher hatte die Solidaritäts-Kundgebung bei der Stadt angemeldet, zum Abschluss der Demonstration lud sie zum gemeinsamen Singen der »Hatikva« ein. Die Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern hält am 12. Oktober um 18.30 Uhr auf dem Jakobsplatz eine Gedenkveranstaltung für die Getöteten mit dem Titel »Trauer an der Seite Israels« ab.