Ganz selbstverständlich in der jüdischen Tradition und Kultur aufwachsen – das ermöglicht die Sinai-Ganztags-Grundschule den Kindern, die sie besuchen. 151 Mädchen und Jungen im Alter von sechs bis zehn Jahren sind das derzeit. »Die Kinder sind unsere Zukunft«, betont Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, immer wieder und ergänzt: »Wenn sie Freude an ihrem jüdischen Leben haben, sind sie auch ein Stück Zukunft unserer Gemeinde.«
Einen Beitrag dazu leistet das Team der Sinai-Schule mit seiner Schulleiterin Claudia Bleckmann. Gerade jetzt, zwischen Purim und Pessach, bestätigt sich die gelungene Verbindung zwischen Lernen und spielerischer Gestaltung. Corona erlaubt zwar kein gemeinsames Feiern, doch in kleinen Gruppen war und ist das möglich. So wurde auch die Megilla getrennt gelesen – jeweils für die ersten und zweiten sowie die dritten und vierten Klassen. Auch Party mussten die Klassen jeweils für sich feiern.
technik Doch moderne Technik hat geholfen, dass alle mitbekamen, was in den anderen Klassen und Gruppen passierte. Sämtliche Beiträge wurden gefilmt und auf einer digitalen Plattform übertragen. So waren die Kinder zumindest virtuell miteinander verbunden und sahen auch, was die einzelnen Gruppen mit ihren Lehrerinnen eingeübt hatten.
Ähnlich wird auch die Vorfeier zu Pessach in der Woche vor den Ferien ablaufen. Ein gemeinsamer Seder entfällt, doch in der Schulmensa ist er in getrennten Gruppen möglich, ebenso wie in der Woche vorher das Mazze-Backen mit Rabbiner Yochonon Gordon.
Bei all den Einschränkungen, die Corona gebracht hat und immer noch mit sich bringt, gab es in dieser Zeit auch einige positive Entwicklungen, sagt Claudia Bleckmann: »Bei der Gestaltung des Unterrichts hat sich der Anteil der digitalen Medien deutlich erhöht. Und das wird fortgeführt. Die Unterrichtsmaterialien sind online.« Sie sieht darin eine große Chance, besonders für diejenigen Kinder, die inhaltlich einiges verpasst haben. Auch jene profitieren davon, die trotz Präsenz-Unterricht wegen Erkrankung oder Quarantäne zu Hause bleiben müssen.
corona Nur eine Gruppe sieht die Schulleiterin durch Corona stark benachteiligt – die Kinder aus der ersten und zweiten Klasse. »Sie haben bis jetzt noch kaum Gruppen- und Projektarbeit erlebt. Ihnen fehlt die entsprechende Erfahrung des selbstständigen Arbeitens.«
Ein weiteres Problem, das Lehrer und Schüler gleichermaßen bedrückt, ist der Krieg in der Ukraine. Die Eltern vieler Kinder sind schon vor Jahren hierhergekommen. Ihr Umgang mit dem Thema zu Hause ist unterschiedlich. »Und doch«, so berichtet Claudia Bleckmann, »man merkt, dass die Kinder belastet sind. Manche kommen und weinen, haben Angst um Oma und Opa, die noch in der Ukraine leben. Sie erleben den Krieg ganz unterschiedlich, manche sehen daheim stundenlang die Fernsehbilder, andere werden abgeschirmt. Mitbekommen tun sie aber alle etwas davon. Manche haben auch Angst, dass sie selbst hier in München nicht sicher sind. Da fällt es oft schwer, sich auf die Schule zu konzentrieren.«
Die Einrichtung einer Deutsch-Lernklasse für geflüchtete Kinder ist geplant.
Was ist mit den Kindern, die eben erst aus der Ukraine angekommen sind? Was die Jüngsten betrifft, so können sie problemlos in die erste Klasse, die mittlerweile wieder in Präsenz unterrichtet wird, integriert werden, zumal sie in diesem Alter auch die Sprache schnell erlernen. Die unkomplizierte Einbindung erfolgt in Zusammenarbeit mit der Sozialabteilung der Kultusgemeinde. Bei den Größeren ist das nicht ganz so einfach. Die Überlegungen sind in vollem Gang. Die Einrichtung einer zusätzlichen Deutsch-Lernklasse für sie ist geplant.
hebräisch Was gefällt der Schulleiterin, was macht ihr Freude an ihrer Arbeit? Bevor sie dieses Amt übernommen hat, war sie stellvertretende Schulleiterin an einer Münchener Montessori-Schule, anschließend zwei Jahre Lehrerin an der Sinai-Schule. Da diese Ganztags-Grundschule staatlich anerkannt ist, können sie auch nichtjüdische Kinder besuchen. Auch sie nehmen am Hebräisch- und jüdischen Religionsunterricht teil sowie an weiteren jüdischen Unterrichtsfächern wie etwa Jüdische Literatur.
Was daraus folgt, ist ein tolerantes Miteinander, von dem Claudia Bleckmann besonders beeindruckt ist: »Die klare Werteorientierung spiegelt sich auch im Kollegium wider. Das Miteinander prägt die Teamarbeit. So etwas in dieser Form habe ich noch nie an einer anderen Schule erlebt!« Dazu gehört auch die familiäre Atmosphäre. Jeder Lehrer kennt jedes Kind – und oft auch die Eltern.
IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch sagte einmal: »Es ist uns wichtig, dass die Schülerinnen und Schüler, die uns anvertraut werden, in einer herzlichen und warmen Atmosphäre lernen und fit für die Zukunft werden können. Wir möchten, dass sie mit Freude und mit Freunden ans Lernen gehen können.«
Das Konzept der Ganztagsschule ist für Claudia Bleckmann ein wesentlicher Baustein dafür, dass das gelingt: »Wir haben hier mehr Zeit, auch etwas gemeinsam zu unternehmen, zusätzlich zum reinen Lernen. Wir machen Spiele, lesen Bücher, besprechen soziale Probleme. Die Sinai-Schule ist nicht nur ein Ort des Lernens, sondern des Miteinanders.«