Ich habe an der Kundgebung teilgenommen, weil ich meinen Magen David endlich wieder offen auf der Straße tragen können möchte.»
Dalina (16), München/Berlin
«Als Kind hatten wir in Neukölln jüdische Nachbarn. Die hatten ein Puppengeschäft. Bei denen habe ich immer mit großen Augen im Geschäft gestöbert. Irgendwann waren sie von einem Tag auf den anderen weg. Nach dem Krieg habe ich erfahren, weshalb. Nie wieder! Wehret den Anfängen! Wer Juden angreift, muss zuerst an mir vorbei. Wenn’s sein muss, auch an meinem Obstmesser.»
Gisela Hein (79), Berlin
«Der Antisemitismus ist kein neues Problem. Aber die aktuelle Kultur des Judenhasses ist neu. Infolge des Gaza-Krieges scheinen bei einigen Deutschen alle Dämme gebrochen zu sein. Dagegen müssen wir aufstehen – die Mehrheitsgesellschaft, aber auch wir Juden. Wer, wenn nicht wir, und wann, wenn nicht jetzt?!»
Michael Groys (23), Berlin
«Der Antisemitismus in den vergangenen Monaten war schrecklich. Dagegen wollten wir ein Zeichen setzen. Unsere jüdischen Brüder und Schwestern sollen wissen, dass wir an ihrer Seite stehen. Dafür haben wir gern die 14 Stunden Autofahrt von Leverkusen nach Berlin und zurück in Kauf genommen. Was wären wir Christen ohne Juden? Ohne sie gäbe es uns nicht!»
Sandra Tschiedel (20) und Pfarrer Jens Scholz (30), Leverkusen
«Die antisemitischen Demonstrationen in letzter Zeit haben wir in Deutschland nicht für möglich gehalten. Wir sind vor über 20 Jahren nicht von Russland nach Deutschland gekommen, um jetzt hier wieder Antisemitismus zu erleben. Die Kundgebung war absolut notwendig.»
Raissa, Svetlana, Wladimir und Galina, Brandenburg
«Israel ist der Jude unter den Staaten geworden. Viel zu oft wird unter dem Deckmantel der sogenannten Israelkritik purer Antisemitismus geschürt. Als Jüdin, Filmregisseurin und Mutter von drei Kindern kämpfe ich dagegen an. Die Kundgebung war dazu eine gute Gelegenheit.»
Iris Pollatschek, Frankfurt am Main
«Alles, was ich zum Thema Judenhass zu sagen habe, steht auf meinem Schild. Das sollten sich die Antisemiten gut durchlesen.»
Lasar Brodsky (84), Kassel
«Ich bin eigentlich kein Freund von Demonstrationen. Die Kundgebung des Zentralrats aber war gut und wichtig. Juden und Nichtjuden haben zusammen mit einer Stimme gesprochen – das tat gut. Und schon allein die Fahrt von Würzburg nach Berlin war ein Erlebnis: Wir Mitglieder der Jüdischen Gemeinde sind gemeinsam mit Leuten aus dem christlich-jüdischen Verein in einem Bus gefahren. Wir haben uns viel unterhalten: über Antisemitismus, Gemeinsamkeiten, Trennendes. Wir bleiben im Gespräch.»
Alexander Schif (47), Würzburg
«Ich komme ursprünglich aus Nigeria und bin Christ. Ich liebe Israel und das jüdische Volk. Wer Juden angreift, der greift auch uns an. Das wollten ich und meine Freunde mit unserer Teilnahme deutlich machen. Es gibt schon genug Hass auf der Welt. In meiner Heimat schlachtet die islamistische Terrorgruppe Boko Haram alle Nicht-Muslime ab. Deutschland ist ein Paradies. Für islamistische Propaganda ist hier kein Platz.»
Enekwemchi Emmanuel (46), Düsseldorf
«›Juden ins Gas‹ und ›Kindermörder Israel‹ haben Palästinenser in vielen deutschen Städten im Sommer geschrien. Da war ich fassungslos. In Frankfurt und Hagen gab die Polizei ihnen sogar noch ein Megafon für diese Parolen – unglaublich. Ich denke, es hat eine große Wirkung, wenn die Spitze des Staates klarmacht: Mit uns nicht!»
Marietta Stiefel, Frankfurt am Main
«Ich wollte mit meiner Familie unbedingt zur Kundgebung. Vom Antisemitismus war ich bisher zwar nur indirekt betroffen. Ich besuche ein katholisches Gymnasium, da sind alle supernett zu mir. Im Internet wurde ich aber schon oft als «Scheiß Jüdin» oder so beschimpft. Wenn Leute auf Facebook «Kindermörder Israel!» posten und ich was dagegen sage, wird es unschön. Eine Diskussion ist dann nicht mehr möglich. Ich verstehe nicht, warum die Leute beim Thema Israel und Juden so austicken.»
Gabi Katz (13), Kassel
«Ich habe an der Demonstration teilgenommen, weil ich endlich ein Signal gegen Antisemitismus setzen wollte. Auf Facebook hat der Hass auf Juden wirklich überhandgenommen. Das ist teilweise ziemlich krass, was man da alles lesen muss. Dazu sollte niemand schweigen – das wäre eine indirekte Zustimmung.»
Lionel Reich (16), Köln
«Rassismus ist nach wie vor ein großes gesellschaftliches Problem. Ich arbeite als Integrationsbeauftrage und Antidiskriminierungsberaterin in verschiedenen Migranten-Organisationen. Ich weiß also, wovon ich rede. Es gibt fast keinen Migranten, der nicht schon Erfahrung mit Fremdenfeindlichkeit gemacht hätte. Die antisemitischen Demonstrationen im Sommer zeigen aber, dass auch Migranten sehr rassistisch, oder genauer: antisemitisch, sein können. Damit muss sich die Mehrheitsgesellschaft stärker auseinandersetzen. Die Kundgebung war dazu ein guter Anlass.»
Diana Sandler (44), Barnim
«Früh um vier Uhr hat mein Wecker geklingelt. Um sechs Uhr fuhr der Bus mit mehr als 50 anderen Gemeindemitgliedern nach Berlin ab. Die Kundgebung war sehr gut. Ich fand es ergreifend, dass so viele Politiker sich vor uns gestellt haben. Die Kanzlerin hat mir sehr gut gefallen: Antisemitismus nehme ich nicht hin, und das nehmen wir alle nicht hin – wow!»
Alina Altmann (61), Frankfurt am Main