In schwierigen Zeiten zusammenstehen, Gemeinsamkeiten den Vorzug vor Unterschieden geben und mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie umgehen – darüber haben am Donnerstagabend vier Medizinerinnen und Mediziner im Rahmen des Zentralratsprojekts »Schalom Aleikum« gesprochen.
ERFAHRUNGEN Zwei muslimische Frauen und zwei jüdische Männer tauschten sich über ihre Erfahrungen mit der jeweils anderen Religion aus. Moderiert wurde die Runde von der TV-Moderatorin und Medizinjournalistin Susanne Kluge-Paustian.
Meryam Schouler-Ocak ist Leitende Oberärztin in der Psychiatrie des St.-Hedwig-Krankenhauses in Berlin. Sie ist muslimisch, ihr Mann jüdisch. Sie sei immer wieder aufs Neue überrascht, wie sehr sich die von beiden Gemeinschaften gepflegten Rituale und Bräuche ähnelten, sagte sie.
Boris Hoz stammt aus Russland. Seine Eltern leben in Israel, er selbst kam 1992 nach Deutschland. Hoz verbindet eine langjährige Freundschaft mit seiner muslimischen Kollegin Yüksel König; beide sind als Oberärzte für Viszeralchirurgie am Berliner Vivantes-Klinikum tätig.
2012 überzeugte Hoz König, nach Israel zu reisen – was deren Sicht auf das Land und die Menschen dort völlig veränderte. Vergangenes Jahr fuhr König wieder dorthin, gegen den Rat mancher ihrer Kollegen. Ihr Bild von Israel habe sich komplett gewandelt, sagte die Ärztin.
GEMEINSAMKEITEN Wie Boris Hoz wuchs auch Evgeni Zorin in Russland auf, beschreibt sich aber eher als säkularer Jude. Im Alter von fünf Jahren kam Zorin nach Israel, wo er seine Jugendzeit verbrachte. Derzeit ist er Arzt in Weiterbildung in Berlin. In seiner Jugend in Haifa erlebte Zorin das Zusammenleben von Juden und Muslimen ganz praktisch. »Ich finde es eher komisch, dass wir uns immer wieder auf die Unterschiede fokussieren.« Dabei seien die Überschneidungen zwischen den beiden Religionen doch sehr groß, meint auch er.
Alle vier Mediziner haben sowohl durch ihre Arbeit als auch durch ihre privaten Lebensumstände einen besonderen Blick auf die jüdisch-muslimischen Befindlichkeiten in Deutschland. Offen sprachen sie in der Podiumsdiskussion über ihre persönliche Ansichten. Auch kontroverse Themen wie der Umgang mit dem Thema Beschneidung kamen zur Sprache.
Einen ausführlichen Bericht über die Veranstaltung finden Sie in der nächsten Printausgabe der Jüdischen Allgemeinen am 29. Oktober.